1818 erbaut Die Rettung der Bockwindmühle bei Leimbach
Das von 1818 stammende Bauwerk bei Leimbach hat seit zwei Jahren einen neuen Eigentümer. Wie er und weitere Unterstützer sich für den Erhalt engagieren.

Leimbach/MZ - Der Wind pfeift über Felder und Wiesen nahe des Querfurter Ortsteils Leimbach. Gute Bedingungen für eine funktionstüchtige Bockwindmühle. An dem 1818 erbauten Exemplar bei Leimbach dreht sich allerdings schon lange kein Flügel mehr, es war viele Jahre dem Verfall preisgegeben. In letzter Zeit ist aber wieder ziemlich regelmäßig Bewegung an und in der Mühle. So auch heute. Die Tür steht offen. Mal ist Sägelärm zu hören, hin und wieder auch Schüsse aus einer Nagelpistole. Aus einem kleinen Loch im Dach schaut Meinolf Schultebraucks heraus und grüßt mit einem freundlichen „Hallo“. Das Dach ist derzeit mit Folie gesichert. „Aber hier ist so ein starker Wind, dass er immer wieder diese provisorische Deckung kaputt gemacht hat“, erklärt der 70-Jährige, der darum nun gemeinsam mit Helfern dabei ist, das Dach mit Holzschindeln einzudecken. Dies ist eine sehr aufwendige Arbeit.
Meinolf Schultebraucks aus Nordrhein-Westfalen ist seit Oktober 2019 Eigentümer der Bockwindmühle und des dazugehörigen Grundstücks bei Leimbach. Er hat beides von Ingeborg Schweitzer und ihrer Schwester Gudrun Lischke abgekauft. Die Mühle war über 200 Jahre in Familienbesitz und davon 130 Jahre in Betrieb (siehe Kasten unten). Schultebraucks kam im wahrsten Sinne des Wortes über einen Umweg zur Mühle: Er, der auch das Wasserschloss in Mücheln restauriert, musste auf dem Weg vom Geiseltal zur Autobahn eine Umleitung fahren, die an Leimbach vorbeiführte. Vom Mühlen-Grundstück kam gerade Horst Schweitzer mit einer Schubkarre, erinnert sich Schultebraucks.
„Ich hielt an, weil ich die Mühle sah.“
„Ich hielt an, weil ich die Mühle sah.“ Die Bockwindmühle ist der älteste Windmühlentyp in Europa. Der Westfale war fasziniert von dem Exemplar, das hier bei Leimbach noch an seinem Erbauungsort in ursprünglichem Zustand, wenngleich sehr kaputt, existent war. „Das ist eine absolute Rarität.“ Horst Schweitzer habe zu ihm gesagt, wenn er sie erhalten möchte, müsse er sie kaufen. „Da habe ich erstmal geschluckt“, sagt Schultebraucks. Doch er überlegte. Gut zwei Jahre nach dem Treffen mit dem Leimbacher ging die Bockwindmühle schließlich in seinen Besitz über.

