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Neue Fahndungsmethode Neue Fahndungsmethode: Kripofrau verhilft unbekannten Toten zu Gesicht

Von Jan Wätzold 21.11.2003, 20:33
Steffi Burrath und ihr «erster Fall in 3-D». Wie zuvor bei der US-Bundespolizei FBI gelernt, hat die Kripofrau dem bislang unbekanntenToten aus dem Annaburger Forst ein Gesicht gegeben. (MZ-Foto: Lutz Sebastian)
Steffi Burrath und ihr «erster Fall in 3-D». Wie zuvor bei der US-Bundespolizei FBI gelernt, hat die Kripofrau dem bislang unbekanntenToten aus dem Annaburger Forst ein Gesicht gegeben. (MZ-Foto: Lutz Sebastian) Copyright by Lutz Sebastian

Dessau/MZ. - "So, wie er jetzt aussieht, macht mir der Unbekannte jedenfallskeine Angst mehr", betont Steffi Burrath.

Sie - das ist Deutschlands einzige Frau,die mit Knete und Haarteilen Tote zum Lebenerwecken kann. Er - das ist ein bislang Unbekannter,über dessen Skelett Pilzsammler im Septembervergangenen Jahres beim Pilzesuchen in derAnnaburger Heide bei Jessen gestolpert waren.Die Frage, wie der etwa 20 bis 40 Jahre alteMann in den Grenzwald zwischen Sachsen-Anhaltund Brandenburg gelangt ist, gehört zu denvielen Rätseln, die seit 14 Monaten die DessauerKriminalpolizei beschäftigen.

Alles, was die Ermittler bis heute wissen:Der Tote war zu Lebzeiten zwischen 1,60 und1,80 Meter groß. Er hat eine blaue Jeans sowieeine Wildlederjacke getragen, als er vermutlichim Frühjahr 2002 zu jener Eiche ging, unterder man ihn später fand.

Der Zustand der Leiche war bereits so schlecht,dass Steffi Burrath Hand anlegen musste, umden Dessauer Kollegen neue Hoffnung auf Klärungzu geben. Die Gutachterin des Landeskriminalamtes(LKA) hat 120 Arbeitsstunden und die Unterstützungeines Theater-Maskenbildners benötigt, umdem Toten aus der Annaburger Heide ein Gesichtzu geben. Eines, das man von allen Seitenbetrachten kann.

Und das ist das Besondere. Denn bevor SteffiBurrath im Vorjahr einen Spezialkurs bei derUS-Bundespolizei FBI besucht hat, waren Sachsen-AnhaltsFahnder ebenso wie ihre Kollegen in den anderenBundesländern fast ausschließlich auf Zeichnungenangewiesen. "Lediglich ein Professor in Remagen arbeitetnoch mit dieser Methode", so die 41-jährigeMagdeburgerin. Der Mann könne sich vor Arbeitkaum retten.

Ein Schicksal, das die Mitarbeiterin des Landeskriminalamtesnach der Hoffnung ihrer Behördenleitung baldteilen soll. Die Kripochefs rechnen damit,dass ihre Spezialistin nach der erfolgreichenAblieferung ihres Gesellenstücks demnächstnoch weniger Zeit für ihren Mann und die beidenTöchter hat. "Die Methode wird uns viele Aufträgebescheren", glaubt auch die gelernte Mode-Designerin.

Zunächst würde sich Steffi Burrath schon freuen,wenn ihr "erster Fall in 3-D" endlich aufgeklärtwerden könnte. Bei einer anderen Leiche, dersie noch mit dem Stift ein Gesicht gegebenhatte, stehen die Ermittlungen vor dem Abschluss.Bei der Toten, deren Skelett im Februar 2000in der Nähe von Merseburg gefunden wordenwar, handelt es sich aller Wahrscheinlichkeitnach um eine im Jahr 1996 spurlos verschwundeneGerichtsvollzieherin aus Leipzig.

Wer den unbekannten Toten aus der AnnaburgerHeide zu kennen glaubt, wird gebeten, sichunter der Telefonnummer 0340 600 0393 beiKriminalpolizei in Dessau zu melden.