"Ich bin doch nicht völlig doof" "Ich bin doch nicht völlig doof": Warum eine Frau Fahrprüfungen der Dekra kritisiert

Rossbach/Halle (Saale) - Ein Bericht über die hohe Durchfallerquote bei der Führerscheinprüfung und die möglichen Ursachen hat auch bei den MZ-Lesern für Diskussionen gesorgt. Entsetzt zeigten sich viele, dass laut Angaben der Dekra im Bereich Halle, zu dem auch der Saalekreis gehört, im vergangenen Jahr 38,2 Prozent in der praktischen Prüfung durchfielen und sogar 43,9 Prozent bei der theoretischen.
Die Gründe dafür seien vielfältig, spekulieren Fahrschulen. Die Bandbreite reiche von zu wenigen Unterrichtsstunden aus falscher Sparsamkeit über Nervosität bis hin zu fehlendem Fleiß, wenn es um das Pauken der Verkehrsregeln geht. Das sieht eine Fahranfängerin aus dem Geiseltal jedoch anders und gibt der Dekra als prüfender Behörde eine Mitschuld an den desaströsen Werten.
Keine Ruhe bei der Prüfung
„Der Grund dafür, dass viele durchfallen, liegt auch an der Atmosphäre, in der die Prüfungen abgenommen werden“, klagt Jessica Lindner. Die 19-Jährige hat seit einem Jahr ihren Führerschein, rasselte zuvor jedoch sage und schreibe sechs Mal durch die theoretische Prüfung. „In dem Raum sitzen etwa zehn Schüler, jeder kommt und geht wie er will“, erzählt sie von der Geräuschkulisse, die bei ihr immer wieder für zu viel Ablenkung gesorgt haben soll.
„Einmal kam sogar ein Fahrlehrer mit Gipsfuß herein und plauderte mit dem Prüfer laut über seinen Skiunfall“, erzählt sie. Sicher sei sie vor jeder Prüfung auch nervös gewesen. „Aber ich habe den Stoff schon verstanden, ich bin ja nicht völlig doof“, betont sie.
Die MZ hat den Niederlassungsleiter der Dekra in Halle, Steffen Hampel, mit den Vorwürfen konfrontiert. Er räumt ein, dass es in der Vergangenheit Beschwerden wegen Gesprächen zwischen Prüfern und Fahrlehrern gab. „Angesichts von 17.000 Prüfungen im Jahr, war das aber nur eine Hand voll“, sagt Hampel.
Auf Beschwerden von Fahrschülern reagiert
Zudem habe er nach Bekanntwerden der Beschwerden reagiert und Fahrlehrer aus dem Prüfungsraum verbannt. Inzwischen herrsche Ruhe, wie die MZ bei einem Vor-Ort-Termin am Donnerstag selbst erleben konnte.
Ein gutes Dutzend Schüler legte über moderne Tablets gebeugt die inzwischen rein elektronische Prüfung ab. Die einzigen Geräusche verursacht ein Drucker, der für jeden einzelnen Prüfling das Ergebnis ausspuckt und der Prüfer, der im Flüsterton die gemachten Fehler erklärt. So leise wie möglich rückt dann der nächste Prüfling nach und nimmt Platz. „Natürlich geht die Prüfung nicht ganz ohne Geräusche ab“, sagt Hampel. Ein negatives Ergebnis nur auf Nebengeräusche zu schieben, das lässt er nach mehreren gescheiterten Versuchen nicht gelten. (mz)
