Bundestagswahl 2017 Bundestagswahl 2017: Saalekreis ohne Wahlkreis

Merseburg - Noch sind mehr als dreieinhalb Monate Zeit, bis die Wähler den neuen Bundestag bestimmen dürfen. Doch schon jetzt steht fest, dass in diesem maximal ein Abgeordneter aus dem Saalekreis sitzen wird – und das auch nur, wenn AfD-Kandidat Uwe Scheidemann aus Teutschenthal das Direktmandat im Wahlkreis 74 erringt. Siegt dort ein anderer Kandidat, so bleibt der Bundestag, wie er war: saalekreisfrei.
Schuld daran ist ein altes Problem, mit dem der Saalekreis seit seiner Gründung zu kämpfen hat: Er hat keinen eigenen Wahlkreis. Sein Gebiet teilt sich gleich in drei Wahlkreise auf. In allen bilden die Saalekreisgebiete jedoch den kleineren Teil. Wahlkreis Nummer 72 wird dominiert von Halle. Lands- und Petersberg sind hier eher schmückendes Beiwerk.
Merseburg und Querfurt teilen sich Wahlkris 74 mit Mansfeld-Südharz
Merseburg und Querfurt teilen sich die 74 mit Mansfeld-Südharz. Und Schkopau, Leuna, Bad Dürrenberg sind im Wahlkreis 73 gegenüber dem Burgenlandkreis in der Minderzahl. In den drei Nachbarkreisen finden sich auch die Wahlkreisbüros der jeweiligen Abgeordneten. Das erschwert den Mandatsträgern Zugang zu den Problemen der hiesigen Bürger und umgekehrt den Saalekreislern den direkten Kontakt zu ihren Vertretern.
„Die Situation ist ungerecht, wenn man die Bedeutung des Saalekreises sieht“, klagt dessen Chef Frank Bannert (CDU). Die Juniorrolle in den jeweiligen Wahlkreisen macht es den Saalekreisverbänden der Parteien fast unmöglich, ihre Kandidaten durchzusetzen, „Die Direktkandidaten kommen meist aus dem großen Gebiet“, sagt der Landrat.
Kandidat im Wahlkreis braucht möglichst großen Bekanntheitsgrad
Das hat zwei Kerngründe: Zum einen brauche der Kandidat im Wahlkreis einen möglichst großen Bekanntheitsgrad, zum anderen richte sich der Proporz auf den innerparteilichen Nominierungsversammlungen nach dem jeweiligen Anteil der Kreise.
Just an dieser Verteilung zugunsten von Mansfeld-Südharz scheiterte etwa auch Linken-Kreischef Alexander Sorge beim Versuch, Direktkandidat für den Wahlkreis 74 zu werden. Er unterlag entsprechend der jeweiligen Stimmenanteile gegen den Sangerhäuser Uwe Zobel. Dessen Parteifreund Roland Claus, scheidender Abgeordneter für den Wahlkreis 73, sieht dennoch keine Benachteiligung für den Saalekreis, räumt allerdings ein: „Natürlich ist es leichter, wenn man einen direkten Zugriff hat.“
Enge Zusammenarbeit mit der Kreistagsfraktion
So sei es aber wichtig, dass sich der jeweilige Abgeordnete einarbeite und eine enge Zusammenarbeit mit der Kreistagsfraktion pflege, um über die Themen vor Ort informiert zu sein. Vor allem mit dem Chemiestandort Leuna habe er aber ständig zu tun, sagt Claus.
Damit leben lernen ist auch die Devise von Bannert. Und das sei dem Kreis geglückt. „Wir haben einen engen Kontakt zu allen Abgeordneten in den Wahlkreisen. Wir müssen aus der Not halt eine Tugend machen.“ Natürlich wäre es schön, wenn der Kreis einen eigenen Wahlkreis hätte, aber das sei angesichts der Lage mathematisch nicht möglich, sagt Bannert und fügt selbstbewusst hinzu: „Wären wir ein unbedeutender Kreis, würden wir darunter leiden. Aber das sind wir dank unserer wirtschaftlichen Stärke eben nicht.“
Und so dürfte der Landrat in Wahlkreis 74 statt seinem Kreisbewohner Scheidemann lieber Parteifreund Torsten Schweiger aus Sangerhausen die Daumen drücken. (mz)