Der Melonen-Äquator Der Melonen-Äquator: Können Landwirte auf Exoten umsteigen?

Querfurt/Aseleben - Nur der halbe Ertrag beim Getreide und beim Mais steht auch in den Sternen, wie groß die Ausbeute in diesem Jahr ist - auch im Saalekreis vertiefen sich aufgrund der anhaltenden Trockenheit die Sorgenfalten bei den Landwirten immer mehr. Da stellt sich die Frage, ob es sich für sie nicht lohnen würde, angesichts der Wetterextreme auf exotische Pflanzen zu setzen, beispielsweise Melonen. Doch ist der Anbau der beliebten Sommerfrüchte in den hiesigen Breitengraden überhaupt möglich?
Dass es tatsächlich funktioniert, zeigt das Beispiel eines Obstbauern aus Aseleben (Mansfeld-Südharz), nur wenige Kilometer hinter der Kreisgrenze. Unweit vom Süßen See baut Roman Langels seit dem vergangenen Jahr auf einer acht Hektar großen Fläche Wassermelonen an. „Weil es schon letztes Jahr so schön warm war, dachten wir, dass wir das einfach mal ausprobieren“, sagt Langels. Erfahrungen haben er und seine Eltern vom gleichnamigen Familienbetrieb mit Melonen definitiv. „Vor 30 Jahren sind meine Eltern nach Portugal ausgewandert, ich selbst habe dort zehn Jahre gelebt, da gehörten Melonen immer dazu.“
30 Tonnen Melonen betrug die Ernte im vergangenen Jahr
30 Tonnen betrug die Ernte im vergangenen Jahr. Drei verschiedene Sorten wachsen auch in diesem Sommer auf dem großen Feld, auf dem überall Melonen liegen und in der Sonne glänzen. „Es ist ein Nischengeschäft“, sagt Langels. Wirklich reich werden könne man davon nicht. Und das hängt eben genau mit den Anbaubedingungen in Aseleben zusammen.
„Der Melonenanbau ist aufwendig“, sagt Langels. Man braucht dafür Personal. Denn es müssen per Hand Folien gelegt und regelmäßig Unkraut entfernt werden. Und auch die Ernte erfolgt händisch. Der Aufwand erhöht die Kosten. „Unsere Melonen können wir nur zum dreifachen Preis der spanischen verkaufen“, erzählt Langels.
Fruchtfleisch ist knallrot und kernarm
Wer die Früchte, die der Landwirt übrigens auch über den Hofladen des Obsthofs Müller in Querfurt vermarktet, anschneidet, der wird sich freuen: Das Fruchtfleisch ist knallrot und kernarm. Sie schmecken saftig, süß und aromatisch. Von südeuropäischen Melonen sind sie zumindest für den Laien nicht zu unterscheiden.
Doch geht der Anbau auch im größeren Stil und in allen Gegenden Sachsen-Anhalts? Ließe sich der „Melonen-Äquator“ einfach von Spanien nach Norden verschieben? „Prinzipiell können viel mehr Kulturen in Sachsen-Anhalt angebaut werden, als dies gegenwärtig der Fall ist“, sagt Ulrich von Wulffen, Ableitungsleiter bei der Landesanstalt für Landwirtschaft und Gartenbau in Bernburg. Bis zum Ende der Kaiserzeit seien neben heutigen Kulturen wie Getreide und Kartoffeln auch Leguminosen, Faser- und Färberpflanzen angebaut worden.
„Es war und ist heute preiswerter, Melonen aus der Türkei zu importieren, als diese hier anzubauen.“
„Mit der Industrialisierung setzte eine starke Spezialisierung auf wirtschaftlich besonders lukrative Kulturen, zum Beispiel Zuckerrüben, ein“, erklärt von Wulffen einen grundlegenden Wandel. Der Anbau von Exoten wurde dann rasch zurückgefahren. „Dies führte dazu, dass neben dem Wissen über den Anbau dieser Pflanzen vorrangig auch die Vermarktungsschienen verloren gingen“, meint er.
„Es war und ist heute preiswerter, Melonen aus der Türkei zu importieren, als diese hier anzubauen.“ Und sollte ein Anbau hier gelingen, müsste der Einzelhandel überzeugt werden, wieso er die teureren Früchte aus Deutschland kaufen sollte. Zudem müsste die Anbaufläche deutlich vergrößert werden, um die Nachfrage des Handels zu decken.
„Wir probieren mit Kiwibeeren gerade auch einen weiteren Exoten aus“
Kosten entstehen aus dem Melonenanbau auch aus dem wenig überraschenden Umstand, dass die Früchte Wasser benötigen. „Durch einen Anbau in der Nähe des Süßen Sees kann – so zumindest meine Vermutung – aufgrund des relativ hohen Grundwasserstandes und der tiefen Durchwurzelung der Melonen von bis zu vier Metern auf eine Beregnung verzichtet werden“, erklärt von Wulffen. Ansonsten seien Melonen sehr empfindlich.
Das Wasser sollte temperiert sein, die Aussaat perfekt terminiert. „Melonen reagieren bereits auf Temperaturen von unter zwölf Grad empfindlich“, sagt der Experte. Von Wulffen rät daher Bauern, die über Exoten nachdenken, eher zur Anpassung des Ackerbaus an den Klimawandel, indem Sorten gewählt werden, die mit der Trockenheit besser zurechtkommen, wie zum Beispiel Winterweizen.
Langels will an seiner Melonenproduktion dennoch festhalten, auch wenn er um den Aufwand weiß. Aktuell habe er genügend Helfer, ein großer Teil der Früchte wächst zufriedenstellend. „Wir probieren mit Kiwibeeren gerade auch einen weiteren Exoten aus“, sagt er. 2020 soll es die erste Ernte geben. (mz)

