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Regierung II Regierung II: Posten-Hängepartie zerrt an den Nerven

Von Hendrik Kranert 14.04.2006, 17:05

Magdeburg/MZ. - Donnerstagmittag, halb zwei, Kultusministerium. An seinem Schreibtisch saß einsam Staatssekretär Wilfried Willems (CDU) vor einem Aktenstapel. Doch zum Arbeiten fehlte Willems die Konzentration - sein Blick wurde immer wieder hinaus auf die Elbe gezogen. Der 57-Jährige Lehrer, vor vier Jahren noch Leiter eines Gymnasiums, machte sich Gedanken über seine berufliche Zukunft. Die wurde derweil zwei Kilometer elbaufwärts diskutiert.

Für die CDU war Willems Verhandlungsführer in der Arbeitsgruppe Bildung. Jetzt muss er um seinen Staatssekretärposten fürchten: Falls Kultusminister Jan-Hendrik Olbertz durch einen Sozialdemokraten abgelöst wird, muss wohl auch Willems gehen. In der Staatskanzlei war am Donnerstag der Koalitionsausschuss ein letztes Mal zusammen getreten, um über Verteilung, Zuschnitt und Besetzung der Ministerien zu entscheiden. So dachte man zumindest. Das Kultusministerium gilt als Schlüsselressort: Die SPD hätte es gerne, die CDU will es behalten. Verkompliziert wird die Sache dadurch, dass der jetzige Minister Olbertz parteilos ist.

Das stößt einigen in der CDU sauer auf. Stand das Festhalten von Ministerpräsident Wolfgang Böhmer (CDU) an Olbertz womöglich doch noch auf der Kippe? Willems sprach von einer "Hängepartie". "Bei diesem Poker werden viele Kräfte verschlissen und Menschen beschädigt", so Willems. Würde er am Abend noch Staatssekretär sein oder im vorzeitigen Ruhestand?

Die Spekulationen trübten Willems ein bisschen die Freude an den "konstruktiven und harmonischen Verhandlungen". Er sei überrascht gewesen über die angenehme und freundliche Atmosphäre bei den Gesprächen. Das bestätigte auch SPD-Verhandlungsführer Jens Bullerjahn, der wiederum überrascht war, wie gut es der Arbeitsgruppe Bildung gelang, die meisten Knackpunkte auszuräumen. Das sei, angesichts des schlechten Starts der Arbeitsgruppe (die MZ berichtete), nicht zu erwarten gewesen.

Böhmer wiederum adelte das Verhandlungsergebnis der Kultusleute auf seiner Art: Er sei "mit ungeheurer Konzentration" das umfangreichste aller Arbeitsgruppen-Papiere Punkt für Punkt durchgegangen. Sowohl Böhmer als auch Bullerjahn lobten die Arbeitsgruppe in den höchsten Tönen. "Das tat richtig gut", reagierte Willems. Das Studium des Bildungspapiers nahm denn auch nicht eine halbe, sondern fast dreieinhalb Stunden in Anspruch. Soviel Zeit benötigten die Koalitionäre sonst nur noch für den strittigen Bereich Inneres.

Böhmer gönnte dem Koalitionsausschuss kaum Pausen: "Ab und an haben wir uns ein halbes Brötchen oder einen Keks zwischendurch reingeschoben", erzählte ein Ausschussmitglied. Nur alle zwei Stunden gab es eine Raucherpause. Die allerdings auch für hektische Telefonate in Parteizentralen und mit persönlichen Mitarbeitern genutzt wurden. Mit dem Ende der Tagesschau vertagte sich am Mittwoch auch der Koalitionsausschuss. Die Stimmung war auf beiden Seiten ausgezeichnet. Und wenig später drangen auch die ersten Nachrichten über den Ausgang der Verhandlungen nach draußen: Alles abgeräumt, hieß es. So ganz stimmte das wohl nicht, wie der nächste Tag zeigen sollte.

Zwar trafen sich die fünf CDU- und fünf SPD-Koalitionäre wie verabredet, doch die Personalfragen blieben - anders als angekündigt - weiterhin ungelöst. Für Kultusstaatssekretär Winfried Willems begann ein Osterwochenende voller Ungewissheit.