Neues Anflugkonzept Neues Anflugkonzept: Nachts weniger Fluglärm über der Region Halle

Leipzig - Lange hat es gedauert. Seit gut eineinhalb Jahren sprechen die Fluglärmkommission für den Airport Leipzig/Halle und die Deutsche Flugsicherung (DFS) über ein neues Anflugverfahren für Nachtflüge. Nun ist es soweit: Am Samstag startet der Probebetrieb des Einflugkonzeptes mit der Bezeichnung „Point Merge“, das sich mit „Zusammenführung an einem Punkt“ übersetzen lässt.
Das System wurde bereits am Flughafen Hannover getestet, am mitteldeutschen Airport soll es jedoch seine Praxistauglichkeit beweisen. „Unser Ziel ist es, für 200.000 Menschen in der Region eine Lärmentlastung zu erreichen“, sagt Hansjörg Trost, Leiter der Flugsicherung München, der auch Leipzig/Halle zugeordnet ist. Das Verfahren soll in Sachsen-Anhalt dazu führen, dass gerade die Bewohner in Halle, dem nördlichen Saalekreis aber auch Bad Dürrenberg, Mücheln und Bitterfeld nachts ruhiger schlafen können.
Trichterförmig kanalisiert
Im Kern geht es laut Trost darum, dass die anfliegenden Maschinen bereits in größerer Entfernung im Reißverschlussverfahren eingeordnet und zu einem gleichmäßigen und damit leiseren Sinkflug zur Landebahn geführt werden. Derzeit werden Flugzeuge noch in der Nähe des Flughafens bereits in niedrigen Flughöhen hintereinander gestaffelt. „Bei höherem Verkehrsaufkommen führen die geringe Höhe und die längeren Flüge zu mehr Lärm “, erläutert Robert Ertler, Leiter der DFS-Luftraumentwicklung.
Künftig werden die anfliegenden Jets weit vom Flughafen entfernt in Höhen von mehr als 3.000 Metern trichterförmig kanalisiert. Anschließend beginnt ein konstanter Sinkflug. „Die Maschinen werden dabei fast im Leerlauf fliegen“, sagt Trost. Dadurch werde der Lärm deutlich reduziert. Die Flugzeuge steuern nacheinander alle den sogenannten „Point Merge“ an.
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Dieser liegt beim Anflug aus westlicher Richtung südöstlich von Halle und aus östlicher Richtung im Süden von Eilenburg (Sachsen). Von dort findet die Landung wie gehabt statt. „Vom Lärm entlastet werden daher nicht die Gebiete, die unmittelbar an den Flughafen grenzen, sondern Ortschaften, die etwas entfernter liegen“, so Trost.
Wie stark der nächtliche Krach reduziert wird, darüber wollten Ertler und Trost keine Prognosen abgeben. Dies hänge beispielsweise auch von Wetterlagen ab. Fest steht, dass die Region um Leipzig stärker profitieren wird als Halle. Wegen des vorherrschenden Nordwestwindes finden gut 70 Prozent aller Anflüge über Leipzig statt. Auf den Start der Flieger hat das neue System keine Auswirkungen.
Der Vorsitzende der Fluglärmkommission für den Flughafen Leipzig/Halle, Manfred Heumos, kündigte auf MZ-Anfrage bereits an, dass die künftige Lärmbelastung mit drei mobilen Messstationen gemessen werden soll. „Wir wollen genau ermitteln, wie sich das neue Anflugsystem auswirkt und wie es vielleicht noch verbessert werden könnte“, so Heumos. Laut DFS-Manager Trost wird es keinesfalls eine zusätzliche Lärmbelastung für neue Gebiete geben.
„Point Merge“ im Probebetrieb
Der einjährige Probebetrieb von „Point Merge“ soll zwischen 22 und 2 Uhr stattfinden. In dieser Zeit landen wochentags jede Nacht rund 60 Fracht-Flieger am europäischen Luftfrachtdrehkreuz der Post-Tochter DHL. Nach Worten von Trost biete sich das Verfahren aufgrund der dann erhöhten Verkehrsdichte an. Auch am Tag soll künftig verstärkt das Sinkflugverfahren eingesetzt werden.
Dass das neue System nicht schon früher aufgenommen wurde, begründet Ertler mit den technischen Standards von Flugzeugen. Konkret gehe es um fehlende Rechnerkapazitäten. Nach seinen Worten könnten heute jedoch mehr als 90 Prozent der Jets am Flughafen Leipzig/Halle das neue Konzept fliegen. Der russische Frachtriese Antonow gehört jedoch nicht dazu. Er soll allerdings auf ähnlichen Flugrouten gelotst werden.
Bewährt sich das Lotsensystem am Flughafen Leipzig/Halle soll es nach Angaben von Ertler weitergeführt und auf andere deutsche Airports ausgedehnt werden: „Wir können so nicht nur die Lärmbelastung senken, sondern es rechnet sich auch für die Airlines.“ Im Sinkflugverfahren würden die Flugzeuge Kerosin sparen, zudem müssten bei hohem Verkehrsaufkommen weniger Flugschleifen gedreht werden. (mz)
