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Blindgänger aus Zweitem Weltkrieg Blindgänger aus Zweitem Weltkrieg: Fallende Pegel offenbaren die Gefahr im Flussbett

Von Michael Bertram 08.08.2018, 06:23
Experten des Kampfmittelräumdienstes bei einer alten Fliegerbombe in Leuna.
Experten des Kampfmittelräumdienstes bei einer alten Fliegerbombe in Leuna. A. Vösterling

Leuna - Die fallenden Pegel an den Flüssen und Bächen offenbaren inzwischen eine neue Gefahr: Denn wenn das Wasser weicht, kommen auch vermehrt Kampfmittel aus dem Zweiten Weltkrieg zum Vorschein. „In der Tat haben wir bislang schon 25 Einsätze aufgrund entsprechender Wasserfunde verzeichnet“, sagt Grit Merker, Pressesprecherin beim zuständigen Technischen Polizeiamt in Magdeburg.

Zum Vergleich: Im gesamten Vorjahr seien es nur zwölf Einsätze gewesen, bei denen Sprengstoffexperten ausrücken mussten, weil in Flussläufen Fliegerbomben oder Minen im wahrsten Sinne des Wortes aufgetaucht waren. Auch im Saalekreis ist die Gefahr groß, auch wenn keiner der bisherigen Funde hier gemacht wurde, wie Merker sagt.

Im Zweiten Weltkrieg über Leuna bis zu 80.000 Bomben aus Flugzeugen abgeworfen

Allein für den Raum Leuna gilt als sicher, dass während der Luftangriffe im Zweiten Weltkrieg bis zu 80.000 Bomben aus Flugzeugen abgeworfen wurden. 15 bis 20 Prozent, davon gehen Experten aus, sind jedoch nie detoniert. Sie schlummern noch immer im Boden oder eben in Gewässern im nicht näher definierten Bereich. Während viele Blindgänger bei Feld- oder Bauarbeiten auch Jahrzehnte nach Kriegsende noch gefunden werden, bleiben Kampfmittel, die zufällig in Gewässern wie der Saale runtergekommen sind, unentdeckt.

Im Juni 2014 war beispielsweise eine russische Panzermine von einem Kind am alten Saalearm in Leuna gefunden wurden. Ob sie schon immer dort lag oder durch das Hochwasser 2013 angespült wurde, war unklar. Auf jeden Fall war die Mine bereits stark korrodiert und hochgefährlich.

Die enorme Hitze und Trockenheit haben an der Saale bei Leuna für einen neuen Rekordpegel gesorgt. Am Dienstagnachmittag, 15 Uhr, betrug der Wasserstand am Pegel in Leuna-Kröllwitz nur noch 16 Zentimeter. Am Montagmittag wurden laut Angaben auf der Internetseite des Landesbetriebs für Hochwasserschutz und Wasserwirtschaft (LHW) zwischenzeitlich sogar nur noch elf Zentimeter Wasser in dem Bereich gemessen. Vor einem Jahr stand das Wasser mehr als dreimal so hoch.
Der bisherige Negativrekord der Saale in Leuna war mit 20 Zentimetern am 16. September 2016 gemessen worden. Im August 2015 sank die Saale an der Stelle noch einmal auf rekordverdächtige 27 Zentimeter. Beide Werte werden nun schon seit Tagen deutlich unterboten.
An der Weißen Elster stellt sich die Situation noch etwas anders dar. Mit 99 Zentimetern war am Pegel Oberthau am 6. Juli 2001 ein Wasserstand von lediglich 99 Zentimetern registriert worden. Am Dienstagnachmittag, 15 Uhr, wurde am Pegel ein Wasserstand von 112 Zentimetern gemessen - hier herrscht also noch Luft nach unten. Aber auch an der Weißen Elster sank der Wasserstand bereits am Montag auf nur noch 107 Zentimeter. Aussagen zu Qualität des Wassers, insbesondere im Hinblick auf Sauerstoffgehalt und Algenwachstum machte die Internetseite des LHW nicht.

„In welchem Zustand sich die Kampfmittel befinden, können nur die Experten vor Ort einschätzen“, mahnt Grit Merker. Sollten also etwa Spaziergänger entsprechende Entdeckungen machen, sollten sie die Polizei informieren, die dann alles weitere unternimmt, um die Lage abzuklären. „Auf keinen Fall sollte man die Gegenstände anfassen.“

Gezieltes Absuchen von Munition für Polizeikräfte nicht möglich

Dass die Gefahr bei Wasserfunden aufgrund der ständigen Feuchtigkeit höher ist, will Merker so nicht bestätigen. „Auch Blindgänger auf Feldern sind solchen Bedingungen über Jahre hinweg ausgesetzt und können teils starke Beschädigungen aufweisen“, wie sie sagt. Je nach Lage und Zustand der Funde entscheiden die Experten des Kampfmittelräumdienstes, ob die Gegenstände überhaupt bewegt werden können. Sei dies nicht möglich, bleibe nur die Entschärfung beziehungsweise Sprengung vor Ort.

Aufgrund der zahlreichen Flusskilometer im Land sei ein gezieltes Absuchen in diesen Wochen für die Polizeikräfte allerdings nicht möglich. „In der Regel bekommen wir die Hinweise tatsächlich aus der Bevölkerung, weil zum Beispiel bei Spaziergängen in Flussnähe entsprechende Entdeckungen gemacht wurden“, sagt Merker. Der größte Teil der Wasserfunde werde in der Elbe und in kleineren Bächen gemacht, wie es hieß. (mz)