Regierungserklärung Regierungserklärung: Der andere Haseloff

Magdeburg/MZ - Dieses Mal hat Hartmut Möllring aufmerksam zugehört, was sein Regierungschef Reiner Haseloff (beide CDU) zu sagen hatte. Im Jahr zuvor, als Haseloff eine Regierungserklärung zum als alternativlos bezeichneten Sparkurs hielt, hatte der gerade frisch ins Amt gekommene Wirtschafts- und Wissenschaftsminister Möllring noch während der ganzen Rede Zeitung gelesen.
Tränen waren am Mittwoch
Es war nicht der einzige Unterschied zwischen den beiden Regierungserklärungen: Während Haseloff vor einem Jahr eine Blut-, Schweiß- und Tränen-Rede hielt und den radikalen Sparkurs verteidigte, präsentierte Haseloff gestern eine ganz andere Rede. Nicht, was mangelnde Betonung und Emotionalität angeht - da blieb sich Haseloff treu. Wohl aber in den Inhalten.
Schmerzhaftes Sparen war gestern
Schmerzhaftes Sparen und Konsolidierung waren gestern (also vor einem Jahr), „jetzt fahren wird die Rendite ein. Unser Konsolidierungskurs zahlt sich aus“. Haseloff spannte anschließend einen weiten Bogen von den extrem schlechten Startbedingungen Sachsen-Anhalts nach der friedlichen Revolution ins Hier und Jetzt und arbeitete sich dabei Punkt für Punkt durch die Projekte seiner Regierung: Ganztagsschule, bessere Kinderbetreuung, Reformen bei Justiz, Polizei und Finanzverwaltung. Haseloff lobte eine geringere Schulabbrecherquote, den Erhalt der Schulsozialarbeit, sinkende Arbeitslosenzahlen und sprach von einer zufriedenen Wirtschaft.
Gleichzeitig verwies er auf das, was er in den kommenden Jahren für entscheidend bei Hochschulreform, Bildung, Kultur und Wirtschaftsförderung hält: „Qualität vor Quantität. Mehr Exzellenz, mehr Innovation, mehr Profilbildung.“ Es mache keinen Sinn, nur in die Breite zu wachsen und überall nur im Mittelfeld zu schwimmen. Insgesamt aber, so machte Haseloff deutlich, sei das Land nahezu über den Berg. Ein Jahr nur, um aus dem finanzpolitischen Entlein einen gesunden Schwan zu machen.
SPD zeigt sich überrascht
Da stutzte nicht nur die Opposition, sondern auch Haseloffs Regierungspartner SPD. Sie sei ein wenig überrascht über Haseloffs Regierungserklärung, die ja eine vorgezogene Rede zum noch zu beschließenden Doppelhaushalt sei, sagte SPD-Fraktionschefin Katrin Budde. Und legte sodann den Finger in die Wunde, indem sie den Vergleich zu Haseloffs Rede vor einem Jahr zog: „Da ging es um Ihre Rechtfertigung dessen, was Tausende Menschen zu Demonstrationen auf die Straße getrieben hat. Heute geht es darum, die schwarze Null zu präsentieren.“ Das war noch Florett, doch dann kam Budde mit dem Säbel: „Heute gab es eine Regierungserklärung, die inhaltlich eine 180-Grad-Drehung vollzogen hat“, sagte Budde. „Manchmal lohnt es sich eben doch, auf den Koalitionspartner zu hören.“
Jubelarien und rosige Zukunft
Linken-Fraktionschef Wulf Gallert hielt Haseloff derweil entgegen, er betrachte das Land durch eine „rosarote Brille“, tatsächlich seien die Zahlen bei der Wirtschafts- und Lohnentwicklung schlechter als in anderen ostdeutschen Bundesländern. Haseloffs Rede sei der „völlig untaugliche Versuch“, der Regierung einen Imagewandel zu verpassen: „Das ist ein Hin und Her zwischen Untergangsgesängen und Jubelarien.“
Auf den „Schwarz-Weiß-Wechsel“ innerhalb eines Jahres verwies auch Grünen-Fraktionschef Claudia Dalbert: „Sie weben an der Legende, Sie hätten das Land aus dem Chaos in eine rosige Zukunft geführt.“ Dabei habe sich Haseloff lediglich dem Druck der Straße gebeugt. CDU-Fraktionschef André Schröder überzeugte das nicht: „Ich hatte mich auf eine Schlacht der Argumente gefreut, doch ich erlebe Sie unbewaffnet“, sagte er zu Dalbert und Gallert.