Neue Firma "uTime" Neue Firma "uTime": Hallenser hoffen auf Business Angels

Halle (Saale)/MZ - Die Uhr zeigt neun Minuten und 50 Sekunden, als Martin Rosenbusch seine letzten Worte spricht. „Punktlandung“, gratuliert Daniel Klemm. „Das war echt dein bester Vortrag bis jetzt“, sagt Matthias Pfuhl. Anne-Kathrin Schumann und Maik Schößler nicken zustimmend.
Die Fünf sitzen in einem Büro im Süden von Halle. In dem gut 60 Quadratmeter großen Raum gibt es mehr Computerbildschirme als Menschen. Es ist die Zentrale von „uTime“, dem Unternehmen von Rosenbusch und den anderen. Von hier aus wollen sie das Internet nicht revolutionieren, aber zumindest ein bisschen verändern. Dazu soll heute ein wichtiger Schritt gemacht werden. Es ist Anfang März, ein Donnerstag, 15 Uhr. Bis zum großen Auftritt sind es noch dreieinhalb Stunden.
Ende Februar hat sich die „uTime“ Unternehmergesellschaft offiziell gegründet. Zuvor haben ihre Besitzer studiert, Informatik und Wirtschaftswissenschaften. Anne-Kathrin Schumann ist Übersetzerin und promoviert gerade. Vereinfacht gesagt ist das Ziel der Fünf eine Internetplattform, auf der Menschen, die in ihrer Freizeit etwas erleben wollen, auf Menschen treffen, die ein Erlebnis anbieten. Mit dieser Idee haben sie schon mehrere Gründungswettbewerbe gewonnen. Um sie auch umzusetzen, brauchen sie Geld. Da „uTime“ aber keine Zinsen zahlen kann, geben ihnen Banken keinen Kredit. Die Website geht erst im April oder Mai online. Vorher wird auch nichts verdient.
Geld, Erfahrung, Kontakte
Eine Lösung für ihr Problem könnten die fünf Gründer in Magdeburg finden. An diesem Donnerstag Anfang März findet dort ein sogenanntes „Business Angel Matching“ statt - ein Zusammentreffen von jungen Firmen und Unternehmensengeln. Es wird von der Investitionsbank Sachsen-Anhalt veranstaltet.
Die Mitarbeiter des Geldinstitutes pflegen auch die Kontakte zu den „himmlischen Helfern“. Meistens sind das erfolgreiche Unternehmer, die zu Geld gekommen sind und mit diesem nun junge Firmen, sogenannte StartUps, unterstützen. Außerdem geben die Business Angel ihre Erfahrung und Kontakte an die Gründer weiter. Ihre finanzielle Beteiligung wird verzinst. Das Investment ist jedoch riskant. Schafft es das Unternehmen am Markt nicht, verlieren auch die Engel ihr Geld.
Kurz nach 16 Uhr geht es in Halle los. Auf der Fahrt nach Magdeburg erzählt Rosenbusch, dass er die Idee zu „uTime“ schon vor Jahren hatte. 2012 begann er mit der Umsetzung. Nach und nach holte er die anderen ins Team. Schößler, Klemm und Pfuhl, die die Seite entwickeln, werden derzeit mit einem EU-Gründerstipendium finanziert. Schumann, die sich um das Marketing kümmert, lebt von ihrer Promotionsstelle. Rosenbusch, der Geschäftsführer, hat kein Einkommen, nur sein Erspartes. „Bis zur Gründung wird man super unterstützt“, sagt er. „Aber dann, wenn man starten will, bekommt man keinen Kredit.“ Für ein junges Unternehmen sei das meist nicht einfach.
Durch Business Angel wurden seit 2005 in Sachsen-Anhalt rund 3,6 Millionen Euro in junge Firmen investiert. Derzeit gehören 35 Personen zum Netzwerk. Fünf davon sind Frauen. Die Unternehmensengel werden von ego.-Business, einer Abteilung der Investitionsbank Sachsen-Anhalt betreut. Sie begleiten ein StartUp meistens drei bis sieben Jahre. Laut einer Faustregel überleben 90 Prozent der StartUps die ersten Jahre nach ihrer Gründung nicht. Die Statistik von ego.-Business sagt, dass 62,5 Prozent der von ihnen begleiteten Unternehmen noch am Markt sind. Eine von einem Unternehmensengel betreute Firma habe allgemein eine höhere Chance als andere Gründungen, sich am Markt zu etablieren, sagt Jöran Fricke. Ein Business Angel, so der Leiter von ego.-Business, investiert im Schnitt 19 500 Euro in ein Unternehmen.
