1. MZ.de
  2. >
  3. Mitteldeutschland
  4. >
  5. Saalekreis
  6. >
  7. Marvin Meinhardt vom TSV Leuna: Marvin Meinhardt vom TSV Leuna: Ein Lokführer ist am Zug

Marvin Meinhardt vom TSV Leuna Marvin Meinhardt vom TSV Leuna: Ein Lokführer ist am Zug

Von Knut Stahmer 28.07.2016, 05:39
Marvin Meinhardt steht hoch in der Luft.
Marvin Meinhardt steht hoch in der Luft. Holger John

Leuna - Während Siegfried Zschiegner seine Videokamera Richtung Sprunggrube justiert, sitzen Corinna und Hannes Meinhardt entspannt auf den Traversen im Leunaer Stadion des Friedens und schauen auf einen Teenager im schwarzen Leichtathletik-Dress. Marvin Meinhardt zieht noch schnell den Klettverschluss seiner nagelneuen Spikes zu. Er schaut kurz hoch zur Mutti und dem kleinem Bruder und macht nach genau 13 Schritten Anlauf seinen letzten Sprung an diesem Mittwoch - es ist der finale Satz des 17-Jährigen vom TSV Leuna vor seiner größten Herausforderung, der deutschen U 18-Meisterschaft, die am Freitag in Mönchengladbach beginnt.

Premiere einer „coolen Socke“

Die familiäre Unaufgeregtheit der Mama hat sich auf den Sohnemann übertragen. „Marvin ist eine richtig coole Socke“, weiß Corinna Meinhardt, als aktive Weit- und Hochspringerin war sie einst drei Jahre an der Kinder- und Jugendsportschule in Halle.

Marvin, mit 13,23 Metern Sachsen-Anhalts Landesmeister und natürlich auch bester Dreispringer seiner Altersklasse im Land, hat Leistungssport kategorisch abgelehnt. „Ich wollte nie mit der Leichtathletik Geld verdienen“, begründet der 1,85 große gebürtige Eichstätter seine Karriereplanung. Die Mutti murmelt ein „als ob man das könnte“ und erinnert sich an die Anfänge vor jetzt zwölf Jahren. Die Familie war zurück aus Bayern in ihre alte Heimat gezogen, die Wohnung liegt in Wurfdistanz zum Stadion. Dort wurde das Herumtoben für den Filius erst zum Spaßfaktor, dann zur perfekten Freizeitgestaltung.

Zwei Kandidatinnen auf Medaillen bei der Deutschen Meisterschaft begannen beim SV Braunsbedra. Antonia Kohl startet in Mönchengladbach für den SV Halle und hat mit 6,23 Metern im Weitsprung den besten Ausgangswert. Sie läuft zudem über 100 Meter Hürden und mit der favorisierten 4 x 100-Meter-Staffel. Im 100-Meter-Einzelsprint ist Viktoria Dönicke (LV 90 Erzgebirge) mit 11,84 Sekunden Zweitbeste der Jahres-Rangliste.

Für die Hammerwerfer des SV 1885 Teutschenthal geht es am Niederrhein um das Erreichen der Finals der besten Acht. Leon Heuchert und Elias Voigt haben in der U 20 dieses große Ziel. In der U 18 liegt Giuliano Rösler mit 62,39 Metern sogar auf Rang sieben der Bestenliste 2016. Bei den jungen Mädels hat Julia Deckert mit 48,69 Metern die Norm für die DM erfüllt. Für sie wird es aber verdammt schwer, das Finale im Grenzlandstadion zu packen. 

Das ist sie immer noch, das soll sie bleiben. „So lange wie möglich.“ Und so fährt die vierköpfige Sportfamilie - Vater Ronny ging für den TSV Leuna auf die Ringermatte - am Freitag ganz entspannt nach Gladbach. „Ohne großes Tamtam“, wie es Marvin ausdrückt. „Zum Wettkampf am Samstag werden wir mal sehen, was geht. Ich bin ja der einzige im Starterfeld von einem Wald- und Wiesen-Verein.“

Der Finaleinzug wird angestrebt. Aber auch in diesem Punkt setzen sich Trainer Siegfried Zschiegner und Sportler überhaupt nicht unter Druck. „Mitentscheidend kann sein, wie die jungen Kerle die Ferien verbracht haben“, meint der Coach. „Ich will meinen Hausrekord bestätigen, möglichst verbessern“, nimmt sich Marvin vor. „Aber Dreispringen ist kompliziert und belastend, da macht man nicht so viele Wettkämpfe.“ Der letzte vor den 13,23 Metern war 2015. Damals landete er bei vergleichsweise bescheidenen 12,55 Metern. In Gladbach fehlen laut Meldeliste ganze 17 Zentimeter zu Rang acht. Hat er für diese kurze Distanz 150 Euro ins neue Schuhwerk investiert? „Das sind richtige Dreisprung-Spikes, die haben unter anderem eine dickere Sohle“, erklärt der Hobby-Leichtathlet, der auch noch Trompete in der Jazz-Bigband Merseburg spielt.

Traumberuf statt Abitur

Die Modell-Eisenbahn dagegen staubt ein. „Die brauche ich nicht mehr.“ Der Grund ist sein Traumberuf - Marvin hat sein erstes Lehrjahr als Lokführer erfolgreich absolviert. „Ich habe nur zwei Bewerbungen geschrieben. Von Infraleuna kam die Zusage. Wenn es wie bei der Deutschen Bahn nicht mit Lokführer geklappt hätte, wäre ich nach der zehnten Klasse nicht vom Gymnasium abgegangen,“ Und so rangiert er nicht nur auf den 95 Kilometer langen Gleisen auf dem Betriebsgelände, er darf sogar schon unter Aufsicht Züge nach Rostock oder Duisburg bewegen. (mz)

Coach Zschiegner
Coach Zschiegner
John