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Kein Supermarkt kein Bäcker Kein Supermarkt kein Bäcker: Farnstädter wollen "Tante Emma"-Laden gründen

Von Anke Losack 02.02.2019, 11:01
Eine Mitarbeiterin in einem Dorfladen räumt Waren in ein Regal ein.
Eine Mitarbeiterin in einem Dorfladen räumt Waren in ein Regal ein. Thon

Farnstädt - Mehrmals in der Woche machen mobile Filialen von Bäckern und Fleischern in Farnstädt halt. In der Mittelstraße oder am Blumengeschäft warten meist schon Kunden mit Körben auf sie. Es ist die einzige Möglichkeit, direkt im Ort Fleisch-, Wurst-, und Bäckereiwaren zu kaufen. In Farnstädt haben Konsum und Bäcker vor vielen Jahren geschlossen, die Kaufhalle hat Mitte 2017 dichtgemacht.

In der 1.500-Seelen-Gemeinde, die mit Grundschule, Kindergarten, Sparkassenfiliale und mehreren Arbeitgeber vergleichsweise gut aufgestellt ist, gibt es bei der Nahversorgung Probleme. Nun aber wollen Bürger gegensteuern. Der Heimat- und Kulturverein Farnstädt engagiert sich für den Aufbau eines Dorfladens.

Dorfladen für Farnstädt: Projekt von Bürgern für Bürger

„Wir stehen am Anfang der Planungen“, erklärt Bettina Wilke, Schatzmeisterin im Verein. Damit das Projekt ins Rollen kommt, ist das Interesse der Bürger gefragt. Schließlich soll es ein Laden von Einwohnern für Einwohner werden. Dass der Aufbau der neuen Einkaufsmöglichkeit gewollt ist, durften Wilke und ihre Mitstreiter kürzlich bei einer Bürgerversammlung im Kulturhaus erfahren. Rund 160 Bürger aus Farnstädt und dem dazugehörigen Ort Alberstedt waren der Einladung des Vereins gefolgt und lauschten interessiert den Ausführungen von Wolfgang Gröll.

Der vom Starnberger See in Bayern kommende Unternehmensberater hat bundesweit an der Gründung von Dorfläden mitgewirkt und ist für das „Dorfladen-Netzwerk“ tätig. Dort haben sich die Farnstädter Hilfe geholt. „Wir haben schnell gemerkt, dass das Projekt sehr umfangreich ist“, so Wilke, „wir können es nicht alleine stemmen.“ Für die Projektberatung und -begleitung hat der Verein Fördermittel vom Ministerium für Landesentwicklung und Verkehr des Landes Sachsen-Anhalt erhalten.

„Jedes Dorf muss sein eigenes Konzept für den Dorfladen entwickeln“

„Jedes Dorf muss sein eigenes Konzept für den Dorfladen entwickeln“, hebt Gröll hervor. So muss beispielsweise die Frage der Rechtsform geklärt werden: Entscheidet man sich für eine Genossenschaft, an der Bürger Anteile zeichnen, oder beispielsweise für ein Integrationsunternehmen? Auch bei der Gestaltung des Ladens gibt es nach seinen Angaben mehrere Varianten. Neben der Lebensmittelversorgung könnten Tagescafé oder Dienstleistungen wie Lotto oder Post integriert werden.

„Es ist wichtig, dass die Grundversorgung da ist“, so Gröll. Mit „HIV (Hab ich vergessen)-Produkten“ funktioniere ein Dorfladen allerdings nicht. „Hauptumsatzträger im Dorfladen sind regionale Produkte“, erklärt der Berater. Es brauche aber auch einen Basislieferanten, von dem ein Teil des Warensortiments bezogen wird. Die Preise zu Discountern seien nahezu gleich.

Projekt Dorfladen: Individualität, Gemeinschaftsgefühl und hoher Servicebereitschaft

Zudem sollten mit Individualität, Gemeinschaftsgefühl und hoher Servicebereitschaft Kunden gebunden werden. Wirtschaftliches Ziel müsse beim Dorfladen die schwarze Null sein. Gröll räumt ein, dass nicht verhindert werden könne, dass Leute zum Supermarkt fahren. „Aber wir“, sprach er für den geplanten Dorfladen in Farnstädt, „sind im Wettbewerb genauso eingebunden.“

Zunächst steht man in Farnstädt jedoch vor der Standortfrage. Muss der Dorfladen auf einem Grundstück neu errichtet werden oder kann er in ein Bestandsgebäude einziehen? Für Letzteres hätte sich beispielsweise die leerstehende Kaufhalle angeboten. Nach MZ-Informationen ist das private Objekt jedoch verkauft worden. Wie Wilke sagt, will sich der Verein mit der Verbandsgemeinde Weida-Land, zu der Farnstädt gehört, und dem Bürgermeister von Farnstädt, Frank Mylich (parteilos), treffen, um über Flächen und Gebäude zu beraten. Der Bürgermeister begrüßt das Projekt Dorfladen. „Es ist für die Gemeinde hervorragend“, sagt er. (mz)