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Ehemaliger Mitarbeiter erinnert sich Ehemaliger Mitarbeiter erinnert sich: So wurde in Bad Lauchstädt einst Likör produziert

Von Robert Briest 16.12.2018, 11:02
Den Kräuterlikör hat Erhard Spengler einst mitproduziert.
Den Kräuterlikör hat Erhard Spengler einst mitproduziert. Peter Wölk

Bad Lauchstädt - Am Ende fehlte der Zucker. „Wir haben aufgehört, weil die Zuckerteilung nicht mehr ausreichte, damit wir klarkamen“, erzählt Gerhard Spengler, warum die Bad Lauchstädter Likörfabrik Feldtmann und Co. 1956 den Betrieb einstellte. Der 93-jährige Spengler ist Experte, wenn es um die Getränkeindustrie der Goethestadt geht, ein Arbeitsleben hat er in ihr verbracht, produzierte für den Konsum Limonaden, wirkte ein Vierteljahrhundert bis zu seiner Rente 1990 in verschiedensten Funktionen beim Brunnenversand.

Den Anfang nahm Spenglers Getränkekarriere allerdings im Familienbetrieb, in den er nach einer kaufmännischen Ausbildung in Halle und der Unterbrechung durch den Krieg einstieg. Sein Großvater habe die Firma Feldtmann & Co. um 1900 mit einem Kompagnon gekauft, erzählt der Senior. Später übernahmen seine Eltern die Firma, deren Ursprünge laut der Schutzmarke, die ein Feldarbeiter  ziert, von 1780 stammt.

Offiziell „Dampf-Großdestillation Essig- und Senffabrik“

„Über die Gründungsgeschichte habe ich leider nichts gehört“, sagt Spengler, der auch nicht erklären kann, wie es zu der Produktpalette des Unternehmens kam, das sich offiziell „Dampf-Großdestillation Essig- und Senffabrik“ nannte. „Heute würde niemand mehr von ’groß’ sprechen“, ordnet Spengler ein. Man würde es wahrscheinlich einen mittelständischen Betrieb nennen. Als Angestellte habe seine Familie einen Destillateur, zwei Frauen für die Abfüllung, zwei Kraftfahrer und vor dem Krieg auch noch drei Vertreter gehabt. „Die sind mit einem Opel rumgefahren, um die Aufträge reinzuholen.“

Spengler, der nach eigenen Angaben im Familienbetrieb als Kaufmann, in der Produktion und auch mal als Lkw-Fahrer gearbeitet hat, zeigt  ein altes Bild. Darauf abgebildet ist der frühere Firmensitz am Lauchstädter Markt: „Neben dem  Schuhladen“, erklärt er und deutet auf die Fenster: „Da hatten wir das Büro, hier den Ladenverkauf. Die Produktion war dahinter.“ 

Spezialität des Hauses in Bad Lauchstädt: Feldtmann-Likör

Hergestellt wurden etwa Essig und Senf: „Für den Mostrich haben wir Senfmehl bekommen. Das haben wir dann mit entsprechenden Zutaten angesetzt und mit Mühlsteinen zu einem Brei zermahlen. Da war nichts automatisiert, das war alles Handarbeit.“

Die Spezialität des Hauses sei aber eine andere gewesen, betont Spengler: der Feldtmann-Likör: „Das war ein Magenbitter, so wie  Stonsdorfer oder Schierker.“ Süß sei der gewesen. Deswegen habe man ja auch den Zucker benötigt. Bis etwa 1945, so erzählt der frühere Mitarbeiter, hätten sie die Kräuter noch selbst destilliert. „Sie kamen dafür in einen Kupferkessel, dann wurde Alkohol zugegeben und Feuer gemacht.“

Likör aus Bad Lauchstädt: Der Dampf wurde über eine Spirale abgeführt

Der Dampf wurde über eine Spirale abgeführt, an deren Ende das Konzentrat herauskam. Das musste noch verdünnt werden, um auf den Alkoholgehalt von 32 Prozent zu kommen, denn der angelieferte Alkohol hatte 96 Prozent. Das Destillat, so schildert der 93-Jährige, sei logischerweise klar gewesen. Die dunkle Färbung des Likörs habe man mit Zuckercouleur erreicht.

Spengler erinnert sich noch an die Anfangszeit nach dem Zweiten Weltkrieg. Damals hätten sie bei den Kunden Geld gesammelt, als Vorkasse, um damit in Leipzig den Alkohol für die Schnapsproduktion einzukaufen. Aus der Richtung, genauer aus Miltitz, kam dann später auch der fertige Kräuterauszug, den die Firma am Ende anstelle der eigenen Destillation für die Likörherstellung genutzt hat. „Wir haben dann hier nur noch gemischt.“

Firmenquartier am Markt blieb zunächst im Familienbesitz

Wie viele Likörflaschen letztlich pro Jahr in Lauchstädt abgefüllt wurden, der Rentner vermag es nicht mehr mit Gewissheit zu sagen. Ein paar Tausend seien es aber schon gewesen. Schließlich habe man den Likör nicht nur mit den Autos an Kneipen geliefert, sondern auch der Großhandel habe das Getränk ebenso wie Essig und Mostrich vertrieben. „Unser Verbreitungsgebiet reichte eher Richtung Süden, bis nach Nebra und westlich von Querfurt“, erzählt Spengler.

1956 gab die Familie den Betrieb dann jedoch auf. „Sie haben uns nicht direkt zugemacht, aber die Rohstoffe eingeschränkt“, schildert der Sohn der letzten Besitzer. Ein VEB habe man nicht werden wollen. Das Firmenquartier am Markt blieb zunächst im Familienbesitz. Erst  in den 1970ern habe man es, mittlerweile zum Wohnhaus umfunktioniert, an die Stadt abgegeben. (mz)

Am Lauchstädter Markt hatte das 1780 gegründete Unternehmen Feldtmann & Co. seinen Sitz. Hier stellten die Mitarbeiter Essig, Likör und Senf her
Am Lauchstädter Markt hatte das 1780 gegründete Unternehmen Feldtmann & Co. seinen Sitz. Hier stellten die Mitarbeiter Essig, Likör und Senf her
Peter Wölk
Im Archiv des Sammlers Hubertus Kiesel finden sich noch Glas und Flasche.
Im Archiv des Sammlers Hubertus Kiesel finden sich noch Glas und Flasche.
Peter Wölk