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„So schlecht wie noch nie“ Kunden kommen, doch Mitarbeiter fehlen: Darum suchen viele Einzelhändler im Saalekreis Personal

Was die Gründe dafür sind und wie die Situation in der Region ist.

Von Laura Nobel Aktualisiert: 01.11.2021, 19:41
Viele Einzelhändler sind derzeit auf der Suche nach Personal.
Viele Einzelhändler sind derzeit auf der Suche nach Personal. Foto: Gabbert/dpa

Merseburg/Leuna/MZ - Lockdown, Hygienevorschriften, Zwangsschließungen: Die Corona-Pandemie hat vielen Branchen zu Schaffen gemacht. Seit einiger Zeit sind Besuche in Restaurants, Cafés und Modegeschäften zwar wieder möglich, doch nun zeigt sich ein anderes Problem: An vielen Stellen fehlen die Mitarbeiter, viele haben sich während der Pandemie umorientiert. Hinzu kommt der Fachkräftemangel. Besonders stark ist die Gastronomie betroffen, doch auch im Einzelhandel kämpfen viele um Personal.

Personalmangel im Einzelhandel: Arbeitszeiten sind für Arbeitnehmer schwierig

Die Agentur für Arbeit Halle hat für den Saalekreis derzeit 150 offene Stellen im Einzelhandel im Bestand. „Der Bedarf ist gegenüber den Vorjahren gefühlt höher, da wie in allen anderen Branchen Fachkräftebedarfe bestehen“, sagt Sprecher Thomas Hicksch. Hintergrund seien viele Arbeitnehmer mit rentennahen Jahrgängen, die kaum mit Ausbildungsnachwuchs gedeckt werden.

Gerade für Arbeitnehmer mit Kindern sei der Einzelhandel aufgrund der Arbeitszeiten bis hin in die Abendstunden nicht lukrativ. „Viele versuchen daher vorrangig in alternativen Branchen Fuß zu fassen.“ Weitere Gründe seien unter andrem der Trend zur Teilzeitbeschäftigung und die Vergütung, die oft knapp über dem Mindestlohn liege. Gerade Arbeitsstellen mit hohem Anteil an Kundenberatung seien schwer zu besetzen, da die Fachkräfte fehlen.

Viele suchen Personal nach der Pandemie

Auch im Günthersdorfer Einkaufszentrum Nova suchen zahlreiche Läden Mitarbeiter. Centermanager Peter Lehnhardt spricht von 200 bis 250 offenen Stellen in Gastronomie- und Einzelhandel. Seit dem zweiten Lockdown sei es fast unmöglich geworden, Stellen zu besetzen. Einige Shops konnten deshalb noch nicht wieder zu den normalen Öffnungszeiten zurückkehren. „Wir haben da ein echtes Problem“, so Lehnhardt. Die Agentur für Arbeit ist deshalb im Gespräch mit dem Nova, um zu überlegen, wie man die Situation verbessern kann, berichtet Hicksch.

Als „so schlecht wie noch nie“ beschreibt etwa die Filialleiterin des Bekleidungsgeschäftes Hollister im Nova die aktuelle Personallage. Vor der Pandemie habe es keine größeren Probleme gegeben, Mitarbeiter zu finden. Normalerweise arbeiten 20 bis 25 Personen in dem Geschäft. „Jetzt sind wir gerade mal zu acht. Es gestaltet sich sehr schwierig, so die Schichten abzudecken. Wir stehen hier teilweise allein im Laden.“

Sorgen wegen der 2G-Regel im Einzelhandel

Auf der Stelle könnte sie mehrere Kräfte einstellen. „Es kommen aber keine Bewerbungen rein. Wir wissen auch nicht, woran das liegt.“ Da es vielen Einzelhändlern im Center ähnlich gehe, hätten die wenigen Bewerber die freie Auswahl. „Das macht es natürlich auch nicht einfacher.“

Die Leiterin macht sich zudem Sorgen, dass die 2G-Regel im Einzelhandel eingeführt wird. „Dann können wir zu machen.“ Bei der aktuellen Personallage sei es einfach nicht möglich, auch noch die Impf- oder Genesenenpässe der Kunden zu kontrollieren. Ein anderes Modegeschäft im Nova berichtet, dass sich die Situation verbessert habe und ab November wieder alle Stellen besetzt sind. An gutes Personal komme man derzeit aber fast nur noch über Vitamin B, also über Beziehungen. Stellenausschreibungen nützten nicht viel.

Einzelhandelskaufmann beziehungsweise -kauffrau sei nach wie vor ein gefragter Ausbildungsberuf in Sachsen-Anhalt

„Von einem personellen Notstand kann man noch nicht sprechen“, sagt Knut Bernsen, Hauptgeschäftsführer des Handelsverbands Sachsen-Anhalt, zur Personallage im Einzelhandel. Die Situation sei nicht mit der in der Gastronomie zu vergleichen. Dort seien im Zuge der Pandemie viele aus der Branche etwa in den stationären Lebensmittelhandel gewechselt, der auch während der Lockdowns geöffnet blieb, so Bernsen. Einzelhandelskaufmann beziehungsweise -kauffrau sei nach wie vor ein gefragter Ausbildungsberuf in Sachsen-Anhalt. So seien in den vergangenen Monaten viele Stellen ausgeschrieben und auch besetzt worden, berichtet der Hauptgeschäftsführer.

Im Rewe-Markt in Leuna von Heike Hetzer habe sich niemand aus der Gastronomie beworben, erzählt die Inhaberin. Es sei auch im Lebensmittelbereich schwierig, Personal zu finden. Das hat nach ihrer Erfahrung jedoch nichts mit dem Coronavirus zu tun. „Das Problem gibt es schon eine ganze Weile.“ Seit Beginn der Pandemie habe sich nichts daran geändert - weder in die eine, noch in die andere Richtung. Ein anderer Lebensmittelmarkt aus der Region schildert hingegen, dass es seit der Pandemie spürbar schwieriger geworden sei, Mitarbeiter zu finden, ganz besonders in Fachbereichen, wie Fleisch- oder Bäckereifachverkäufer.