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102 Trucker und ein Autohaus 102 Trucker und ein Autohaus: Bei diesen Firmen im Kreis sitzen Frauen im Chefsessel

08.03.2021, 10:44
Mandy Wasikowski ist Regional-Transport-Managerin bei Hoyer. Anke Graßhoff ist Geschäftsführerin der Autohaus Querfurt GmbH.
Mandy Wasikowski ist Regional-Transport-Managerin bei Hoyer. Anke Graßhoff ist Geschäftsführerin der Autohaus Querfurt GmbH. Undine Freyberg und A. Losack

Schkopau/Querfurt - Sollte der Frauentag überall in Deutschland ein gesetzlicher Feiertag sein, so wie in Berlin? „Ich weiß nicht, ob wir das brauchen. Aber ein wenig mehr Wertschätzung für arbeitende Frauen wäre schon schön“, sagt Mandy Wasikowski, Regional-Transport-Managerin bei der Firma Hoyer. Sie selbst kann sich nicht beschweren. „Hallo, Lieblingschefin“, hört sie immer mal, wenn ihre Männer zwischen den Touren ins Büro kommen.

Chefin ist seit 25 Jahren im Speditionsbereich tätig

102 Brummi-Fahrer an verschiedenen Standorten hören, salopp gesagt, auf ihr Kommando, 42 allein am Standort Schkopau. An 365 Tagen im Jahr und rund um die Uhr fahren die Männer mit ihren Tanklastzügen Gase  zu Kunden zwischen  Ostsee und Bayern. Sie transportieren medizinischen und normalen Sauerstoff, Stickstoff oder Wasserstoff.  Die Lieferungen sorgen dafür, dass  Kranke beatmet werden können und dass in Kinos oder bei McDonald’s die Cola blubbert.

Mandy Wasikowski ist seit 25 Jahren im Speditionsbereich tätig, seit 1. Januar 2019 ist sie Niederlassungsleiterin bei Hoyer. Ihr Vorgänger war ein Mann. „Vielleicht mussten sich manche daran gewöhnen, aber nicht, weil ich eine Frau bin, sondern weil ein neuer Chef kam“, lächelt die gelernte Industriekauffrau, die fast immer diesen Gesichtsausdruck trägt. Die Stimmung  in der Firma sei angenehm. Auf ihre Disponenten, darunter eine Frau, sei immer Verlass. „Wenn Not am Mann ist,  spring ich auch mal ein und bin dann um fünf zur Frühschicht da und mache mit“, erzählt die Grimmaerin.

Tolles Betriebsklima - die Tür steht immer offen

Die Fahrer melden sich auch einfach mal zwischendurch, wenn sie auf Tour sind. „Mancher will einfach fragen, wie es mir geht, weil wir uns lange nicht gesprochen haben. Das ist schon schön.“ Und manchmal muss ihr auch der eine oder andere  Trucker sein Herz ausschütten.  „Sie wissen alle: Wenn meine Tür offen ist, kann man auch reinkommen. Und dann sitzen wir und reden“, so die zweifache Mutter. Der eine mache  sich Sorgen, weil sein Kind lange nicht in die Schule gehen konnte, bei dem anderen ist die Frau in Kurzarbeit.

Wieder andere fragen sich, ob es die Branche auch treffen könnte.  „Aber wir reden auch darüber, was am Wochenende ansteht, und im Sommer kriege ich Tipps fürs Grillen oder auch mal das Rezept für Speckkuchen“, freut sich Wasikowski. Klingt nach einem tollen Betriebsklima. Gibt’s freie Stellen? „Für Fahrer ja.“ Und Fahrerinnen? „Dann müsste ich eine extra Umkleide bauen lassen. Aber das würde ich machen“, verspricht sie.

Tochter leitet seit zehn Jahren das Familienunternehmen 

Auf ein  „tolles Team mit fachlicher Kompetenz“ verweist  auch   Anke Graßhoff, die 52 Jahre alte Geschäftsführerin der Autohaus Querfurt GmbH.  Unter anderem auch deshalb habe es für sie keine Probleme gegeben, nach ihrer jahrelangen Filialleiter-Tätigkeit  bei zwei Banken das Autohaus ihres Vaters Joachim Gottschalk zu übernehmen.

Vor 30 Jahren hatte dieser den Kfz-Betrieb, der zu DDR-Zeiten in den Verbund des Kraftfahrzeug-Instandsetzungswerkes Halle eingegliedert war, gekauft und anschließend die Partnerschaft mit dem Automobilhersteller Renault und dessen Modellpalette für Pkw, Nutzfahrzeuge und Trucks begonnen. Seit gut zehn Jahren leitet nun seine Tochter, die nach dem Abi Betriebswirtschaft studiert hat, die Firma, die momentan  insgesamt  17 Mitarbeiter in Werkstatt, Kundendienst, Service, Verkauf und Verwaltung hat.

Chefin des Autohauses hat Wechsel in die Branche nicht bereut

Den Vertrag für die Trucks habe sie verloren, was mit einer Übernahme bei den Herstellern zusammenhing, berichtet Graßhoff. „Das war eine schwierige Sache für uns. Aber wir konnten die Umsatzverluste durch den Ausbau der Transportersparte gut kompensieren.“ Ihr Unternehmen habe zu  50 Prozent gewerbliche Kunden, die aus der Region und der weiteren Umgebung kommen, und zu 50 Prozent Privatkunden. Die Qualitätsstandards zu erfüllen, damit die Kunden zufrieden sind, nennt sie neben Personalführung und -gewinnung als eine ihrer Hauptaufgaben.

Außerdem seien Vorgaben vom Partner Renault zu erfüllen. „Wir haben im vergangenen Jahr sehr viel investiert, die ganze Ausstellungshalle wurde renoviert“, berichtet die Geschäftsführerin,  die, sobald es wieder erlaubt ist, eine Einweihungsfeier machen will. Die Branche zu wechseln, das Autohaus zu übernehmen, „habe ich  nicht bereut“, sagt Anke Graßhoff. Sie führe das, was ihr Vater begonnen hat, ebenso erfolgreich weiter. (mz)