Gesundheit DLRG Leuna-Merseburg: Kaum Teilnehmer bei Erste-Hilfe-Kursen

Leuna - Wie heißen die drei Vitalzeichen? Die erste Frage, und ich muss gleich passen. Zwei von drei bekomme ich zusammen und dann muss Christian Kollewe helfen. „Kreislauf, Bewusstsein und Puls“, sagt er. Ich versuche mich daran zu erinnern. Vor über zehn Jahren habe ich einen Erste-Hilfe-Kurs gemacht. Der ist Pflicht, wenn man den Führerschein machen will. Doch danach habe ich mich nicht mehr damit beschäftigt. Wie die meisten, offenbar.
Das führt jedoch dazu, dass sich nur wenige Menschen trauen, tatsächlich zu helfen. Studien zeigen, dass die Quote der Laien, die im Notfall einen Menschen reanimieren, in Deutschland nur bei 16 Prozent liegt, in Dänemark dagegen bei 45 Prozent.
Christian Kollewe ist Mitglied der Deutschen Lebensrettungsgesellschaft (DLRG) Leuna-Merseburg und gibt zusammen mit Kollegen einmal im Monat Erste-Hilfe-Kurse. „Im Schnitt haben wir jährlich zwischen 300 und 400 Teilnehmer. Und die meisten machen es, weil sie es müssen.“ Er schätzt, dass unter den Teilnehmern weniger als ein Prozent seine Kenntnisse freiwillig auffrischt. Stattdessen sind es Angestellte von Betrieben, die dazu aufgefordert werden, Kursteilnehmer, die es von der Berufsgenossenschaft vorgeschrieben bekommen und natürlich die angehenden Führerscheinträger.
„Viele glauben, dass sie einen Erste-Hilfe-Kurs für Fremde machen. Aber eigentlich finden die häufigsten Reanimationen im häuslichen Umfeld statt“, sagt Kollewe, der hauptamtlich Rettungsassistent ist. Oftmals würden Familienmitglieder den Notruf wählen und dann warten. „Die Laienreanimation, wie wir sie nennen, ist aber enorm wichtig“, so Kollewe.
Überlebensrate kann sich bei sofortigen Maßnahmen verdoppeln bis vervierfachen
Nicht zuletzt ist die Herz-Lungen-Wiederbelebung auch das Kernstück des neunstündigen Erste-Hilfe-Kurses. In den Leitlinien zur Reanimation, die 2015 vom European Resuscitation Council (zu Deutsch: Europäischer Reanimationsrat) herausgegeben wurden, wird deutlich, wie wichtig die Ersthelfer sind: Sofortige Wiederbelebungsmaßnahmen können die Überlebensrate bei einem Kreislaufstillstand verdoppeln bis vervierfachen, heißt es dazu.
Zurück an der Puppe im Kursraum der DLRG. Auf dem Plan steht die Herzdruckmassage: 30 Mal drücken, zweimal beatmen und mindestens 100 Herzschläge sollen so pro Minute erzeugt werden. Noch dazu muss sich der Brustkorb bei der Herzdruckmassage etwa fünf bis sechs Zentimeter senken.
Für Ungeübte eine anstrengende Prozedur, bei der man sich gut konzentrieren muss. „Es wird leichter, wenn man diese Dinge oft übt und wiederholt. Dann kann man sich auf das Wesentliche konzentrieren“, so Kollewe. Noch ein Grund mehr, den Kurs regelmäßig zu wiederholen. Teil des Kurses ist zudem, den Ersthelfern den Umgang mit dem Defibrillator nahe zu bringen. „Man braucht dabei keine Angst haben, denn das Gerät erkennt selbst, ob ein Patient geschockt werden muss“, so Kollewe. Auch die Handhabung ist einfach, eine Stimme führt den Laien an. „Aber die Defibrillatoren ersetzen nicht die Herz-Lungen-Wiederbelebung. Die muss weiterhin gemacht werden“, betont Kollewe.
Neun Stunden dauert ein Kurs für 33,50 Euro. Eine gesetzliche Pflicht gibt es für Laien nicht. Dennoch würde sich Christian Kollewe wünschen, dass mehr von dem Angebot Gebrauch gemacht wird. „Es ist wichtig, folgenschwere Notfälle schnell zu erkennen. Dann kann vielleicht Schlimmeres verhindert werden.“ Trotz Kenntnissen scheuen sich viele davor, im Notfall zu helfen. Kollewe glaubt, dass das auch daran liegt, dass keine positiven Beispiele durch die Medien gehen, nur negative.
(mz)

