Chemiewerk auf Reisen Chemiewerk auf Reisen: Nie genutzte Anlage wird von Leuna zurück nach Asien gebracht

Leuna - Ein Jahr haben die Vorbereitungen gedauert. Eine Woche wurde alles auf die Lkw verladen. Nun kann sich der Schwerlasttransport Sonnabendmorgen in Bewegung setzen. Die Aufgabe der Experten von der Bohnet GmbH aus Baden-Württemberg: die Produktionsanlage von Quinn Chemicals für flüssigen Kunststoff aus Leuna bis an die Saale nach Pfützthal zu transportieren. Ein gewaltiges logistisches Unternehmen.
Zehn Fahrzeuge umfasst der Tross. Sie sind zusammen mehr als 500 Meter lang, bis zu 7,80 Meter breit und bis 6,70 Meter hoch. Jeder der Transporter, von denen der schwerste laut Bohnet-Projektleiter Kevin Knaub ein Gesamtgewicht von 416 Tonnen hat und der längste 66 Meter misst, bekommt sein eigenes Begleitfahrzeug. Dazu sichert die Polizei alles ab. Nicht aus den Augen gelassen wird diese Karawane zudem von Martin Hauschild und Christoph Linke von der H&L Consulting OHG Leipzig, die das Projekt Wiederaufbau der Anlage am zukünftigen Standort in Asien betreuen.
Vor allem die Höhe der riesigen Bauteile macht die Route von Anfang an kompliziert
Vor allem die Höhe der riesigen Bauteile macht die Route von Anfang an kompliziert. Brücken sind tabu. So geht es nicht einfach von Leuna aus auf der B91 nach Merseburg, weil die Durchfahrt unter der Brücke an der Spinne in der Kreisstadt nicht möglich ist. Schon am Anfang muss deshalb ein großer Umweg über Feldwege bis Beuna, die dortige Burgenlandbahn-Strecke und Merseburg-Süd genommen werden. Die Straßenbahnlinie 5 fährt an diesem Tag extra nicht nach Süd, weil der Fahrstrom sicherheitshalber abgeschaltet werden muss.
Mehrere mobile Straßen sind auf der weiteren Route verlegt oder aufgeschottert worden. Teils geht es nur rückwärts durch Engpässe. Gerade bei Ortsdurchfahrten erweist sich so manche Dorfstraße als Nadelöhr. Das Speziallogistikunternehmen Epilog aus Hamburg hat aber als Generalunternehmer alles durchdacht. Auch das Manövrieren unter einer großen Stromtrasse. Dafür kann die Ladung auf den Lastern hydraulisch abgesenkt werden.
Konvoi übernachtet am Parkplatz Pappelgrund an der A143
In der Nacht ist die erste Etappe geschafft, wenn auch viel später als laut Zeitplan angedacht. Der Konvoi übernachtet am Parkplatz Pappelgrund an der A143. Ab Sonntag folgt der Rest der Strecke bis zum Hafen von Pfützthal. Hier ist nun bis zum Donnerstag die Verladung auf Schiffe vorgesehen, die die Chemieanlage nach Hamburg bringen. Von dort tritt sie schließlich die Reise nach Asien an. Die ersten leeren Transportschiffe hatten sich dafür schon am Freitag auf den Weg gemacht.
Kurios: auf demselben Weg, aus Japan und China, reisten die Kolonnen vor mehr als zehn Jahren auch nach Leuna an. Das irische Chemieunternehmen Quinn Chemicals plante hier eine Investition von 350 Millionen Euro, wollte 90 Jobs schaffen. Fertig geworden ist das Werk aber nie. 2013 kam das Aus. Die Finanzkrise machte dem Investor einen Strich durch die Rechnung. In Asien spielt der Weltmarkt offenbar wieder mit. (mz)