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Leiche im Geiseltalsee Leiche im Geiseltalsee: Er war ein Spitzenathlet: Trauer um einen Meistertaucher

Von Michael Bertram und Diana Dünschel 28.08.2018, 08:30
Auf unserem Symbolfoto sind Apnoetaucher beim Training in Aktion. Das Opfer aus dem Geiseltalsee gehörte dieser Szene an.
Auf unserem Symbolfoto sind Apnoetaucher beim Training in Aktion. Das Opfer aus dem Geiseltalsee gehörte dieser Szene an. dpa

Stöbnitz - „Willi war ruhig, besonnen und nachdenklich“, erklärt Michael Nedwed, der Präsident des Wettkampfverbands deutscher Apnoetaucher AIDA in einem schriftlichen Statement. Zuverlässig, hilfsbereit und vielseitig interessiert sei der 35-jährige Willi Hoffmann zudem gewesen. Jetzt ist er tot. Vermutlich bereits vor einer Woche war er bei einem Tauchgang im Geiseltalsee verunglückt. Erst am vergangenen Samstag konnte die Leiche des Mannes geborgen werden.

Die auch Freitaucher genannten Wassersportler, wie Hoffmann einer war, sind Spitzenathleten. Ihre Körper müssen höchste Belastungen aushalten. Denn beim Apnoetauchen atmet der Sportler vor dem Abtauchen im Gegensatz zum Gerätetauchen nur einmal ein und muss mit dieser Luft reichen. Zudem erreichen sie zum Teil extreme Tiefen, was den Körper zusätzlich belastet. Was genau Hoffmann im Geiseltalsee zum Verhängnis wurde, war zunächst unklar.

Toter vom Geiseltalsee galt als erfahrener Apnoetaucher

Dabei galt er als erfahrener Apnoetaucher. Der Mann aus Bad Harzburg war Deutscher Meister in einer bestimmten Disziplin des Freitauchens und Vizepräsident von AIDA. Wie er in einem älteren Interview auf der Internetseite des Verbands verriet, war er durch das Schwimmen zum Apnoetauchen gekommen. Mit zwölf Jahren habe er bereits 25 Meter und mit 15 Jahren rund 62 Meter tauchen können - ohne Unterstützung von Flossen.

„Das reichte, um Sportlehrer ins Staunen zu versetzen und ich bekam auch mal alleine deswegen schon eine Eins im Schwimmen“, erklärte er. „Das Gefühl der Schwerelosigkeit und das Bewegen unter Wasser ist einfach sehr schön“, beschrieb Hoffmann den Reiz des Freitauchens.

Toter vom Geiseltalsee: Gern trainierte der 35-Jährige an Seen

Im späteren Verlauf seiner sportlichen Karriere reiste der hauptberufliche Informatiker in die Schweiz, Polen, Tschechien, Österreich und Finnland. Bei einem Freitauch-Wettbewerb in Finnland schaffte es Hoffmann im Jahr 2016 mit 213 Metern auf den dritten Platz im Wettkampf. Gern trainierte der 35-Jährige an Seen. Wohl schon länger muss er Interesse daran gezeigt haben, am Geiseltalsee zu tauchen.

Wie bei jeder Sportart kann es auch beim Tauchen zu Unfällen kommen - mit dem Unterschied, dass sie unter Wasser auch schnell tödlich enden können. Wie Anja Günzel, Betreiberin des Tauchsportzentrums in Stöbnitz am Geiseltalsee, erklärt, seien die Gefahren beim Apnoetauchen von jenem beim Gerätetauchen grundsätzlich zu unterscheiden.
Wenn beim Freitauchen die Sportler falsch atmen, können sie ohne Vorwarnung ohnmächtig werden, erklärt Anja Günzel. Deshalb sei es hier genauso wie beim Gerätetauchen wichtig, einen Begleiter dabei zu haben, der im Notfall helfen kann.
Beim Sporttauchen mit Sauerstoffflaschen auf dem Rücken sei die größte Gefahr unter anderem Selbstüberschätzung, wie die Expertin betont. Aber auch der sogenannte Tiefenrausch, Dekompression, bei der die Lunge geschädigt wird, sowie Trommelfellrisse können eintreten. (mz)

In seinem Nachruf hat Verbandspräsident Nedwed die dramatische Entwicklung von Hoffmanns Verschwinden aufgezeigt. Demnach ist der Taucher vermutlich am 18. August um 12.30 Uhr zum Geiseltalsee aufgebrochen. Für den Folgetag hatte er einen Termin vereinbart: Er wollte bei einem Pool-Training in Braunschweig erscheinen, kam dort jedoch nie an.

Arbeitgeber erstattete am 21. August eine Vermisstenanzeige

Nachdem er am Montag, dem 20. August, nicht auf Arbeit erschien, erstattete sein Arbeitgeber am Folgetag eine Vermisstenanzeige. Über soziale Netzwerke und in Zusammenarbeit mit Polizei und privaten Suchteams wurde an den darauffolgenden Tagen nach Spuren gesucht, die auf Hoffmanns Verbleib hindeuten. Am Freitagabend wurde dann sein Auto in der Nähe des Tauchsportzentrums in der Strandallee in Stöbnitz entdeckt. Am Samstagmorgen barg die DLRG den leblosen Körper des Vermissten.

Wie Nedwed in seinem Nachruf ankündigt, soll es bei einem der nächsten großen Wettkämpfe der Apnoetaucher am 6. Oktober in Wiesbaden eine Abschiedszeremonie für Hoffmann geben. Zugleich appellierte der Verbandschef noch einmal an alle Freitaucher, vorsichtig zu sein: „Wir alle kennen die unterschiedlichen Hunde in unserem Leben“, schreibt er.

„Da gibt es den Schweinehund, der überwunden werden muss. Dann kommt auch mal ein schwarzer Hund, der oft nur mit der Hilfe anderer unter Kontrolle gehalten werden kann. In unserem Sport ist der Jagdhund der gefährlichste von allen“, betont Nedwed. „Er muss unter allen Umständen aufs Wort gehorchen und darf nicht unkontrolliert etwas hetzen.“ (mz)