Ringen Ringen: Erik Thiele: "Ich kann jeden besiegen"

Braunsbedra - Nicht nur auf die Frage, wann er das erste Mal auf der Ringermatte war, weiß Erik Thiele sofort eine Antwort: „Mit fünf Jahren“, sagt er. „Das hatte natürlich mit Ringen noch nicht sehr viel zu tun, das war mehr Kappelei.“ An der Matte zu Hause in Braunsbedra oder am Kreuzvorwerk in Halle jedenfalls war er „bestimmt direkt nach der Geburt“. Auch das wundert keinen - Papa Sven Thiele (46) schaffte das deutsche Meisterstück, holte 17 nationale Titel und wurde 1995 sogar Vizeweltmeister.
Seit Ende 2012 ist der Vater Bundestrainer, das jetzt 19 Jahre junge Kraftpaket - zwei Zentner Kampfgewicht verteilen sich auf 185 Zentimeter Körpergröße - lehrte als Dritter bei der Europameisterschaft die Alten das Fürchten. Die sportliche Erfolgsgeschichte darf gern weitergeschrieben werden: Erik flog am Donnerstag nach Serbien. Im „Sportski Objekti“ von Zrenjanin, 80 Kilometer nördlich der Hauptstadt Belgrad, sind die Matten ausgelegt, auf denen sich Thiele junior am Sonntag für die Olympischen Spiele in Rio de Janeiro qualifizieren will. Sven Thiele, der selbst drei Mal bei Olympia dabei war, traut das seinem Filius natürlich zu - Erik formuliert die Erfüllung seines ersten sportlichen Traums so: „Es gibt keinen Druck, nur weil mein Papa viel erreicht hat. Ich mache das für mich. In Zrenjanin muss ich cool bleiben. Ich suche meine Chance.“
Fürs Schwergewicht, die Klasse bis 97 Kilogramm, stehen 17 Sportler auf der Meldeliste. Auch Iwan Jankouski aus Weißrussland, dem der Deutsche bei der EM in Riga (Lettland) im Halbfinale unglücklich 2:3 unterlag. Zu einer Wiederholung muss es, ist Thiele überzeugt, nicht kommen: „Ich kann jeden besiegen.“ Vielleicht will es ja die Auslosung, dass Erik und Iwan erst im Finale aufeinandertreffen, dann hätten beide das Ticket an den Zuckerhut schon sicher.
Noch im August letzten Jahres belegte „ET“, der am Bundesstützpunkt Leipzig trainiert und als Polizeimeister-Anwärter in der Sportfördergruppe der Landespolizei Sachsen beruflich bestens abgesichert ist, „nur“ Rang 9 bei der Junioren-WM, dann stand er bei den „Erwachsenen“ gleich auf dem Treppchen - wie geht das denn? „In letzter Zeit ging es wirklich sehr schnell. Aber das sind Entwicklungssprünge. Die hat man, wenn man gut werden will. Und in diesem Zeitraum entwickelt man sich extrem weiter.“
Wichtig ist auch, dass Körper und Kopf dabei gemeinsame Sache machen. „Ich gehe immer so ran, dass ich gewinnen kann“, sagt der „Freistiler“, der nach dem Abstieg der KAV Mansfelder Land aus der Bundesliga nächste Saison für den KSV Aalen startet. In dieser Woche hatte Erik nur ein Mal das Ringertrikot an, normal sind zehn Einheiten à zwei Stunden angesagt. Aber kann der „Noch-Teenager“ auch abschalten, wenn er von Freundin Aileen (19) von der Sporthalle abgeholt wird oder er bei der Krankenschwester vorm Uni-Klinikum in Kröllwitz steht? „Das können wir. Obwohl wir auch schon mal über Ringen reden.“ Wichtiger ist natürlich, dass „wir gut planen müssen, um die gemeinsame Zeit zusammen intensiv verbringen zu können.“
Bleiben drei Themen, die manch echtes Mannsbild von vornherein gar nicht erst zulässt. Erstens: Welches Kuscheltier hat Aileen als Talisman in die Reisetasche gepackt? „Gar keins. Ich hatte noch nie einen Glücksbringer. Stell dir mal vor, du verlierst den vorm Wettkampf? Dann bist du verloren und hast das Pech gepachtet.“
Nächste Frage: Wie steht’s bei Erik Thiele in Sachen Eitelkeit? „Ich bin nicht mehr oder weniger eitel als andere. Zu Hause in Braunsbedra oder in Leipzig könnte ich auch in Jogginganzug auf die Straße gehen. Ich mache es aber nicht, weil ich es nicht mag.“
Und wie lebt sich’s mit „Blumenkohl-Ohren“? Thieles Gegenfrage: „Was soll daran schlimm sein? Ein Ringer darf stolz auf Blumenkohl-Ohren sein, die sind sein Markenzeichen. Bei mir mehr das rechte als das linke. Und im übrigen - an Blumenkohl-Ohren wird man in der Stadt auch erkannt.“
In Zrenjanin besteht Verwechslungsgefahr, weil neben Erik Thiele über 300 Sportler für den Flieger Richtung Zuckerhut einchecken wollen. Das Turnier in Serbien ist aber nicht die ultimative Chance aufs Olympiaticket. Die letzten freien Plätze werden im Mai in Istanbul vergeben, da kommen die Teilnehmer aber aus der ganzen Welt. (mz)
