Ärger über Wassergebühren Ärger über Wassergebühren: Einwohner sollen für Regenentwässerung nachträglich zahlen

Petersberg - Als Karsten Kunze kurz vor dem Jahreswechsel einen Brief aus dem Postkasten holt, traut er seinen Augen kaum. Der Wasser- und Abwasserzweckverband Saalkreis (WAZV) will für die Niederschlagsentwässerung seines Grundstücks in Kütten (Gemeinde Petersberg) rund 135 Euro haben. Das wäre eigentlich nicht ungewöhnlich - doch Kunze leitet überhaupt kein Regenwasser ein und die Gebühren soll er rückwirkend für das Jahr 2015 bezahlen.
Wie ihm geht es Tausenden Einwohnern in Petersberg, Landsberg und Salzatal, wie der WAZV auf MZ-Anfrage bestätigt. Insgesamt 3.200 Kostenbescheide hat der Verband Ende 2019 für die Niederschlagswasserentsorgung verschickt. Ungewöhnlich ist die hohe Zahl derer, die Widerspruch einlegten: 1.200 Grundstücksinhaber sind mit den Gebühren nicht einverstanden - also ein Drittel.
„Ich habe ein Grundstück, das gar kein Regenwasser in einen Kanal leitet“
Auch Kunze kann die Forderung nicht nachvollziehen. „Ich habe ein Grundstück, das gar kein Regenwasser in einen Kanal leitet. Das Wasser läuft in einen Teich und einen Sickerschacht auf meinem Gelände“, sagt er. Er legte Widerspruch ein, weil dem WAZV durch ihn keine Kosten entstehen würden.
Auch sein Nachbar Uwe Lißmann ist betroffen. Er sehe ein, dass Gebühren fällig werden, störe sich aber an der Art und Weise, wie der WAZV aufritt. „Die Zahlen in dem Bescheid haben weder Hand noch Fuß. Der Verband hat die Zahlen schnell reingeschrieben, um die Bescheide noch vor Jahresende verschicken zu können und damit die Frist zu wahren“, sagt er. So seien etwa die Berechnungen der für die Gebühr maßgeblich versiegelten Flächen willkürlich geschehen.
Grundstücksdaten für einige Ortsteile fehlen
Der WAZV bestreitet nicht, dass Grundstücksdaten für einige Ortsteile fehlen. Gewöhnlich würden die Daten im Geoinformationssystem für die Flächenberechnung verwendet. Dafür würden die Anschlussnehmer einen Bogen zugeschickt bekommen, den sie prüfen. Allerdings sei in gerade einmal fünf Ortsteilen, etwa in Beesenstedt und Höhnstedt, auf diesem Weg die Fläche erfasst worden.
In mehr als zwei Dutzend Orten stehe die Flächenerfassung noch aus - darunter in Kütten. „In diesen Ortsteilen haben die Bescheide vorläufigen Charakter“, teilt der WAZV mit. Die Eigentümer noch nicht erfasster Grundstücke bekommen in diesem Jahr die entsprechenden Bögen. Auch zur Frage, warum Anwohner zahlen sollen, die gar kein Regenwasser einleiten, positioniert sich der Verband.
Vor Ablauf des Jahres 2019 mussten die Bescheide verschickt werden
„Die Zahlung einer Niederschlagswassergebühr ist dann zu leisten, wenn vom Grundstück des Anschlussnehmers eine Ableitung in die Kanalisation besteht“, heißt es. Es spiele keine Rolle, ob etwa im Sommer mit dem Wasser Blumen gegossen werden und es so nicht eingespeist wird. „Anders als bei der Schmutzwassergebühr ist für die Veranlagung einer Niederschlagswassergebühr nicht die tatsächlich zugeführte Jahresmenge ausschlaggebend, sondern die Möglichkeit, dass der Kanal jederzeit in Anspruch genommen werden kann.“
Doch warum verlangt der WAZV so viele Jahre später Gebühren für 2015? Man habe die Aufgabe der Niederschlagsentwässerung von „vorherigen Aufgabenträgern“ übernommen und keinerlei Unterlagen für eine Veranlagung der Gebühren übernommen. „Nach Übertragung der Verantwortung auf den WAZV musste dieser zunächst die technischen und personellen Voraussetzungen schaffen“, so der Verband. Vor Ablauf des Jahres 2019 mussten die Bescheide tatsächlich verschickt werden, weil sie sonst verjährt wären. (mz)