Prozess um Bombenanschlag Prozess um Bombenanschlag: Angeklagter muss 14 Jahre ins Gefängnis

Halle/dpa. - Das Gericht blieb mit dem Urteil unter der Forderung derStaatsanwaltschaft und der Nebenkläger, die lebenslänglich für Thiemegefordert hatten. Einer der Verteidiger hatte maximal 13 JahreGefängnis, der zweite Verteidiger die Einstellung des Verfahrensverlangt.
Thieme hatte gestanden, den Sprengstoffanschlag auf dasMerseburger Lokal «Desperado» wegen schwerer Auseinandersetzungen imRotlichtmilieu in Auftrag gegeben zu haben. Als Bordellbesitzer undKopf einer Motorradgang wollte er damit die Szene unter Druck setzen.Während einer Geburtstagsparty am 27. Juni 1999 um 01.29 Uhrexplodierte der Sprengkörper in einem Blumenkübel. Dabei wurden 20Gäste zum Teil schwer verletzt, eine junge Frau verlor beide Beine.
Keine noch so schwere Strafe könne die Leiden der Opfer lindern,sagte der Vorsitzende Richter Klaus Braun in seiner umfassendenUrteilsbegründung. Thieme sei bei der Tat zielgerichtet vorgegangen,habe sich ein Alibi verschafft und Spuren verwischt. Doch obwohlThieme bei der Tat die Tötung von Menschen in Kauf genommen habe unddas Mordmerkmal der Heimtücke erfüllt sei, gebe es auchstrafmildernde Gründe, sagte Braun. Thieme habe Todesangst gehabt undum sein Leben gefürchtet. Das Rotlichtmilieu habe versucht, Thiemeals Zugezogenen aus den alten Bundesländern mit Überfällen auf seinGeschäft und den Motorradclub aus der Merseburger Region zu drängen.
Der Prozess war im April 2002 neu aufgerollt worden. Laut Braunwurden in 51 Prozesstagen 139 Zeugen und 6 Sachverständige gehört.Aber die entscheidende Wende habe «Kommissar Zufall» gebracht, sagteder Richter. Ein ehemaliger Fallschirmjäger der Bundeswehr hatte imVorjahr umfassend gestanden, die Bombe für Thieme gebaut zu haben.Der Mann wurde im Oktober vergangenen Jahres zu einer Haftstrafe vonfünf Jahren und acht Monaten verurteilt.
Zuvor war Thieme bereits am 19. Dezember 2000 wegen Verstöße gegendas Waffen-, das Kriegswaffenkontroll- und das Betäubungsmittelgesetzzu drei Jahren Haft verurteilt worden. Damals wurde das jetzigeVerfahren wegen notwendiger Nachermittlungen abgetrennt. Die bereitsverbüßte Haftzeit wird Thieme nach Angaben des Gerichts mit demheutigen Urteil angerechnet. Zugleich wies Braun die Forderung derVerteidigung nach Einstellung des Verfahrens, weil Thieme nicht zweiMal für die selbe Tat verurteilt werden könne, energisch zurück.
«Wir überlegen noch, ob wir Revision beantragen», sagteRechtsanwalt Stephan Bonell. Staatsanwaltschaft und Nebenklägerwollten das Urteil zunächst nicht bewerten. Sachsen-AnhaltsInnenminister Klaus Jeziorsky (CDU) hielt das Strafmaß für richtigund gerecht.