Pilotprojekt Pilotprojekt: Ohne Konto zu Besen und Büchern
Halle/Dessau/MZ. - Sparen ist sinnlos. Was bis zum Jahresende nicht ausgegeben ist, verfällt. Steffen Hunkert, Leiter der halleschen Grundschule "Frohe Zukunft", kennt dieses Prinzip und macht kein Hehl aus seinem Frust über derartiges Finanzgebaren. Und das galt bisher für alle Schulen im Land. Verständlich, dass Schulleiter bemüht waren, die ohnehin nicht üppigen Zuteilungen möglichst bis zum letzten Cent zu verplanen. Ob sich die Wunschliste erfüllt, entscheiden letztendlich verschiedene Schul- und Finanzbehörden. Ohne deren Zustimmung können weder neue Bücher noch Besen angeschafft werden. "Jedes Blatt Papier, jeden Stift", so Hunkert, "erhalten wir nur über Sammelbestellung". So schreibt es eine Vergabeordnung vor. Sieht ein Schulleiter irgendwo günstige Angebote, die zu Kosteneinsparungen beitragen würden, kann er nicht einfach zugreifen, schließlich gibt es für alles Regeln und Bestellwege.
Und nicht nur das. Selbst wenn eine Schule Preisgeld in einem der vielen ausgeschriebenen Wettbewerbe einheimst, kann das nicht eigenständig auf einem Schulkonto verwaltet werden - Schulen haben keine eigenen Konten. Doch es gibt Hoffnung. Im Kultusministerium ist der seit Jahren lauter werdende Ruf nach finanzieller Eigenständigkeit erhört worden. "Endlich", wie Eckhard Zilm meint, der in Dessau das "Philanthropinum" leitet. Sein Gymnasium gehört wie die hallesche Grundschule "Frohe Zukunft" zu zehn auserwählten Schulen im Land, die zwei Jahre lang in einem Pilotprojekt "eigenverantwortliche Mittelbewirtschaftung" testen. Kultus-Staatssekretär Winfried Willems sieht in den so genannten Selbstbewirtschaftungskonten "einen weiteren Schritt zur Qualitätsverbesserung schulischer Arbeit".
Doch zunächst geht es um ein relativ kleines Budget, über das die zehn Tester bestimmen dürfen. Beim "Philanthropinum" beispielsweise mit 1 300 Gymnasiasten und 120 Lehrern um 19 300 Euro. "Einsetzen können wir die Mittel für Schulfahrten, Reisekosten und den Kauf von Büchern", erläutert Zilm. Erstmals sei es nun möglich, auch Schwerpunkte zu setzten. In Dessau hat gerade die Gesamtkonferenz, die sich aus Schüler-, Lehrer- und Elternvertretern zusammensetzt, beschlossen, im nächsten Jahr einen größeren Teil des Geldes für die Anschaffung neuer Schulbücher auszugeben.
"Nach der Fusion mit dem "Fürst-Franz-Gymnasium" zu Schuljahresbeginn lernen die Schüler mit unterschiedlichen Büchern, unsere Lehr- und Lernmittel reichen nicht mehr aus oder sie sind veraltet. Darauf können wir nun eigenverantwortlich reagieren", nennt Zilm einen Vorteil des Pilotprojekts. Zuvor sei man sich mit Schülern und Eltern einig geworden, dass deshalb die Zuschüsse für Klassenfahrten etwas geringer ausfallen.
Bescheidener bestückt ist das Konto der halleschen Grundschule mit nur 152 Schülern. "Nach Abzug der Ausgaben für neue Nachschlagewerke, Lernübungskästen und Schulfahrtengeld haben wir am Jahresende 15,16 Euro übrig", rechnet Hunkert vor. Dieses Guthaben würde jedoch nach den bisherigen Regelungen verfallen. "Im Testprojekt können wir jetzt Erspartes mit ins neue Jahr nehmen." Als noch wichtiger bewerten beide Schulleiter, dass die zugewiesenen Mittel nicht unter ein Ausgabestopp bei einer Haushaltssperre fallen. "Das gibt uns wirklich mehr Sicherheit für den Einsatz der Mittel", betont Eckhard Zilm.
Vorerst wird das Pilotprojekt zwei Jahre lang erprobt. "Bewährt sich das System", sagt Brigitte Deckstein, Sprecherin des Kultusministeriums, "wird über eine Ausweitung auf alle Schulen entschieden." Noch nicht vorgesehen sei allerdings eine völlige Eigenverantwortlichkeit der Mittelbewirtschaftung, die beispielsweise auch Energie-, Sanierungs- oder Personalkosten mit einschließen würde. "Dann brauchten wir auf jeden Fall einen Verwaltungsleiter", meint der Dessauer. "Denn der Schreibkram darf keinesfalls zu Lasten der pädagogischen Arbeit gehen."