Nach Ausschreitungen bei Fußballspiel Nach Ausschreitungen bei Fußballspiel: Privatkrieg entsetzt Fans in beiden Lagern
Halle/Leipzig/MZ/stk. . - Bei einem Freundschaftsspiel zwischen Sachsen Leipzig und dem Halleschen FC kam es am Sonntag in Leipzig zu Auseinandersetzungen zwischen den beiden Fanlagern. Mehrere Fans wurden verletzt, das Spiel abgebrochen. Die MZ beleuchtet die Hintergründe.
Der Kopf dröhnt und der Blick ist noch immer nicht ganz klar. Sonst aber, sagt Gilbert K., gehe es ihm wieder einigermaßen. "Ich muss wohl froh sein, dass nichts Schlimmeres passiert ist", sagt der HFC-Fan vom Merseburger Fanclub "Goldene Raben", der vor dem Freundschaftsspiel seines halleschen Klubs am Sonntag beim Regionalliga-Klub Sachsen Leipzig mit einem Baseballschlägerhieb niedergeschlagen worden war. Der Schlag traf einen Nerv, so dass K. nach dem Erwachen nichts sehen konnte.
Während der 30-Jährige bewusstlos auf dem Boden lag, spielten sich rund um den Rathausplatz in Leipzig-Leutzsch Jagdszenen ab: "Eine Gruppe von rund 50 Sachsen-Fans", erzählt ein Augenzeuge, "stürmte plötzlich aus einer Seitenstraße auf uns los." HFC-Anhänger wurden zu Boden geprügelt. "Selbst Passanten bekamen was ab." Polizei sei unverständlicherweise nicht in der Nähe gewesen, obgleich Spiele zwischen den Ex-"Chemie"-Mannschaften immer brisant sind - selbst wenn es um nichts geht. "Aber der Bundesgrenzschutz hat uns nur bis zum Bahnhof begleitet", so Matthias Schiffner, Fan des Halleschen FC.
Dabei liefern sich die Fan-Formationen Saalefront (HFC) und Diablos (FCS) seit Jahren eine Privatfehde. Zuletzt stahlen Saalefront-Mitglieder den Diablos eine Fahne. Diese wollten sich nun revanchieren. Hilfe bekamen die Diablos, die sich wie die Hallenser der "Ultra"-Szene zurechnen, von Fans des 1. FC Magdeburg, die überkreuz mit dem Verein aus Halle liegen. Ein Teil von dessen Fans wiederum pflegt Freundschaft ausgerechnet zu den wegen der Pleite ihres Vereines frustrierten Fans vom VfB Leipzig, dem Rivalen von Sachsen Leipzig (FCS). Die VfB-Fans stürmten am Sonntag als Rache für den Überfall auf ihre HFC-Freunde den Platz von Sachsen-Leipzig und griffen Spieler an, die in der Winterpause vom VfB zum FCS gewechselt waren.
"Ein explosives Gemisch", kommentiert Elke Weise vom FC Sachsen, die die Diablos bislang als "positive Truppe" gesehen hat. Zuletzt sei es in Leutzsch stets friedlich gewesen, "da ödet einen sowas doppelt an". Sachsen Leipzig werde die Einladung des HFC zum Chemie-Cup im Sommer nun ausschlagen. "Es ist besser, wenn wir erstmal nicht gegeneinander spielen."
Bei den Fans beider Lager ist die Betroffenheit groß. "Die machen den Fußball kaputt", schimpft HFCer Frank Rutke, "das sind keine Fans", urteilt FC Sachsen-Fan Thilo Kreim. HFC-Sprecher Jörg Sitte verweist auf die zuletzt friedliche Atmosphäre im eigenen "Wabbel"-Stadion. Die werde sich der Verein nicht durch Konflikte kleiner Gruppen kaputtmachen lassen.