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Porträt Porträt: Was macht eigentlich Reinhard Höppner?

Von Stefan Kruse 20.08.2003, 06:18
Ex-Ministerpräsident Reinhard Höppner, SPD (Foto: MZ-Archiv)
Ex-Ministerpräsident Reinhard Höppner, SPD (Foto: MZ-Archiv) dpa

Magdeburg/dpa. - Mit stattlichem Tempo radelt Reinhard Höppner (SPD) auf seinem Mountainbike zum Magdeburger Landtag. Im früheren Dienstwagen des langjährigen Ministerpräsidenten von Sachsen-Anhalt sitzt jetzt ein Anderer. Höppner ist seit der kapitalen Niederlage der Sozialdemokraten bei der Landtagswahl im April 2002 einfacher Abgeordneter. «Ich kann jetzt morgens in Ruhe frühstücken und muss keine druckreifen Sätze mehr in die Kameras sprechen», sagt er. «Und ich muss mich nicht mehr über so viele Schlagzeilen ärgern.»

Bundesweit bekannt wurde der heute 54-Jährige im Jahr 1994, als er die PDS quasi an der Landesregierung beteiligte. Seine von den SED- Nachfolgern tolerierte Minderheitsregierung wurde als «Magdeburger Modell» bekannt. Nach acht Jahren erteilten die Wähler diesem Modell dann eine deutliche Abfuhr.

Viel Kritik musste der promovierten Mathematiker mit kirchlicher Verwurzelung nach der Wahlschlappe im April 2002 einstecken. Viele Sozialdemokraten kreideten allein ihm das Debakel an, nahmen ihm übel, dass er sich danach nicht aus der Politik zurückzog. Unvergessen ist auch die betont kühle Art, mit der Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) dem Verlierer am Morgen nach der Wahl Blumen überreichte.

«Ja, es war schon eine bittere Zeit damals», erinnert sich Höppner. «Aber das ist Vergangenheit. Es gibt sehr viele Menschen, die mich gewählt haben. Die kann und will ich nicht im Stich lassen.» Deshalb arbeitet Höppner im Petitionsausschuss des Parlaments mit. «Da bekommt man am besten mit, wo es den Menschen drückt.» Um Gesundheitspolitik kümmert er sich ebenfalls - ein Thema, das ihn auch im SPD-Bundesvorstand und im SPD-Forum-Ostdeutschland umtreibt.

Eine Rede hat der frühere Regierungschef, der von Wolfgang Böhmer (CDU) abgelöst wurde, in dieser Legislaturperiode im Landtagsplenum noch nicht gehalten. «Es ist nicht gut, wenn ein Vorgänger seinen Nachfolger kritisiert», meint er. Im Vordergrund stehen seit Höppners wortkargem Abgang als Regierungschef am Wahlabend andere.

Inzwischen hat der passionierte Pfeifenraucher neben seiner Abgeordnetentätigkeit zwei Bücher geschrieben: Eines über seine Regierungsjahre und eines über das Verhältnis von Bibel und Politik. «Ich schreibe sehr gerne», sagt Höppner und kündigt weitere Buchprojekte an. Welche das sein werden, verrät er noch nicht. Um politische Fragen wird es aber wohl gehen.

«Die Politik ist heute zu kurzatmig und parteiübergreifend überfordert, aktuelle Probleme zu lösen», konstatiert er. «Mir fehlen die Visionen. Außerdem beobachte ich mit Sorge wie der Eindruck entsteht, dass sich die SPD vom Thema soziale Gerechtigkeit verabschiedet.» Immer häufiger wird Höppner zu Vorträgen oder Diskussionsrunden in ganz Deutschland eingeladen. Zudem sitzt der langjährige Präses der Synode der Kirchenprovinz Sachsen im Vorstand des Deutschen Evangelischen Kirchentages. «Mein Zeitbudget wird schon wieder knapper.»

Höppners neues Leben hat sein Erscheinungsbild verändert. Während er gerade in den letzten Monaten als Regierungschef häufig müde und abgespannt wirkte, macht er heute einen gelassenen, entspannten Eindruck. So erscheint er schon mal sportlich leger in weißem T- Shirt und beiger Cordhose in seinem schlichten, kleinen Büro unter dem Dach des Landtagsgebäudes. «Ich bin vielleicht kein typischer Politiker. Man sieht mir an, wie ich mich fühle», sagt er. Zum Durchatmen kommt Höppner beim Fahrradfahren oder Wandern mit seiner Frau und den inzwischen erwachsenen drei Kindern: «Dazu hatte ich früher kaum Zeit. Heute genieße ich es.»