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Nach dem Fall des Rabattgesetzes Nach dem Fall des Rabattgesetzes: »Wir machen doch keine Mondpreise»

Von Michael Tempel 25.07.2001, 16:31

Halle/MZ. - Zumindest vage Ansätze vonBasar-Atmosphäre gibt es sogar auf dem Marktin Halle. "Pfirsiche für zwei Mark!", wirbtder junge Mann am Obst- und Gemüsestand lauthalsum Kunden. Die Händlerin nebenan hat "supergünstige"Weintrauben zu 4,99 Mark das Kilo im Angebot.Auch sie bringt wenigstens akustisch etwassüdländisches Flair auf den Marktplatz. Dennoch:Wer am ersten Tag nach dem Fall des Rabattgesetzesmunteres Feilschen und Handeln erwartet hatte,wurde am Mittwoch enttäuscht.

Ein Obst- und Gemüsehändler lässt keine Missverständnisseaufkommen: "Die Pfifferlinge gibt es heutefür sieben fünfzig, die Heidelbeeren für fünfMark." Basta. Ohne die Frage abzuwarten, fügtder Mann hinzu, dass er auf keinen Fall mitsich handeln lasse: "Unsere Preise liegenschon jetzt auf dem untersten Niveau."

Vielleicht hält es ja der hallesche Kaufhofanders. In der Herrenabteilung lockt eineJeans. Nicht vorgewaschen, klassisches Outfit.139,90 Mark soll sie kosten. An der Kassedie freundliche Frage, ob es die Hose auchfür weniger Geld gibt. Der Kassierer schütteltden Kopf. "Und vielleicht ein T-Shirt dazu?"Ebenfalls Kopfschütteln. Die Preise, sagtder junge Mann, seien knapp kalkuliert. "Siekönnen höchstens eine ,Payback-Card' erhalten."Hat man darauf 1500 Treuepunkte gesammelt,werden 30 Mark gutgeschrieben.

Die Verkäuferin in einer Jeans-Boutique bemühtsich sehr um den Kunden. "Passt die Jeans?"Diesmal ist ein ausgewaschenes Modell im angesagten"Engineered"-Look Gegenstand der Begierde.Auf die 149 Mark könne sie aber keinen Rabattgeben, bedauert die Verkäuferin. Und ein T-Shirtmit Werbeaufschrift der Boutique gebe es aucherst ab einem Umsatz von 350 Mark.

Ziemlich ernüchternde Bilanz bis dahin. "Ichglaube nicht, dass sich das Feilschen durchsetzenwird", sagt denn auch eine Frau im Vorbeigehen.Und die 67-jährige Kundin Waltraud Nehls gesteht:"Ich streite mich nicht gern herum. Ich schauevorher, wo es billig ist, und kaufe dann dortein."

Die Sonnenblumen am Marktstand von Jana Schwarzlachen die Passanten an. 2,50 Mark kostetdie einzelne Pflanze. "Fünf Stück gibt esfür zehn Mark", sagt die Händlerin. Machteine Ersparnis von 2,50 Mark. Mit dem abgeschafftenRabattgesetz habe das aber nichts zu tun,sagt Jana Schwarz.

"Grundsätzlich finde ich die neue Regelunggut. Aber bei dem Rucksack, den ich heutegekauft habe, habe ich nicht gehandelt." Die31-jährige Elke Schulze glaubt, dass die Menscheneinfach nicht daran gewöhnt sind, zu feilschen.

Aber es gibt auch andere Meinungen. "Ich wareinmal Geschäftsführer einer Firma, da mussteich oft feilschen", sagt Werner Wollmann."Ich werde künftig auch fleißig zu handelnversuchen, vor allem bei Textilien oder beiAutos."

Während er im Trekking-Ausstatter "Ötzi" beispielsweisemit einem fünfprozentigen Nachlass auf einzelneWetterjacken rechnen könnte, hätte Wollmannim Fotoladen Großwendt weniger Erfolg. "Beieiner Kamera für 279 Mark ist kein Nachlassmehr drin", sagt Verkäufer Thomas Ewert. Klar:Es werde knapp kalkuliert. "Wir machen dochkeine Mondpreise." Ähnlich sieht das auchMuhlis Atas. Der 30-jährige Türke verkauftin der Innenstadt internationale Spezialitätenfür Topf und Pfanne. Doch selbst ein Geschäftsmannaus einem Kulturkreis, in dem das Feilschenbeim Einkauf viel verbreiteter als hierzulandeist, sagt: "Rabatte zu gewähren, ist schwierig."Die Handelsspanne sei eben nicht groß genug.

Und dann sagt er noch: "Ich fand es so, wiees war, eigentlich gar nicht so schlecht."