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Rechtschreibreform Rechtschreibreform: Im Dschungel der Regeln

31.07.2006, 18:01

Halle/MZ. - Michael Schädlich

Vier Fehler. Michael Schädlich hat im Beispieltext der Rechtschreib-Experten unter anderem den Rauhhaardackel so stehen lassen. Obwohl der gute Hund ja jetzt mit einem h weniger auskommt als bisher. Schädlich möchte auch weiterhin spazierengehen - das wird nach den neuen Regeln allerdings getrennt geschrieben. Gestolpert ist er über die Schreibweise von Stukkateur: "Das wird doch jetzt auch anders geschrieben", grübelt er. Richtig, nämlich mit ck.

Schädlich bedauert im übrigen, dass es im Zuge der langen Reform-Debatte "keinen moralischen Respekt vor der Rechtschreibung" mehr gebe, eine gewisse Beliebigkeit habe Einzug gehalten. "Ich kenne auch kaum jemanden, der positiv über die Rechtschreibreform spricht."

Tom Wolter

Elf Fehler."... ein bißchen Buntheit...", das blaßrosa Halstuch: Tom Wolter belässt - und nicht beläßt - es bei der alten Schreibweise und liegt damit gleich mehrmals falsch. Denn nach den neuen Regeln gilt: Nach einem kurzen Vokal wird aus dem ß ein ss.

Der hallesche Schauspieler nimmt den kleinen Test mit Humor: "Das ist doch die wahre Sommerbeschäftigung." Er räumt freimütig ein: "Wenn meine Kinder nicht in der Schule mit neuen Regeln konfrontiert würden, hätte ich sehr wenig von der Debatte um das wahre deutsche Schreibtum mitbekommen." Eine Debatte, die ein Zeichen dafür sei, "dass wir keine großen, uns überzeugenden Persönlichkeiten haben, um mit einem Streich vieles für viele zu entscheiden". Stattdessen, so Wolter, "denken wir ja, es sei notwendig, uns an jedem Kram zu beteiligen, jeder sei ein Spezialist".

Debatte hin, Debatte her, jetzt gibt es neue Rechtschreibregeln. Aber wozu? Wolters Antwort: "Die Dichtung braucht die Regeln, um diese zu umgehen und zu benutzen." Klar, ohne Regeln kein Regelbruch.

Assumpta Schenkl

15 Fehler. 15 Fehler? Naja, wie man's nimmt. Assumpta Schenkl kann sich für die neue Rechtschreibung eben nicht erwärmen. Den Beispieltext in der alten Form findet sie denn auch völlig korrekt. "Ich werde immer so schreiben, wie ich es gelernt habe", sagt die Zisterzienserin. Und das, obwohl sie von Haus aus Volksschullehrerin ist. Nach ihrem Eintritt in den Orden studierte sie Germanistik und alte Sprachen und unterrichtete 30 Jahre lang am Gymnasium Seligenthal in Landshut (Bayern) unter anderem Deutsch.

Die neuen Regeln quittiert die 81-Jährige mit einem Lächeln. Dass man jetzt nicht mehr greulich, sondern gräulich schreibt, weil das von grau abgeleitet wird, kann sie nachvollziehen, mit anderen Regeln tut sie sich schwer. Aber eigentlich, sagt sie, ist ihr die ganze Reform ziemlich egal.

Marie Anne Fliegel

Sieben Fehler. Auch Tom Wolters Berufskollegin Marie Anne Fliegel hat ihre Schwierigkeiten mit ß und ss. Sie fremdelt außerdem mit der Regel, dass bestimmte Wörter jetzt vom Wortstamm abgeleitet werden: Es heißt behände - von Hand - und nicht behende. "Dabei leuchtet das ja ein", so Fliegel. Und wie sieht das Ludwig Ehrler? Den Text in alter Rechtschreibung hat die MZ auch dem ehemaligen Rektor der halleschen Kunsthochschule "Burg Giebichenstein" vorgelegt. Sein launiger Kommentar: "In Ordnung. Würde ich auch so schreiben."