Musikangebot im Radio Musikangebot im Radio: MDR bleibt hart im Schlagerstreit

Magdeburg/Halle (Saale) - Kein Einlenken, kein Umdenken. Der Mitteldeutsche Rundfunk (MDR) setzt im Streit um ein Schlagerverbot beim Landessender „MDR Sachsen-Anhalt“ weiter auf seine Strategie, mehr auf Marktforscher und weniger auf empörte Hörer zu vertrauen. „Wir müssen Radio für die Masse machen. Und deshalb müssen wir reagieren, wenn die Gefolgschaft für den deutschen Schlager abnimmt und die Polarisierung steigt, also immer mehr wegen Schlager umschalten“, sagt der Programmchef des Radiosenders, Winfried Bettecken, im MZ-Interview.
Testhörer mögen Schlager nicht
Bettecken, der sich im Interview als Schlagerfreund zu erkennen gibt, verweist auf Studien und Testhörer, wonach sich seit Jahren ein Trend abzeichne: „Die Schlagerfreunde werden mit ihrer Vorliebe älter, aber es wachsen nicht Schlagerfreunde in dieser Menge nach - und es zeigt sich ein Graben unüberbrückbarer Musikvorlieben oder -abneigungen.“ In der Mehrheit hätten Testhörer nicht nur angegeben, dass sie Schlager nicht mögen - sondern auch, dass sie deswegen sogar den Sender wechseln würden. „Das ist das schlechteste, was einem Radiosender passieren kann“, so Bettecken.
Der Bernburger Sänger und Filmemacher Denny Schönemann hatte die Senderverantwortlichen Mitte Februar in einer Videodokumentation mit der Kritik zahlreicher Schlagerkollegen am seit Sommer vergangenen Jahres veränderten Programmkonzept konfrontiert. „Aber die Damen und Herren dort sind so arrogant, dass darauf keinerlei Reaktion erfolgt ist“, sagt der 34-Jährige. Obwohl das Echo auf seinen Film „Keine Schlager im Rundfunk - die Abrechnung“ nahezu einhellig ausgefallen sei, „weil viele Hörer das Gefühl haben, einfach ignoriert und abgeschoben zu werden“, wolle der MDR die Kritik offenbar einfach aussitzen. „Schlagerfans dürfen so zwar fleißig Rundfunkgebühren zahlen, aber ihre Musik können sie nirgendwo hören.“
Für Denny Schönemann ist der Verweis auf den Massengeschmack kein Argument. „Im Rundfunkstaatsvertrag lese ich nichts von einer Verpflichtung auf Massentauglichkeit“, sagt er. Dagegen sei dort als klarer Auftrag an die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten formuliert, mit ihren Angeboten einen umfassenden Überblick über das internationale, europäische, nationale und regionale Geschehen zu geben. „Umfassend heißt für mich, dass man auch den Schlager nicht einfach boykottieren kann.“
Viele junge Talente mit tollen Songs
Er selbst sehe bei seinen Auftritten immer wieder, wie beliebt die Musikrichtung auch jenseits von Helene Fischer sei. „Und es gibt so viele junge Talente mit tollen Songs, die ihr Publikum finden würden, gäbe man ihnen die Chance.“ Dass der MDR dazu nicht bereit sei, finde nicht nur er empörend. „Auch Stefanie Hertel und Bata Illic haben sich vor unserer Kamera kritisch geäußert.“ Deshalb arbeitet Schönemann gerade an einem zweiten Film-Teil seiner Schlager-Abrechnung.