Kanurennsport Kanurennsport: Andreas Ihle hat Olympia in Rio im Visier

Merseburg/Magdeburg - Es klingt so ein bisschen wie Galgenhumor, wenn Andreas Ihle von der Kanu-WM spricht. Die findet im August im italienischen Mailand statt. Und der gebürtige Bad Dürrenberger, einer der erfolgreichsten deutschen Kanuten der letzten Jahre, sagt: „Ich werde da auch hinfahren, als Zuschauer. So weit ist das nicht.“
Eigentlich wollte Ihle in Mailand nicht nur auf der Tribüne hocken, sondern selbst in seinem Kajak um die Medaillen fahren. Doch bei den deutschen Ausscheidungsrennen verpasste er die Qualifikation. „Um ein Sekündchen“, wie er sagt, und die Enttäuschung darüber ist ihm immer noch anzumerken. Der Grund bleibt für ihn selbst schleierhaft. „Ich bin im Winter verletzungs- und krankheitsfrei geblieben, habe ordentlich trainiert“, sagt Ihle. Und trotzdem hat es nicht gereicht.
In ein Loch gefallen
Die Situation belastet ihn. „Ich fiel in ein Frühlingsloch. Es fiel mir schwer, auf einmal zu Hause zu sitzen und nichts zu tun zu haben“, erzählt er. Ihle ist Erfolglosigkeit nicht gewohnt. Bei Olympischen Spielen gewann er Gold, Silber und Bronze. Zweimal war er Weltmeister, zweimal Europameister, Junioren-Weltmeister, Militärweltmeister. Die Liste seiner Erfolge ist lang. Und nun auf einmal nicht mehr gut genug.
Organisatorisch hatte das Qualifikations-Aus Konsequenzen. Ihle, 2012 einziger Medaillengewinner Sachsen-Anhalts bei den Olympischen Spielen in London, als er Bronze im Zweier-Kajak holte, flog aus der Nationalmannschaft. Mit knapp 36 Jahren. Was für andere aber gleichbedeutend mit dem Karriereende ist, spornte ihn aber noch einmal an. „Ich bin ein Kämpfer, ein Arbeitstier. Es macht wieder Spaß, zum Training zu gehen.“
Das mentale Tief, so sagt er, ist überwunden. Sein Vorteil: Ihle kann derzeit völlig ohne Druck trainieren. Er trainiert Ausdauer und Kraft, probiert auch Elektro-Stimulation der Muskeln. Das alles ist eher Grundlagen-Training als Wettkampf orientiert. Was ihn anspornt, sind die Olympischen Spiele 2016 in Rio de Janeiro. „Natürlich, das ist noch ein Ziel für mich.“
Dabei blickt Ihle privat in eine eher vage Zukunft. Am 31. Oktober dieses Jahres endet sein Dienst bei der Bundeswehr, nach 14 Jahren. „Ich darf dann wieder einem zivilen Beruf nachgehen“, sagt der gelernte Sozial-Versicherungskaufmann.
Wie der aussehen wird, ist momentan noch offen. Als sicher gilt aber, dass Ihle seinen Trainingsalltag neu strukturieren muss. Bei der Bundeswehr hatte der Hauptfeldwebel 30 Prozent militärischen Dienst zu leisten, der Rest blieb für das Training. Nahezu ideale Voraussetzungen für einen Leistungssportler. Ab November könnte sich das im besten Fall ins Gegenteil umkehren, wobei Ihle eher mit „10 bis 15 Prozent des derzeitigen Trainingsumfangs“ rechnet. Für mehr wird keine Zeit sein. „Kein Arbeitgeber wird auf mich warten und sagen ,Hey, Andreas Ihle, ich bringe sie nach Rio‘“, sagt der Wahl-Magdeburger.
Fünfte Olympiateilnahme im Auge
Ihle wird versuchen, das Beste draus zu machen. Vielleicht könne ihm das verringerte Trainingspensum sogar helfen, sinniert er. Denn in einem ist er sich sicher: Dass er auch unter diesen Voraussetzungen vielleicht noch im nationalen Maßstab um Platzierungen mitfahren könnte. International wird das aber deutlich schwerer.
Der Traum von Olympia treibt ihn also noch an. Ihle, Olympiasieger 2008, hat sich mit seinem Status des sportliches Frührentners noch nicht abgefunden. „Fünf Olympische Ringe gibt es, fünfmal bei Olympischen Spielen dabei zu sein, wäre ein Traum“, sagt der 36-Jährige.
Im Oktober beginnt die neue Saison. „Ich werde bei der Qualifikation wieder angreifen“, kündigt Andreas Ihle an. Denn für Rio gilt die Option Zuschauer nicht. Ist halt doch ein bisschen weiter weg als Mailand. (mz)