Ankunft in Magdeburg. Es ist 17.30 Uhr. Das Matching findet in einer zu einem Restaurant umfunktionierten Kirche statt. Nebenan fließt die Elbe. Zur Begrüßung gibt es Prosecco. Rosenbusch ist aufgeregt. Er muss den Vortrag vor den Business Angeln halten, zehn Minuten „uTime“ präsentieren. Bis zu seinem Auftritt spricht er kaum noch.
Viel Basisarbeit
Die Unternehmensengel sind ein verschlossener Kreis. Wer wo investiert, wird nicht rausposaunt. Das Netzwerk in Sachsen-Anhalt hat in den vergangenen Jahren zahlreiche StartUps unterstützt. Ein Weltunternehmen ist dabei nicht entstanden. „Wir machen Basisarbeit“, erklärt Jöran Fricke, der die Business Angel betreut. Man müsse in Sachsen-Anhalt erst eine gewisse Unternehmensdichte etablieren. Dann könne sich irgendwann vielleicht mal ein Großkonzern daraus entwickeln. Die Unternehmensengel haben zum Beispiel den Hersteller der Taschentoilette „Adamus“ unterstützt oder die Firma „Samosa“, die innovative Bestattungswaren produziert.
Martin Rosenbusch ist dran. Er kommt nicht gut in den Vortrag. Die zehn Minuten sind schnell vorbei. Die Resonanz ist nicht überwältigend. Nur zwei Nachfragen. Das war es. Rosenbusch darf sich wieder setzen. Seine Zufriedenheit? „80 Prozent“, sagt er.
Neben „uTime“ sind noch drei andere StartUps da. Sie alle buhlen um die Engel. Nach dem letzten Vortrag bekommt jeder Business Angel einen Laserpointer. Mit einem Beamer werden die vier Unternehmen auf eine Leinwand projiziert. „Mit wem würden sie gerne in Kontakt treten“, fragt der Moderator. Die Pointer gehen an.
„uTime“ hat ein Problem: Ihre Idee ist nicht greifbar. Es gibt nichts, was sie vorzeigen können, außer einer professionell gemachten Website, die so allerdings noch nicht im Internet ist. Unter den anderen StartUps beim Matching ist auch ein Spielzeughersteller. Dessen Produkte sind ökologisch durchdacht und sein Team hat einen Prototypen dabei, einen kleinen Elefanten, der sich auf seine Hinterbeine stellen kann. Auf dem Bild des Spielzeugherstellers landen viele rote Punkte, bei „uTime“ sind es nur drei. Den großen Investor werden sie heute nicht finden, das wird Rosenbusch und den anderen klar. Mit ein paar Business Angeln unterhalten sie sich noch. Ihre Idee stößt auf Interesse, Bedenken sind aber auch da. „Vielleicht kam der Termin heute zu früh“, sagt Daniel Klemm. Die anderen stimmen ihm zu. Unzufrieden seien sich nicht, sagen sie. Zufrieden sehen sie jedoch auch nicht aus.
Vom Konzept überzeugt
Halb zehn sind alle Business Angel verschwunden. Das Buffet wird weggeräumt. Rückfahrt nach Halle. Vor ihrem Büro in Halle verabschieden sich die fünf Gründer schnell. Sie wollen nach Hause, über den Abend nachdenken.
Am nächsten Morgen wird weiter ausgewertet, um 8 Uhr treffen sie sich im Büro. Zwei Wochen kann es dauern, bis sich ein Business Angel bei einem Unternehmen meldet. Ob das Matching für „uTime“ etwas gebracht hat, wird sich zeigen. Zweifel an der Idee, an dem Unternehmen habe er nicht, betont Martin Rosenbusch. „Aber bis zum Ende des Jahres muss es schon eine klare Tendenz geben - also ob es klappt oder nicht.“