Prozess um Flughafen Cochstedt Prozess um Flughafen Cochstedt: Zeuge erzählt von dubiosen Praktiken
Magdeburg/MZ. - Wo heute schwere Frachtmaschinen fliegen sollten, weiden friedlich Schafe. Ungestört sorgen sie auf dem seit elf Monaten stillgelegten Flughafen Cochstedt bei Aschersleben dafür, dass über die Riesenpleite kein Gras wächst. Darum kümmert sich jetzt auch das Magdeburger Landgericht. Seit drei Wochen steht der ehemalige Geschäftsführer der privaten Flughafenentwicklungsgesellschaft FE, Jörg Bartholomäus, vor Gericht.
Der Vorwurf: Betrug. Der 52-Jährige soll sich 1998 in finanzieller Notlage einen Kredit in Höhe von zwei Millionen Euro von der Deutschen Bank in Halberstadt erschlichen haben. Hintergrund: Der FE fehlte damals schon das Eigenkapital, um die in Aussicht gestellten rund 45 Millionen Euro Fördermittel des Landes gegenfinanzieren zu können.
Bartholomäus soll der Deutschen Bank einen gefälschten Vertrag über den Verkauf Cochstedter Flughafenflächen gefaxt haben, den er vor einem Schweizer Notar mit einem Investoren abgeschlossen haben will. Gestern sollte nun Bartholomäus' damaliger Finanzberater Albrecht Küsel Licht ins Dunkel bringen. Es ist ein trübes Bild, das Küsel von 1998 malte, als er vom sicheren Chefsessel der Deutschen Kreditbank Magdeburg mit einem Beratervertrag zur FE wechselte: Monatsgehalt 7500 Euro. Bereits abgeschlossene und avisierte Kaufverträge mit Investoren, die sich in Cochstedt ansiedeln wollten, hätten ihn von der Zukunft des Projektes überzeugt. Und wohl auch die Deutsche Bank, denn die habe einige Kaufverträge mit Millionensummen vorfinanziert.
Küsel schilderte die enge Verbundenheit des Angeklagten mit dem damaligen Leiter der Deutschen Bank Halberstadt. Nach einer gemeinsamen Schiffsreise Pfingsten '98 auf Bartholomäus' Yacht hätten sich beide geduzt. Auch er, Küsel, sei mal mitgefahren. Wie die in Genua liegende Yacht heißt, weiß Küsel nicht mehr. "Aber es gab hervorragenden Fisch an Bord." Mitte '98 habe die Bank dann sieben Millionen Euro ausgereicht. "Das hat sehr beruhigt, dass es läuft."
Z-TITEL: "Es scheiterte an Menschen, nicht am Projekt." Albrecht Küsel
Zeuge
Dann kam alles Schlag auf Schlag: "Ende 1998 war mir klar, dass die FE finanzielle Schwierigkeiten hat", erinnert sich Küsel. Bartholomäus habe "auf allen Ebenen versucht, Geld zu organisieren." Bis zum Jahr 2000 "haben wir von der FE immer nur vorläufige Bilanzen zu sehen bekommen," meint Küsel. "Den Dezember hat Bartholomäus nie gebucht." Dass der vom Angeklagten an die Deutsche Bank gefaxte Schweizer Vertrag nicht in Ordnung war, habe er erst 2000 gemerkt. "Die Bankzentrale in Berlin forderte uns auf, Kontakt zu dem Landkäufer aufzunehmen, um die Firma zur Zahlung der Kaufsumme zu bewegen", so Küsel. Die Firma wusste aber von nichts. "Einen Originalvertrag hat uns vorher trotz Nachfrage Bartholomäus auch nie gezeigt." So kam der Stein für das Gerichtsverfahren ins Rollen. Und wohin er letztlich rollt, ist noch gar nicht absehbar.
Wie schon der angeklagte Jörg Barholomäus, so hat gestern auch Albrecht Küsel auf drängende Kommunal- und Landespolitiker verwiesen, die das Prestigeprojekt Cochstedt mit allen Mitteln und ohne Kontrolle vorangetrieben hätten. "Es scheiterte an Menschen, nicht am Projekt", so Küsels Fazit. Der Anteil von Bartholomäus: Er habe versucht, sich die Anbahnung von Geschäften hoch bezahlen zu lassen, weshalb mitunter Investoren wieder abgesprungen seien.