Mordfall Mitja Mordfall Mitja: Flucht endet vor Linie 11

Leipzig/dpa/MZ. - Die Eltern von Mitja erhalten die Nachricht in den frühen Morgenstunden: Der Mann, der ihr jüngstes Kind missbraucht und ermordet haben soll, ist gefasst. Stunden später ist es auf einer Pressekonferenz Anwältin Ina Alexandra Tust, die den Journalisten eine Erklärung überbringt. Die Eltern seien nach einer Woche voller schlafloser Nächte "sehr erleichtert, dass die Ungewissheit ein Ende hat", sagt Tust. Noch wohnt die Familie bei Freunden, wird von Seelsorgern betreut. Und wünscht sich, Mitja unter Ausschluss der Öffentlichkeit beisetzen und ihr Leben in Ruhe im alten Umfeld wieder aufnehmen zu können.
Eine Frage der Zeit
Sieben Tage nach dem Verschwinden des Neunjährigen findet die Tragödie dort ein vorläufiges Ende, wo sie begann: an einer Straßenbahn der Linie 11. Dort soll Uwe K. den Jungen am 22. Februar angesprochen haben, als der das erste Mal allein von einer Kindertagesstätte nach Hause fuhr. Vor eine Straßenbahn der Linie 11 wirft K. sich in der Nacht zu Donnerstag in seinem Wohnort Schkeuditz, nur wenige hundert Meter entfernt von der Laube, in der Mitjas Leiche lag. "Er wusste nicht mehr weiter", kommentiert Leipzigs Polizeichef Rolf Müller. Nach seiner Einschätzung war das nur eine Frage der Zeit. Wie von den Fahndern vermutet, war der 43-Jährige in seinem bekannten Umfeld geblieben.
Noch ist nicht genau bekannt, wie K.s Fluchtweg ausgesehen und wo er übernachtet hat. Zuletzt aber muss er sogar versucht haben, sich seiner Wohnung zu nähern. Auch dort war allerdings Polizei. Selbstmord sei wohl sein letzter Ausweg gewesen, sagen Ermittler. Immer wieder hatten Hundertschaften der Polizei seit dem Wochenende Wälder und Gartenanlagen im Norden Leipzigs durchkämmt, Gaststätten und Zigarettenautomaten überwacht in der Hoffnung, dass der als starker Raucher und Trinker bekannte K. einen Fehler macht. Fährtenhunde nahmen wiederholt seine Witterung auf. Nachts wurde mit Lärm und Licht verhindert, dass der mutmaßliche Mörder zur Ruhe kommt. "Er sollte sich nie in Sicherheit wiegen", erklärt der Polizeipräsident. Mit "Indianertaktik" habe man K. kreisend in Bewegung gehalten.
Die Zermürbungstaktik sei aufgegangen, sagt Müller. Um 0.45 Uhr meldete ein Straßenbahnfahrer am Donnerstag, dass Uwe K. vor ihm auf die Gleise gesprungen sei. Laut Feuerwehr wurde der 43-Jährige von der rund 40 Stundenkilometer schnellen Bahn 15 Meter mitgeschleift und unter dem Triebwagen eingeklemmt. Kurz darauf bestätigt die Polizei, dass es sich um den Gesuchten handelt. Sie verteidigt auch ihren Fahndungs-Aufwand. "Wir haben regelmäßig den Neonazi Christian Worch mit Kundgebungen in der Stadt und bieten tausende Polizisten auf. Da werden wir doch angemessen nach einem Mörder suchen können", so Müller.
Schwer bewacht
Derzeit wird Uwe K. im Leipziger St.-Georg-Krankenhaus behandelt, ist ansprechbar. Wann er in eine Haftklinik verlegt werden kann, ist noch unklar. "Sein Zustand kann noch kippen und es ist nicht auszuschließen, dass es noch zu einer lebensgefährlichen Situation kommt", so Kliniksprecherin Andrea Minker. K. liegt in der Klinik in einem abgeschirmten Zimmer und wird von der Polizei schwer bewacht. "Den lassen wir jetzt keine Sekunde aus den Augen", versichert Polizeipräsident Müller.
Ob Mitja in der Laube von Uwe K. oder in dessen Schkeuditzer Wohnung umgebracht wurde, ist noch unklar. An beiden Orten gibt es laut Polizei Spuren. Berichte, wonach K. als Kind selbst missbraucht worden sein soll, konnte die Generalstaatsanwaltschaft nicht bestätigen. Erleichterung über die Festnahme des 43-Jährigen herrscht nicht nur in Leipzig, sondern auch in Holzweißig (Kreis Bitterfeld), wo ein Polizei-Großaufgebot am Mittwoch ebenfalls nach K. gesucht hatte. "Ich bin dankbar, dass er so schnell gefasst wurde", sagte Bürgermeisterin Brunhilde Geyer.

