Oebisfelde Oebisfelde: Hopsen für den Weltfrieden
Oebisfelde/MZ. - Kalt pfeift der Wind über die alte Grenzkompanie in Oebisfelde. Dort, wo einst Waffen klirrten, Befehle hallten und Stiefel knallten, herrscht jetzt Ruhe. Das einstige Bollwerk gegen den Klassenfeind dient heute neuen Herren. DDR-Flagge herunter, goldenes Türmchen drauf und die Schlafburg der Schutzwallschützer wird zum strahlenden Friedenspalast. "Ich freue mich, dass die Maharishis da sind", sagt Bürgermeister Hans-Jochen Giffey (parteilos).
Ein Gerücht machte 2003 die Runde, eine Sekte komme in die Stadt. Damals ging ein Riss durch das Altmark-Städtchen. Politiker stritten. Die CDU-Stadtratsfraktion lehnte das Kommen der Anhänger des auf den Inder Maharishi Mahesh Yogi zurückgehenden Kults ab. CDU-Stadträtin Karla Hönl steht noch heute dazu. "Das Anliegen, Menschen durch transzendentale Meditation zu befreien und ewigen Frieden zu bringen, ist eine Gefahr."
Das hat Hans-Egon Kolsdorf schon oft gehört und gelesen. "Auf unseren Info-Veranstaltungen hier in der Stadt, in den Medien." Kolsdorf, in hellen Jeans und cremefarbigem Pullover, steht in einem Seiteneingang des von ihm betriebenen Friedenspalastes und hat keine Lust auf eine Unterhaltung. "Wozu? Wir werden immer als Spinner dargestellt." Kolsdorf, promovierter Mathematiker, erklärt dann doch. "Hier gibt es die alte Kaserne, die ich als Hotel mit Meditationsmöglichkeit betreibe."
Das klang schon mal anders. 2003 wurde die Maharishi Weltfriedens-Stiftung in jenem Gebäude gegründet, etwa 30 Maharishis zogen ein. Kolsdorf firmierte als Mitglied des Kuratoriums. Heute ist ihm der Rummel zu viel. Seine Exzellenz Manuel Schiffgens, Premierminister des Globalen Landes des Weltfriedens, so die Bezeichnung im Maharishi-Sprachgebrauch, wird konkreter. "Wir wollen ein Vedisches Forschungsprojekt aufbauen um Politologie, Vedische Literatur oder Meditation zu erlernen." Dieses Projekt sollte mal eine Universität werden. Aber da machte das Magdeburger Kultusministerium nicht mit. Jetzt stapfen Vermessungstrupps auf einem Gelände neben der alten Kompanie herum. Die Vorarbeiten für einen Wohn- und Seminarkomplex laufen. Schiffgens dreht auf. Die 100 Milliardäre Deutschlands seien eingeladen worden, durch Spenden für das Forschungsprojekt Deutschland mit Unbesiegbarkeit zu krönen. Aber auch die Meditation mache unbesiegbar. Erreiche man das höchste Stadium, könne man als yogischer Flieger fantastische Sachen umsetzen.
Dass dieses Fliegen im Schneidersitz eher einem Hopsen auf den Unterschenkeln gleiche, lässt Schiffgens nicht gelten. Im Augenblick des Abhebens wiesen die Gehirnwellen des Fliegers "höchste Kohärenz" auf. Bündele man die Gehirnwellen vieler Flieger, dann sei einiges möglich. "Holland ist durch yogische Flieger unbesiegbar geworden. Deutschland sollte 2 000 solcher Flieger haben, um sich aus der Versklavung durch fremde Mächte zu befreien." Auf die Frage, was denn Herr Kolsdorf in Oebisfelde mache, gibt Schiffgens klare Auskünfte: "Zwölf europäische Länder wollen unbesiegbar werden, brauchen Unbesiegbarkeitsschulen, Friedenspaläste und Vedische Universitäten. Er ist sehr beschäftigt."
Für Andreas Finke, Sektenbeauftragter der evangelischen Kirche, stellen die Maharishis kein einfaches Problem dar. "Sie als Sektierer abzutun, ist zu einfach. Manchem hilft die transzendentale Meditation." Betrachte man den metaphysischen Überbau, müsse man sich aber schon wundern, warum die Maharishi glauben, dass die deutsche Politik besser würde, wenn der Reichstag keine Eingänge an der Nord- und Südseite hätte.
Bürgermeister Giffey ist das egal. "Einige Oebisfelder haben Jobs bekommen. Vom Seminarzentrum verspreche ich mir weitere Impulse." Dann erzählt er, wie bei der Gründung der Weltfriedensstiftung der Erste Regent des Globalen Landes des Weltfriedens im Helikopter einschwebte. Die von einem Bauern gemieteten "heiligen" schwarzbunten Kühe hatte man indisch braun angemalt. "Und Spritzen verpasst, damit sie durch den Hubschrauber nicht kirre werden."