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Kunstprojekt Bad Lauchstädt Kunstprojekt Bad Lauchstädt: Stadtoberhaupt wegen explodierter Kosten am Pranger

Von Robert Briest 29.01.2020, 16:39
Gut sechs Wochen stand das Kunstwerk im Lauchstädter Kurpark.
Gut sechs Wochen stand das Kunstwerk im Lauchstädter Kurpark. Robert Briest

Bad Lauchstädt - Lauchstädts Bürgermeister Christian Runkel hat sicherlich schon angenehmere Montagabende erlebt. Fast eine Stunde musste der CDU-Politiker im kombinierten Haupt- und Finanzausschuss die Kritik der Stadträte über sich ergehen lassen. Am Ende konnte er dennoch aufatmen. Es ging – zumindest vordergründig – um die Kunstinstallation zum 270. Geburtstag Goethes.

Oder besser um die drastisch gestiegenen Kosten für dieses. Der Gesamtpreis der Doppelinstallation aus Kugeln zum Thema „Was die Welt im Innersten zusammenhält“ und einer Skulptur der polnisch-französischen Künstlerin Ludwika Ogorzelec verdoppelte sich zwar „nur“ von zunächst geschätzten gut 30.000 auf jetzt etwa 60.000 Euro, der städtische Anteil verachtfachte sich allerdings fast von 5.000 auf 40.000 Euro.

Bürgermeister Runkel entschuldigt sich

Ein Umstand der Andreas Kelm (Germania Schafstädt) aufstieß. „Es ist das Vertrauensverhältnis, was gebrochen wurde.“ Wenn er auf Arbeit solche Kostensteigerungen verursachen würde, hätte er den Vorstand am Hals, kritisierte der Bankmitarbeiter. Auch Thomas Schorsch (parteilos) erklärte, er könne nicht nachvollziehen, wie man sich bei einem Projekt so verschätzen könne.

Runkel begründete dies vor allem mit der fehlenden Erfahrung: Die Entscheidung für das Projekt sei erst im Herbst 2018 gefallen. „Es gab da keine Blaupause.“ Er sei ursprünglich von etwa 35.000 Euro Gesamtkosten ausgegangen. Dann seien aber Security, Catering und weitere Kosten hinzugekommen. „Irgendwann konnte ich das Projekt nicht mehr ohne Schaden für die Stadt stoppen.“ Die Verantwortung für das Projekt und die Kosten nahm der Rathauschef allein auf seine Kappe. „Ich habe mich ab Mai 2019 verrannt. Ich habe den Fehler gemacht, zu sagen, wir ziehen das jetzt durch.“

Stadtrat: „Starkes Stück“, dass nun diese Kostensteigerung vorgelegt werde

Für die Räte, das zeigte die Debatte am Montag, war jedoch noch ein Punkt fast wichtiger als die Kostensteigerung: die fehlende Information darüber. Schon in der Vergangenheit gab es bei anderen Themen mehrfach Kritik, Runkel würde den Rat nicht richtig informieren. Diese kam vor allem aus Richtung des Bürgerbündnisses. Dessen Fraktionschef Alexander Sorge bezeichnete es als „starkes Stück“, dass nun diese Kostensteigerung vorgelegt werde.

Fraktionskollegin Stefanie Herbarth zeigte sich verärgert, dass der Bürgermeister zunächst auf Facebook darüber informiert hatte, obwohl ihre Fraktion dazu mehrfach angefragt hatte. Aus ihrer Sicht enthält die Aufstellung der Verwaltung nun auch noch nicht alle Kosten. So fehlten etwa jene für die Reparatur einer Putte, die vom Kunstwerk bei einem Windstoß locker geschlagen wurde. Vor allem warf Herbarth Runkel aber Alleingänge vor: „Wir wollen mitgenommen werden.“

Stadtrat: „Verantwortung können wir nur tragen, wenn wir in die Entscheidung einbezogen werden“

Auch Finanzausschusschef Günter Teichmann erklärte: „Verantwortung können wir nur tragen, wenn wir in die Entscheidung einbezogen werden und dafür Informationen bekommen, die die Entscheidungen ermöglichen.“ Runkel schalt er: „Als Du gemerkt hast, dass die Kosten aus dem Ruder laufen, wäre es Deine Pflicht gewesen, den Stadtrat und die Gremien zu informieren.“ Der Bürgermeister räumte ein, dass er sich das vorwerfen lassen müsse und entschuldigte sich dafür.

Schorsch und dem Bürgerbündnis reichte dies aber nicht. Sie forderten Konsequenzen. Das hätten durchaus finanzielle für Runkel werden können, schließlich hätte die Stadt den Schaden letztlich bei ihm geltend machen können. Teichmann hielt es jedoch für schwierig, einen Schaden durch die Nichtinformation zu beweisen. Es sei schließlich nicht sicher, ob der Rat bei Kenntnis der Kostenerhöhung ausgestiegen wäre.

„Die Mitnahme von uns Stadträten muss besser werden.“

CDU-Rat Morten Gehlhar sprach sich gegen persönliche Konsequenzen für Runkel aus. „Fehler dürfen passieren. Wir sollten dafür niemanden verurteilen.“

Letztlich votierte der Hauptausschuss mit 7:2-Stimmen für den Geldnachschlag für die Goethe-Kunst und ließ Runkel damit finanziell vom Haken. Ganz ausgestanden ist das Thema für ihn aber noch nicht. Auf Wunsch des Bürgerbündnisses soll im Rat am Donnerstag noch mal darüber gesprochen werden. Carsten Grunert formulierte schon mal die Moral von der Geschichte: „Die Mitnahme von uns Stadträten muss besser werden. Das sollten wir daraus lernen.“ (mz)