Jakob Fischer ist unterwegs Jakob Fischer ist unterwegs : Vereinstreu trotz langer Wege

Günthersdorf - Den Routenplaner in seinem Smartphone hatte Jakob Fischer probeweise schon einmal angeworfen. Ausgangspunkt: Wohnort Aseleben. Zielort: Farnstädt. Der Planer spuckte eine Entfernung von zwölf Kilometern zwischen den beiden Orten aus. „Die hätte ich mit dem Rad locker unter einer halben Stunde fahren können“, sagte der 31-Jährige.
Doch für Fischer blieb es beim Konjunktiv. Den Drahtesel hat er seither nicht in Richtung Farnstädt befördert. Obwohl Lutz Trotte, der neue Trainer von Blau-Weiß Farnstädt, das ganz gern gesehen hätte.
Gedanken an Wechsel
Doch Fischer ist Trottes ehemaligem Verein treu geblieben, dem Landesklassisten Blau-Weiß Günthersdorf. Und das ist aus mehren Gründen äußerst bemerkenswert.
Zum einen hätte Fischer bei Farnstädt die Chance bekommen, sich für das Landesliga-Team zu empfehlen. Die Aussichten wären gar nicht schlecht gewesen. Der 31-Jährige ist immer noch erstaunlich fit. „Das ist einer der Vorteile, wenn man wie ich viel mit dem Rad unterwegs ist“, sagt Fischer schmunzelnd. Zudem hat er die technische Ausbildung einst im Nachwuchs des Halleschen FC genossen. Gute Voraussetzungen.
Zum anderen hätte sich der Aselebener mit einem Wechsel auch den eigenen Alltag erheblich erleichtern können. Denn aufgrund eines Augenleidens darf Fischer nicht Auto fahren. Seine Anfahrt zum Training ist deshalb eine kleine Odyssee. Mit dem Rad nach Röblingen, mit dem Zug nach Merseburg und von dort per Fahrgemeischaft zum Training nach Günthersdorf (siehe Ausschnitt).
Dass angesichts dieser Umstände doch mal der Gedanke an einen Wechsel aufkeimen kann, ist nicht schändlich. Zumal die Ausgangslage in Günthersdorf vor dieser Saison nicht gerade die leichteste war. Der Landesklassist hatte zahlreiche Abgänge zu beklagen, unter anderem verließen Torjäger Axel Pöhlandt und eben auch Trainer Trotte den Verein. Ob der Landesklassist unter diesen Umständen sein sportliches Niveau würde halten können, war deshalb mehr als fraglich. In der vergangenen Saison hatten die Günthersdorfer Rang drei in ihrer Staffel erkämpft. „Im Urlaub habe ich mir daher schon Gedanken gemacht“, gesteht Fischer. Über die Sorgen von damals kann Fischer heute jedoch nur noch schmunzeln. Denn in Günthersdorf wurde angesichts der vielen Abgänge nicht Trübsal geblasen - im Gegenteil: Bei den Blau-Weißen herrscht Aufbruchstimmung. Fischer staunt über das, was sich in den letzten Wochen alles getan hat. „Wir haben viele neue Spieler dazugewonnen, talentierte Leute, die Spaß am Fußball haben.“
Ersatztraining beim Eintracht Lüttchendorf
Mit denen hat der 31-Jährige schon den ersten Sieg eingefahren, am Wochenende in der ersten Runde des Kreispokals. In Hohenturm konnten die Günthersdorfer souverän mit 4:1 gewinnen. Und Jakob Fischer erzielte dort sogar das 2:0. Eine außergewöhnliches Ereignis. Wann er davor zuletzt getroffen hatte, daran kann sich Fischer nämlich nicht einmal mehr erinnern. „Bei Lutz Trotte habe ich ja zumeist Außenverteidiger gespielt“, sagt er zu seiner langen Torflaute. Beim neuen Coach Marcel Hensel darf Fischer offensiver agieren, was dem 31-Jährigen durchaus gefällt.
Das Verhältnis zu Hensel sei gut, betont Fischer, obwohl er die Kapitänsbinde abgegeben hat. „Aber das ging von mir aus, weil ich doch nicht immer zum Training nach Günthersdorf kommen kann.“ Was aber nicht heißen soll, dass er dann untätig ist. „Kann mich von Merseburg keiner abholen, trainiere ich als Gastspieler bei Eintracht Lüttchendorf mit“, sagt Fischer. Nach Lüttchendorf ist es von Aseleben nur ein Katzensprung. „Ich radle dann gemütlich auf einem Radweg am Süßen See entlang.“
Auftakt gegen Weißenfels
Das ist zwar weniger beschwerlich, aber trotzdem nimmt Fischer lieber die Strapazen auf sich und trainiert mit seinen Mannschaftskameraden in Günthersdorf. Schließlich macht das gerade wieder richtig Spaß. „Wir haben jetzt mehr Qualität in der Mannschaft“, meint er. Den talentierten Neuzugängen sei Dank. Auf das erste Punktspiel zu Hause am Samstag gegen Rot-Weiß Weißenfels freut sich der 31-Jährige daher richtig. Auch wenn er glaubt, dass der Auftaktgegner zu den besseren Teams der Liga gehört und deshalb keine einfache Auftaktaufgabe auf ihn und seine Mannschaft zukommt.
Aber vor Schwierigkeiten schreckt Fischer grundsätzlich nicht zurück. Man muss sich nur seinen Weg zum Training angucken. (mz)
