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Löwe mit Ausfallschritt Löwe mit Ausfallschritt: Bad Lauchstädt hat viele Herrscher kommen und gehen sehen

Von Robert Briest 19.03.2019, 07:47
Schloss und Kirche sind auch im Wappen repräsentiert.
Schloss und Kirche sind auch im Wappen repräsentiert. Peter Wölk

Merseburg - „Wappen sind Symbole einer Identität“, sagt Jörg Mantzsch. Der 65-Jährige zählt zu den renommiertesten Heraldikern des Landes. Viele Wappen in Sachsen-Anhalt hat er nach der Wende selbst entworfen. Doch was bedeuten eigentlich die farbigen Flächen, Löwen und abgetrennten Häupter? In dieser MZ-Serie erläutert Mantzsch die Bedeutung der Wappen von Horburg-Maßlau bis Querfurt, die geprägt sind von der Historie der Region und christlicher Mythologie. Nebenbei erklärt er die Grundregeln der Wappenkunde. Heute unter der Lupe: Bad Lauchstädt.

Altes Wappen

Das Bad Lauchstädter Hoheitszeichen zählt zu den ältesten im Kreis. In seiner heutigen Form ist das Wappen bereits in einer Urkunde von 1608 beschrieben.

Ein Wettiner in Lauchstädt

Ein wenig Phantasie braucht es schon, um den aufrechten Träger hier als Löwen zu erkennen. Genau genommen handelt es sich um eine Interpretation des Wettiner Löwens, also des Wappentiers des aus dem heutigen Nordsaalekreis stammenden Adelsgeschlechts, deren Sprösslinge im Laufe des Mittelalters zu Kurfürsten in Sachsen oder Landgrafen von Thüringen wurden – und zu Markgrafen von Meißen. Damit waren sie temporär auch Herrscher über Bad Lauchstädt. Das Amt Lauchstädt, dass sich einst im Besitz der Pfalzgrafen von Sachsen befand, wurde samt dieser Grafschaft im 12. Jahrhundert von Kaiser Friedrich Barbarossa an das Geschlecht der Ludowinger verliehen. Als dieses 1247 jedoch ausstarb ging Lauchstädt an die Markgrafen von Meißen, die eben aus dem Geschlecht der Wettiner stammten.

Daran durften sich die Einwohner jedoch nicht zu lange gewöhnen. 1291 verpfändete der Markgraf Lauchstädt an den Markgrafen von Brandenburg. Als nächstes übernahmen die Herzöge von Braunschweig das Amt, dann die Erzbischöfe von Magdeburg. 1444 kam Lauchstädt dann in Besitz des Bistums Merseburg, das dem Ort das Stadtrecht verlieh. Später gehörte die Stadt dann wieder zum wettinischen Kurfürstentum Sachsen und zum Fürstentum Sachsen-Merseburg.

Farbdreher

Der Wettiner Löwe hat die zahlreichen Wechsel überdauert. Wobei Mantzsch die Lauchstädter Farbwahl überrascht, da dieser eigentlich Schwarz-Gelb dargestellt wurde.

Beliebtes Motiv

Die Wettiner sind jedoch nicht allein dafür verantwortlich, dass die Löwen ein äußerst häufiges Wappensymbol in Deutschland sind – und das obwohl die Tiere hier ja nie lebten und Afrikareisen im Mittelalter wohl eine absolute Rarität waren. Dennoch seien Löwen hier schon bekannt gewesen, erklärt der Heraldiker. „Die Römer kannten sie durch die Gladiatorenspiele, die Deutschen durch die Kreuzzüge.“

Neben dem Adler, der sich ja etwa im Wappen der BRD findet, sei der Löwe ein Symbol der Macht. „Der Löwe war die Krönung der Säugetiere. Deswegen gibt es die Löwen auch wie Sand am Meer.“ Auf Wappen. Da ist es laut Mantzsch kaum noch möglich einen Löwen zu kreieren, den es noch nicht gibt. „Es gibt deshalb sogar Löwen mit zwei Schwänzen.“

Der Träger

Der Lauchstädter kommt mit einem aus. Dafür trägt er eine dreitürmige Burg. Die sucht man heute in der Stadt vergebens. Es wird allerdings vermutet, dass die Vorlage für die drei Türme der Schlossturm und die damals noch zwei Türme der benachbarten Kirche waren. Das nun der Löwe dieses Bauwerk trägt, ist für Mantzsch ein Zeichen der Macht der höheren Autorität, also hier etwa der Markgrafschaft. „Es ist vielfach so, wenn ein Tier, ein Löwe oder ein Bär etwa, seine Tatze an ein städtisches Symbol legt, dann heißt das: Ich gebe dir zwar das Recht ein Wappen zu führen, aber ich bin dein Souverän, dir übergeordnet.“

Der Tänzer

Das die Löwendarstellung zoologischen Anforderungen nicht genügen würde, überrascht den Heraldiker nicht. Wappen seien eben Symbolbilder. Der Bundesadler oder der des Heiligen Römischen Reiches könnten nie in die Luft gehen. Bei der Darstellung gehe es aber darum, das Wappen möglichst proportional auszufüllen. „Deshalb ist der schreitende Löwe von Bad Lauchstädt auch so gezeichnet, dass er seinen mit Fellbüscheln völlig übertrieben dargestellten Fuß soweit hinausstreckt.“

Was unterscheidet ein Wappen von einem Logo?

Mantzsch: Als Wappen werden die Symbole bezeichnet, die in einem Schild geführt werden. Logos, etwa eines Fußballclubs, wie Wappen sind zwar urheberrechtlich geschützte Symboliken, das Wappen geht aber darüber hinaus. Es vereint in sich Symboliken, die zeitlos ihre Gültigkeit haben müssen. Ein weiterer Unterschied ist, dass das Wappen Regeln unterliegt, nämlich denen der Heraldik. Diese Geschichtswissenschaft, die sich mit den Wappen beschäftigt, gliedert sich in drei Teildisziplinen: die Wappenkunde, also was bedeutet das Symbol, das Wappenrecht, also wer darf ein Wappen führen und anerkennen, und die Wappenkunst, also wie wird ein Wappen gezeichnet.

Dafür gibt es Regeln, weil die Wappen natürlich klar erkennbar sein muss. Wenn man eine blaue Blume auf dunkelgrünem Grund gehabt hätte, hätte im Mittelalter der Ritter vielleicht schon zwei Meter vor einem gestanden, bis wann was erkennen konnte. Es gibt für Wappen auch ein Zulassungsprozedere. Eine Stadt kann sich nicht einfach etwas ausdenken, ein Vorschlag muss von einer Fachbehörde, in Sachsen-Anhalt vom Landesarchiv, begutachtet werden. Erst wenn gewährleistet ist, dass das Wappen einmalig, unverwechselbar ist und in seiner Schöpfungshöhe keine Rechte Dritter verletzt oder verbotene Symbole enthält, wird es genehmigt. (mz)