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Kulturhaus Leuna präsentiert Künstlerin Christa Krug  Kulturhaus Leuna präsentiert Künstlerin Christa Krug : Von Menschen und Landschaften

Von Kai Agthe 07.03.2016, 07:55

Leuna - Christa Krug, an deren 80. Geburtstag und 15. Todestag in diesem Jahr zu erinnern ist, fand ihre Motive vor allem vor der Haustür: Industrielandschaften in den Leuna-Werken und Naturlandschaften entlang der Saale. Auch die Menschen, die sie porträtierte, traf die Künstlerin vor allem im unmittelbaren Umfeld des Chemie-Unternehmens. Denn wer hier lebt, hat auch dann eine gleichsam symbiotische Verbindung zum Werk, wenn er nicht dort tätig ist.

Christa Krug, die 1936 im schlesischen Langenbielau (Bielawa) geboren wurde und 1945 nach Dresden kam, folgte ihrem Mann nach Leuna, als er eine Anstellung in der chemischen Industrie fand. Das war 1961, im Jahr des Mauerbaus. Sie hatte gerade ihr Kunststudium in Dresden beendet und begann nach dem Umzug von der Elbe an die Saale als freischaffende Künstlerin zu arbeiten.

Die "Leuna-Pälzer"

Das Leuna-Werk und seine Arbeiter prägten ihre Kunst nachhaltig: Von ihrer Faszination für das menschliche Gesicht künden in der schlicht „Retrospektive“ betitelten Schau der cCe-Galerie in Leuna Porträts von Arbeitern aus dem Werk, die Krug vor allem in den 1960er Jahren aufs Papier brachte. Eine Zeit, in der sie auch das Werden und Wachsen von „Leuna II“, dem neuen Betriebsteil, mit Zeichnungen und Grafiken begleitete. So etwa auf der Radierung „Großbaustelle Leuna II“ (1966). In diese Phase gehört auch das Blatt „Vor der Demonstration“ (1969). Auf der düsteren Radierung sammeln sich vor Schloten und unter Rohrbrücken Werksangehörige samt Familien-Anhang in Erwartung des 1.-Mai-Umzugs.

Trotz des Themas kommt diese Szene ebenso ohne ideologischen Ballast aus wie ihre herrlich-markanten Porträts von „Leuna-Pälzern“, wie die im Chemiewerk Arbeitenden seit nunmehr 100 Jahren genannt werden. Die Spanne der mit festem Strich fixierten, einzigartigen Physiognomien reicht über Jahrzehnte, hier etwa von der Radierung „W. Krähmer von der Großbaustelle Leuna II“ (1965) bis zu der Zeichnung „Walter Hippmann – Eisenflechter“ (1978). Einer ihrer Interpreten sprach, ihr Werk an Porträts überschauend, von Krugs „geradezu besessenem Interesse am Menschen“.

Inspiration Ostsee

Ebenfalls aus den 1960er Jahren, in denen Christa Krug vor allem als Grafikerin zu einem eigenen Stil fand, datiert die Radierung „Selbst vor Staffelei“, auf der die damals 29-Jährige den Betrachter mit einer gewissen Skepsis und leichten Unsicherheit anblickt.

In jenen Jahren zog es auch die Familie Krug in den Sommermonaten immer wieder an die Ostsee, dem für DDR-Bürger einzig problemlos erreichbaren Meer. Dafür sprechen im Kabinett der cCe-Galerie jene grafischen Impressionen, die junge Leute am Textilstrand („Am Strand“, Radierung, 1960) und Volleyball-Spieler am FKK-Strand („Urlaub“, Radierung, 1969) zeigen oder einfach nur reetgedeckte Katen („Fischerhaus auf dem Darß“, Farbholzschnitt, 1966).

Neben dem Menschen stand in den den 70er und 80er Jahren zunehmend auch die Wahlheimat im Fokus ihrer künstlerischen Bemühungen. Davon zeugen in der Leunaer Retrospektive zahlreiche Aquarelle. Thematisch reichen die von „Bad Dürrenberg - Borlachturm“ (1982) über „Blick auf das Leuna-Werk“ (1994) und „Neuenburg im Herbst“ (1995) bis hin zu „Merseburg, Schloss“ (1998).

An den Rollstuhl gefesselt

Einen ganzen Zyklus von Aquarellen hat Christa Krug in den frühen 1990er Jahren Weiden gewidmet. Diese oft knorrig wachsenden Bäume, die, einzeln oder in Gruppen, etwa in den Saale-Auen zu finden sind, stehen bei Christa Krug als Sinnbilder des Werdens und Vergehens allen Lebens. Das ist, wie die Schau sehr schön verdeutlicht, in der Natur- wie in der Menschendarstellung eines der zentralen Themen ihres nahezu 50-jährigen Schaffens.

Stellvertretend dafür können auch die überaus eindrucksvollen, weil mit zartem Strich gearbeiteten Rötelzeichnungen stehen, die 1996 in rascher Folge entstanden. Auf ihnen verewigt sind hochbetagte und auch sterbende Menschen, die Krug in einem Seniorenheim porträtierte. Die kleine Sammlung von Rötelzeichnungen, zu der auch das oben stehende Blatt „Bildnis Frau S.“ zählt, gehört fraglos mit zum Besten, was die Leunaer Künstlerin hinterlassen hat.

Christa Krug porträtierte greise Menschen nicht nur mit unbedingter Hingabe, sondern die Künstlerin, die seit dem Jahr 1985 an den Rollstuhl gefesselt war, setzte sich auf diese Weise auch mit der eigenen Hinfälligkeit auseinander.

„Christa Krug - Retrospektive“, bis zum 18. März, Di und Do 11-17 Uhr, Mi 11-19 Uhr sowie Fr 11-13 Uhr. (mz)

„Bildnis Frau S.“ (Rötelzeichnung, 1996)
„Bildnis Frau S.“ (Rötelzeichnung, 1996)
peter wölk