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MZ-Serie zur Völkerschlacht - Teil 3 MZ-Serie zur Völkerschlacht - Teil 3: Preußische Amazonen und stille Heldinnen

Von margit boeckh 15.10.2013, 18:55
Die verletzte Eleonore Prochaska (links) auf einer zeitgenössischen Darstellung
Die verletzte Eleonore Prochaska (links) auf einer zeitgenössischen Darstellung MZ Lizenz

leipzig/MZ - Blücher und Gneisenau, Lützow und Körner ? Klar, das sind Helden mit zeitenüberdauerndem Ruhmesglanz. Doch: Eleonore Prochaska? Friederike Krüger? Ferdinande von Schlettau? Wohl nur noch ein paar Militärhistorikern sind diese Namen geläufig. Und doch waren diese Frauen auf ihre Art Heldinnen der Befreiungskriege gegen Napoleon.

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Speziell an die Frauen hatte im März 1813 Prinzessin Marianne von Preußen einen Aufruf gerichtet, sich gleich den Männern für die Sache des Vaterlandes zu engagieren. Sozusagen als weibliche Variante des Weckrufes „An mein Volk“ ihres königlichen Schwagers Friedrich Wilhelm III.. Gedacht war natürlich an Einsätze geziemender Art – Verwundete pflegen, Kleidung nähen, Spenden sammeln. Zu Hunderten zogen Frauen als Pflegerinnen oder Händlerinnen mit den Armeen. Dass auch Prostituierte dabei waren, blieb nicht aus. Einige Wagemutige jedoch wurden tatsächlich in Uniform zu „preußischen Amazonen“.

Ein ganz und gar ungewöhnlicher Entscheid in diesen Zeiten des K-Diktums für Frauen: Küche, Kinder, Kirche. Als Kriegskämpferinnen? Undenkbar! Zwar hatte der Autor August von Kotzebue die Bildung eines „Weiberregiments“ angeregt. Das änderte an der vorherrschenden Haltung gar nichts. Vorsicht und Versteckspiel blieben höchstes Gebot für die zum Kampf entschlossenen Frauen. Warum wagten sie es dennoch? Abenteuerlust, die allgemeine vaterländische Begeisterung mögen gute Gründe gewesen sein. Mehr vielleicht noch die Möglichkeit, der Enge und Armut zu entfliehen.

Eine dieser Wagemutigen war Eleonore Prochaska (1785 – 1813). Die Tochter eines Potsdamer Militärmusikers hatte ihr Dasein im Waisenhaus und als Magd gefristet. Als Trommler und Infanterist zog sie mit dem preußischen Heer und diente später als „August Renz“ beim Lützower Freikorps. Über den „Jäger Renz“ berichtet ein Kamerad: „Seine Sprache war nicht besonders fein, so dass niemand in ihm ein Mädchen vermuten konnte.“ Das wurde erst entdeckt, als Eleonore/August tödlich verwundet worden war. Als „Potsdamer Jeanne d“Arc“ wurde sie mit militärischen Ehren bestattet. Auf dem Alten Friedhof ihrer Heimatstadt erinnert eine Stele an sie. Beethoven schrieb die Musik zu einem ihr gewidmeten Schauspiel.

Anders das Schicksal von Friederike Krüger (1789 – 1848). Tochter eines Leibeigenen, verdiente sie ihr Brot als Dienstmädchen und Schneiderin. Sie nähte sich eine Uniform, schnitt die Haare ab und wurde der Soldat „August Lübeck“. Auch sie wurde nach einer Verwundung als Frau enttarnt, durfte aber auf allerhöchsten Befehl des Königs als einziger weiblicher Unteroffizier und Träger des Eisernen Kreuzes in der preußischen Armee weiterkämpfen. Nach dem Sieg über Napoleon lebte sie mit einer Pension ein „normales“ weibliches Dasein als Ehefrau und Mutter.

Nur rund dreißig dieser Amazonen sind bekannt, es mögen wohl etliche mehr gewesen sein. Nicht zu benennen ist die Zahl der Frauen, die den Befreiungskampf mit ihren bürgerlichen Möglichkeiten unterstützt haben. Die preußische Majorstochter Ferdinande von Schlettau war eine dieser stillen Heldinnen. Sie hatte kein Gold und kein Geld.

Da schnitt sie kurzerhand ihren Zopf ab und verkaufte ihn für die gute Sache. Das Beispiel der blonden Patriotin machte Furore als Symbol für die Opferbereitschaft des Volkes. Maler verewigten ihre Tat auf populären Bildern. Ferdinande von Schlettau starb 1857 in Bad Kösen. Ihr Grab ist noch heute zu sehen.

Literatur: Claudia Forner „Heldenjungfrauen 1813-1815“ (Verlag für die Frau Leipzig, ISBN 978-3-89798-432-5)