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Religion Religion: Leben als Bahai in Sachsen

Von Martin Donath 03.12.2011, 11:36
Die Mitglieder der «Bahai» Glaubensgemeinschaft, Kathrin Schiessl und Christian Milbradt, posieren vor dem Bahai Zentrum Leipzig. (FOTO: DAPD)
Die Mitglieder der «Bahai» Glaubensgemeinschaft, Kathrin Schiessl und Christian Milbradt, posieren vor dem Bahai Zentrum Leipzig. (FOTO: DAPD) dapd

Leipzig/dapd. - Christian Milbradt ist seit zehn JahrenBahai. «Wir verstehen uns als Einheitsreligion. Wir glauben an dieEinheit Gottes, der Religionen und der Menschheit», erklärt der33-Jährige seinen Glauben. Ziel der Bahai sei es, tolerant und mitklarem Verstand zu leben, sagt er weiter. Deshalb würden sie nichtnur ihren Religionsstifter Bahaullah verehren, der vor 150 Jahren imIran predigte, sondern auch Jesus und Mohammed.

In Sachsen sind die Bahai eine religiöse Minderheit mit nur etwa80 Gläubigen. Sie alle glauben an einen Gott, der sich für sie inBahaullah offenbart hat. Von Bahaullah dürfen die Gläubigen keinBild haben, sondern nur dessen persische Schriften in deutscherÜbersetzung lesen, wie es auch im Islam üblich ist. Deutschlandweitgibt es 5.000 Bahai, weltweit sind es etwa acht Millionen. Vor allemin den USA, Indien und Afrika leben sie. Sie versammeln sichweltweit im 19-Tage-Turnus zum Gottesdienst, der deshalb auch«Neunzehntagefest» heißt. Priester gibt es nicht.

Bei den Bahai sei sie «hängen geblieben», weil sie die Gebote derReligion nicht einengend, sondern inspirierend fand, sagt die28-jährige Medizinstudentin Kathrin Schießl, die derGlaubensgemeinschaft seit einem Jahr angehört. Für ein tieferesVerständnis habe auch ihre christliche Erziehung gesorgt. Zugleichschätzt sie das Alkoholverbot, das für Bahai gilt und für Reinheitsorgt. Viele Bahai leben zudem vegetarisch - wie sie selbst auch.

Zwtl.: Die Bahai missionieren nicht

Den Vorwurf, die Bahai seien eine Sekte, weist Milbradt zurück.Das genaue Gegenteil sei der Fall, sagt auch der LeipzigerReligionswissenschaftler Heinz Mürmel. Er hat die Geschichte dersächsischen Bahai erforscht und ist mit vielen Gläubigen befreundet.«Bei unseren Gesprächen hat mich noch nie jemand zu missionierenversucht», erzählt er. Mit Blick auf den Gründer der Bahai, der einMuslim war, urteilt Mürmel: «Wenn man die Bahai noch heute alsislamische Sekte einschätzt, ist das so sinnvoll, wie wenn man dasChristentum heute noch als jüdische Sekte bezeichnet».

Doch mit dem Vorwurf, die Bahai seien keine richtigen Muslimemehr, würden sie heute in vielen islamischen Staaten verfolgt. «ImIran, unserem Ursprungsland, werden Bahai willkürlich verhaftet»,sagt Schießl. Auch einige Mitglieder der Leipziger Bahai-Gemeinde -der größten in Sachsen - seien Flüchtlinge aus dem Iran. Die meistender sächsischen Bahai seien aber Deutsche, die wie er imErwachsenenalter auf der Suche nach dem Sinn ihres Lebens zu derGemeinschaft gefunden hätten, erzählt Milbradt. Weitere Gemeindengebe es in Dresden, in Chemnitz und in Waldheim nahe Döbeln.

«Nach der Wende gab es in ganz Ostdeutschland gerade mal fünfBahai», blickt Milbradt zurück. Er ist sich sicher, dass die Bahaimehr werden. «Derzeit bekommen wir nämlich alle Kinder», erzählt derfrisch gebackene Vater schmunzelnd. Wenn seine Tochter 15 sei, dürfesie selbst entscheiden, ob auch sie Bahai werden wolle oder nicht.