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Baseball Baseball: Der Koch mit dem Metallarm

Von JAKOB MASCHKE 19.07.2011, 16:29

BRAUNSBEDRA/MZ. - "Puta!", flucht der Batter (Schlagmann) mit dem weißen Trikot und der roten Nummer drei über das Feld - "Verdammt!". Yoenys Valera Simón kann es nicht fassen, er trifft heute einfach keinen Ball mit seinem gelben Baseballschläger aus Aluminium. "Das ist ungewöhnlich für ihn, denn er ist zusammen mit einem Leipziger laut Statistik der beste Batter der Liga", erzählt Manager Daniel Nestke.

Doch heute läuft es auch für den angehenden Koch aus Kuba nicht rund, so wie für sein Team, die Braunsbedra Coalminers, schon während der gesamten Saison. "Wir haben einfach jedes Wochenende Probleme, die Mannschaft überhaupt vollzukriegen. Manchmal hilft sogar der Manager aus. Da kann man sich natürlich schlecht einspielen", schildert Betreuerin Kristin Winkler das Dilemma.

Seit sie gegen den heutigen Gegner und Tabellenführer, die Leipzig Wallbreakers, zu Beginn der Saison ihr einziges Spiel gewonnen haben, hagelte es nur noch Niederlagen. "Wir können zum Glück nicht absteigen, denn die Liga unter uns dient als Aufbauliga", sagt Winkler.

Von Hollywood-Film inspiriert

In der Mitteldeutschen Baseball-Liga ist die kleine Stadt am Geiseltalsee zweifelsohne der Exot, die anderen Teams kommen aus Magdeburg, Dresden, Leipzig und Erfurt. Exotisch klingen auch die Anfänge des Vereins: "Mein Mann Torsten und sein Zwillingsbruder Karsten haben mit ihrem Cousin Marco Anfang der Neunziger den Hollywood-Film 'Die Indianer von Cleveland' gesehen. Sie waren dermaßen begeistert vom Baseballspiel, dass sie es unbedingt selbst machen wollten", erinnert sich Kathrin Großer. Ihr Mann und die beiden anderen eigneten sich die Regeln an und besorgten sich Equipment im Spielzeugladen. Mit einer Hand voll Mitstreitern kletterten sie über den Zaun des SV Braunsbedra und wollten spielen, wurden aber zunächst von Verantwortlichen des Sportvereins gestoppt. Doch die Unentwegten konnten deren Zweifel schnell beseitigen und durften eine eigene Vereinsabteilung bilden. Am 18. März 1993 waren die Braunsbedra Coalminers geboren.

18 Jahre später sind die drei Gründerväter des Baseballs im Saalekreis immer noch mittendrin statt nur dabei. Torsten Großer, mittlerweile 39, ist dafür zuständig, hinter dem gegnerischen Schlagmann die Bälle zu fangen - sofern sie durchkommen. Gegen Leipzig passiert das leider relativ selten. Die Bälle von Pitcher (Werfer) Frank Heinecke, den alle nur "Bunny" rufen - "wegen seiner Hasenzähne und weil wir drei Franks im Team haben", wie Manager Nestke schmunzelnd erklärt - werden häufig zur leichten Beute der Leipziger Baseballschläger.

Internationales Familienteam

"Der Pitcher hat den schwersten Job. Er muss im Idealfall auf 18 Meter Entfernung immer wieder einen Schuhkarton treffen - nicht hinein, sondern auf die Kanten, damit der Batter den Ball nicht trifft", versucht Kristin Winkler eine Vorstellung von den Anforderungen zu vermitteln. "Die Werfer sind die, denen auf dem Rummel das Dosenwerfen verboten wird", fügt Daniel Nestke grinsend hinzu, während er den Punktestand einträgt. Der ist eindeutig: 3:16 verlieren die Coalminers das erste, 7:14 das zweite Spiel gegen die Leipzig Wallbreakers. Der letzte Platz steht damit fest - vier Spiele vor Saisonende. "Es ist trotzdem schön, dass wir uns gegen so starke Mannschaften jedes Jahr beweisen können", sagt Winkler und grillt nebenbei Würstchen für Spieler und Zuschauer.

Ohnehin herrscht beim Baseball in Braunsbedra eine familiäre Atmosphäre mit internationalem Flair. "Wir haben neben Deutschen Spieler aus Kuba, Nicaragua, Ecuador, Kolumbien und Panama", zählt Daniel Nestke auf, "zum Teil spielen auch schon deren Söhne mit". So wie Florian Großer. Der 15-Jährige ist eigentlich Fußballer, aber mit seiner Schnelligkeit erläuft er für die Coalminers so manchen gegnerischen Ball. Mutter Kathrin strahlt: "Für Torsten war es der größte Traum, in einem Team mit unserem Sohn zu spielen."