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Rübeländer Baumannshöhle Rübeländer Baumannshöhle: Neuer Glanz für die Unterwelt

Von Katrin Löwe 30.04.2008, 19:10

Rübeland/MZ. - Millimeter sind es. Sieben in 20 Jahren, um die Stalaktiten und Stalagmiten - von oben und von unten wachsende Tropfsteine - in den Rübeländer Tropfsteinhöhlen größer werden. Nicht ein Millimeter war es also in den vergangenen 18 Monaten. Geologisch gesehen ein Nichts - für Gudrun Hübenthal aber war die Zeit ein Auf und Ab zwischen Schock, Bangen und Erleichterung. Ende 2006 galt der Eingangsbereich der Baumannshöhle als einsturzgefährdet. Nun ist die Gefahr gebannt, ein Harzer Wahrzeichen zu verlieren. Umbau und Sanierung der Vorhalle sind seit gestern beendet.

Job als Familientradition

Seit 33 Jahren führt Hübenthal (54) wie schon ihre Mutter und Großmutter Besucher durch die Baumannshöhle. Es ist die älteste Schauhöhle Deutschlands - eine glitzernde Wunderwelt, die bereits seit 1500 befahren wird und in der seit 1646 Führungen belegt sind. Selbst Goethe tauchte hier mit Tranfunzel und Fackel in die Unterwelt ab und schwärmte von der "Mutter aller Schauhöhlen". Eine Faszination, die Gudrun Hübenthal teilt. Schon als Schülerin hat sie in den Ferien darin gearbeitet, später kam die gelernte Dekorateurin zurück. "Hier ist man alles: Führer, Lehrer, Schauspieler", sagt sie. Ein Leben ohne Höhle: undenkbar. Daran ändert Stress - zu DDR-Zeiten kamen immerhin eine halbe Million Besucher jährlich - ebenso wenig wie der im Sommer schwer zu verkraftende Temperaturunterschied zwischen unterirdischen acht und oberirdischen 40 Grad.

Nur an die dunklen Wolken über den einzigartigen Grotten im Ostharz mag Gudrun Hübenthal nicht mehr denken. Ende 2006 bangte sie um Job und Höhle. "Es war ein Schock", erinnert sich auch Architekt Jörg Gardzella an die Statikprüfung, bei der ein Schraubendreher fast widerstandslos in den verrosteten Stahlträgern versank, die die Decken im Eingangsbereich der Höhle stützten. Einsturzgefahr - die Schließung war unumgänglich. Nur über einen provisorischen Eingang waren später doch noch Führungen und Festspiele möglich.

Anderthalb Jahre darauf zeigt sich die Vorhalle in neuem Glanz. Eine freigelegte Felswand, Licht- und Wassereffekte stimmen Besucher auf die mystische Tropfsteinwelt ein, Glaskuppeln in der Decke lassen den Raum im Sonnenlicht erstrahlen. Und Rübeländer Marmor, da ist sich der zweite Architekt Heinz Gardzella sicher, würde selbst den an einzigartige Bauwerke gewohnten Scheich von Dubai neidisch werden lassen. Klar, dass bei der gestrigen Wiedereröffnung auch Ministerpräsident Wolfgang Böhmer (CDU) angemessen beeindruckt war.

740 000 Euro sind in Sanierung und Umbau des Eingangs geflossen, sagt Cathleen Hensel, Chefin des kommunalen Eigenbetriebes "Rübeländer Tropfsteinhöhlen". 80 Prozent kamen von Europäischer Union, Bund und Land, der Rest von der Stadt Elbingerode und Sponsoren. Hensel hofft, dass die Zeit der Probleme nun vorbei ist. 2004 / 2005 erst war die benachbarte Hermannshöhle wegen einer Hangsanierung gesperrt. Die Besucherzahl brach ein. 2007 kamen 190 000 Gäste. "Wir hoffen, dass es wieder mehr werden", sagt sie.

Leben von Tourismus

Für die Region ist Tourismus die Haupteinnahmequelle. "Ohne Höhle würde hier nicht eine Gaststätte überleben", sagt Andreas Flügel, Bürgermeister der Stadt Elbingerode, zu der Rübeland gehört. Zu den Höhlenbesuchern kommen rund 50 000 Gäste in zwei Schaubergwerken - und 60 000 Übernachtungen jährlich in der Einheitsgemeinde. Die Höhlen sind es, die den Gewinn erwirtschaften, um den gesamten Tourismusbetrieb wirtschaftlich gestalten zu können, sagt er. "Schließung? Undenkbar."

All die Stalagmiten und Stalaktiken dürfen also weiter bewundert werden und wachsen. Und Gudrun Hübenthal kann wieder lächeln, wenn sie die Geschichte des 80-jährigen Besuchers erzählt, der über ein an eine kriechende Schildkröte erinnerndes Gesteinsgebilde sagte: "Die habe ich schon vor 50 Jahren gesehen und sie ist noch keinen Zentimeter weitergekommen."