Es waren erst einmal umfangreiche Rettungsmaßnahmen notwendig. Die letzten lagen über 25 Jahre zurück: In den 1990ern setzten die damaligen Mühlen-Besitzerinnen Privatgeld ein und hatten Fördermittel erhalten, um den weiteren Verfall der Mühle zu verhindern. Ihr Wunsch sei immer gewesen, sagt Ingeborg Schweitzer, die Windmühle als Wahrzeichen von Leimbach zu erhalten. In den Folgejahren schien es bei einem Wunsch zu bleiben - doch dann kam Meinolf Schultebraucks. „Das war ein glücklicher Zufall“, meint die Leimbacherin.
„Er ist mit Leib und Seele dabei.“
Wie der Eigentümer berichtet, bestanden die ersten Aufgaben darin, die Mühle zu sichern, zum Beispiel Decken wieder einzubauen und Balkenkonstruktionen zu erneuern. Mit Hilfe von Fördermitteln vom Landkreis konnte eine Notsicherung des Daches vorgenommen werden. Es wurde provisorisch mit Folien abgedichtet. Bei Bauarbeiten vor zwei Jahren kam es zu einem herben Rückschlag für den Eigentümer. Ein Gerüst, das an der Mühle aufgebaut war, wurde von Unbekannten gestohlen. „Da war er sehr niedergeschlagen“, sagt Ingeborg Schweitzer (69), die mit ihrem Mann Horst (74) in engem Kontakt mit Meinolf Schultebraucks steht. Sie unterstützen ihn, wo sie können. Sein Engagement für die Mühle loben sie sehr. Sein Elan und Mut seien bemerkenswert. „Er ist mit Leib und Seele dabei.“
Der Eigentümer wiederum will nicht unerwähnt lassen, wie viel Unterstützung er bekommt: Neben Schweitzers ist da auch der Leimbacher Traditionsverein. Schultebraucks und sein helfender Mühlenfreund Ulrich Klicker, ebenfalls aus Nordrhein-Westfalen, sind mittlerweile dort eingetreten. „Heute hat man uns zum Beispiel einen Kompressor geliehen, weil es unserer auf einmal nicht mehr tat“, berichtet Schultebraucks. Eine große Unterstützung erfahre er vom Sägewerk Seemann aus Mücheln, von dem er immer gutes Lärchenholz bekommt. Auch Querfurts Bürgermeister Andreas Nette und der Landkreis engagieren sich laut dem Eigentümer für den Erhalt der Mühle. Er spricht darum von einem Gemeinschaftsprojekt.

Schultebraucks versucht, weitere Fördermittel sowohl für den Erhalt als auch die Nutzung der Bockwindmühle zu bekommen. Zusammen mit dem Leimbacher Traditionsverein will er darin ein Mühlenmuseum einrichten. „Wir wollen die Mühle für Besucher öffnen, zum Beispiel Mühlentage hier veranstalten“, sagt der Eigentümer bei einer kurzen Stippvisite am Boden. Dann muss er wieder hoch ans Dach, um dort weitere Holzschindeln anzubringen.
Die Bockwindmühle - In Betrieb von 1818 bis 1948:
Die Bockwindmühle bei Leimbach wurde 1818 von Karl Buchholz aus Stendal erbaut. Im selben Jahr wurde sie vom Großvater Erich Dietzels, der wiederum der Opa von Ingeborg Schweitzer und Gudrun Lischke war, in Betrieb genommen und gehörte zum Familienbesitz. Das Tageswerk des Müllers war hart, denn wenn der Wind ordentlich blies, musste er mitunter Tag und Nacht mahlen, um den Arbeitsausfall bei Windflaute vorzuarbeiten. Durchschnittlich zwei Tonnen Mehl und vier Tonnen Schrot waren das Ergebnis einer 24-stündigen Arbeit. In der Windmühle gab es ein kleines Müllerstübchen, wo ein Bett stand, um sich dort ein wenig auszuruhen.
Ernst Dietzel, geboren 1896, arbeitete schon mit zehn Jahren mit seiner Mutter in der Bockwindmühle, da der Vater früh verstorben war. Sein 1920 geborener Sohn, er trug ebenfalls den Namen Ernst Dietzel, hat die Mühle 1946 übernommen. Bis 1948 arbeiteten Vater und Sohn Dietzel hier gemeinsam. Der Bedarf an Mehl war nach dem Krieg groß, die Kapazität der Bockwindmühle reichte nicht mehr aus. Die Müllerfamilie baute sich deshalb in der Ortschaft Leimbach eine dreistöckige Motormühle auf. Die brachte für die tägliche Arbeit auch wesentliche Erleichterungen mit sich. Bis 1984 war die Motormühle in Betrieb. (Quelle: Ingeborg Schweitzer)