1. MZ.de
  2. >
  3. Mitteldeutschland
  4. >
  5. Saalekreis
  6. >
  7. Endlich ein Hausarzt für Kötzschau: Endlich ein Hausarzt für Kötzschau: Neue Praxis im alten Konsum

Endlich ein Hausarzt für Kötzschau Endlich ein Hausarzt für Kötzschau: Neue Praxis im alten Konsum

Von Robert Briest 02.08.2017, 09:37
Vor der neuen Arztpraxis: Beate Nietzschmann, André Kürstein und Schwester Simone Phole
Vor der neuen Arztpraxis: Beate Nietzschmann, André Kürstein und Schwester Simone Phole Vor der neuen Arztpraxis: Beate Nietzschmann, André Kürstein und Schwester  Simone Phole ter Wölk

Kötzschau - Der Arzt habe noch gefehlt, sagte Kötzschaus Ortsbürgermeister Wolfgang Weise. Eigentlich habe der 1700-Einwohner-Ort in der Stadt Leuna mit Kita, Zahnarzt, Bahnhof, Verkaufsstellen eigentlich alles Notwendige. An einem Allgemeinmediziner fehlte es dem Dorf allerdings seit fast zehn Jahren. Doch auch diese Lücke ist nun geschlossen. Am Dienstag konnte Weise Blumen an Beate Nietzschmann übergeben, die künftig in ihrer Praxis im alten Konsum unweit des Bahnhofs Patienten versorgen will.

Wobei es streng genommen nicht ihre Praxis ist. Nietzschmann ist angestellt beim Bad Dürrenberger Arzt André Kürstein, der nun in Kötzschau eine Zweigpraxis eröffnet. „Die ärztliche Versorgung hier in der Mitte der Gemeinde Leuna war nicht gegeben“, begründet er diesen Schritt. Die Kötzschauer wären deswegen teilweise bis Leipzig-Grünau, Markranstädt oder Merseburg zum Arzt gefahren.

Schritt ins Landarztdasein auch der erste aus der Klinik heraus

Was angesichts steigenden Durchschnittsalters und der damit verbundenen geringeren Mobilität allerdings ein Problem darstelle. Seine Praxis mit internistischem Schwerpunkt soll nun Abhilfe schaffen. „Wir wollen hier auch Ultraschalldiagnostik, Langzeit-EKG und -blutdruckmessung anbieten“, erörtert Nietzschmann.

Für die 42-Jährige ist der Schritt ins Landarztdasein auch der erste aus der Klinik heraus. Bis jetzt habe sie nur in Krankenhäusern praktiziert, zuletzt in Schkeuditz. „Dort habe ich viel in der Notfallambulanz gearbeitet, was der hausärztlichen Tätigkeit nahe kommt, wenngleich die Fälle da meist noch schwerer sind.“ Wobei die Medizinerin zuletzt eh den Trend beobachtet hat, dass die Notaufnahme als Ersatz für den Hausarzt genommen wird, weil eben in der Fläche die ambulanten Angebote fehlen. Da erscheint es konsequent, dass sie nun diese Lücke selbst ein kleines Stück weit füllen möchte. Die Stelle in einer Zweigpraxis war dabei eine willkommene Einstiegshilfe: „Wenn man solange im Krankenhaus gearbeitet hat, dann wäre ein sehr großer Schritt gewesen, gleich in die Selbstständigkeit zu gehen.“

Zweigpraxen sind ein vergleichsweise neues Modell

Zweigpraxen sind ein vergleichsweise neues Modell. Erst seit gut zehn Jahren haben Vertragsärzte das Recht, eine Außenstelle zu eröffnen. Im Saalekreis haben die Mediziner davon schon recht regen Gebrauch gemacht. Laut Zahlen der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) gibt es hier insgesamt 34 Zweigpraxen von 28 Ärzten oder medizinischen Versorgungszentren. Dass wie in Kötzschau eine komplette Praxis mit eigens angestellter Ärztin eröffnet wird, ist dabei nur eine Möglichkeit. Häufig unterhält auch nur ein Hausarzt eine Außenstelle, um den Patienten Wege abzunehmen. In diesem Fall sind die Öffnungszeiten der Praxis und teilweise auch das medizinische Angebot eingeschränkt.

Die KV sieht in den Zweigpraxen dennoch eine Möglichkeit, den „Status Quo der ärztlichen Versorgung zu bewahren“. Kürstein zählt weitere Vorteile auf. Durch ein einheitliches Computersystem könnte an jedem Standort auf die Patientendaten zugegriffen werden. Und die Praxisstrukturen in Bad Dürrenberg und Kötzschau seien gleich: „Dadurch können wir uns bei Krankheit oder Urlaub jeder Zeit gegenseitig vertreten.“ Zunächst muss sich Nietzschmann in ihrer neuen Praxis aber einen Patientenstamm aufbauen. Weise glaubt nicht, dass das ein Problem wird, schließlich höre er in Gesprächen mit den Einwohnern immer wieder, dass der Bedarf da sei. Vielleicht bekommen die dann bald auch Hausbesuche per Fahrrad. Denn die neue Dorfärztin will den täglichen Arbeitsweg von Leipzig per Zug bewältigen. Vor Ort setzt sie dann auf zwei Räder. (mz)