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Max-Planck-Institut in Halle Max-Planck-Institut in Halle: Direktor Jürgen Kirschner geht in den Ruhestand

Von Cornelia FUhrmann 25.03.2015, 11:10
Sein Labor am Max-Planck-Institut ist gleichzeitig Jürgen Kirschners Büro - und so etwas wie sein zweites Wohnzimmer.
Sein Labor am Max-Planck-Institut ist gleichzeitig Jürgen Kirschners Büro - und so etwas wie sein zweites Wohnzimmer. Günter Bauer Lizenz

Halle (Saale) - „Please do not knock, just enter“ - Bitte nicht klopfen, einfach hereinkommen - steht an Jürgen Kirschners Bürotür, die gleichzeitig in sein Labor führt. Heimelige Wohnzimmer-Atmosphäre mit Bücherregalen und Reise-Souvenirs trifft auf surrende, brummende und blinkende Apparaturen mit unzähligen Steckern, Schaltern und Kabeln. „Das ist für einen Max-Planck-Mitarbeiter schon ungewöhnlich“, sagt Kirschner. Das Schild verrät auch ein wenig, mit wem man es hinter der Tür zu tun bekommt: einem aufgeschlossenen und vielseitig interessierten Mann, der noch heute in seinem Büro-Labor raucht.

Eine Ära geht zu Ende

Wenn Jürgen Kirschner in wenigen Wochen in den Ruhestand geht, geht eine Ära am Max-Planck-Institut (MPI) für Mikrostrukturphysik in Halle zu Ende. Kirschner ist seit 1992 Direktor am ersten MPI Ostdeutschlands. „Es war eine Ehre von der Max-Planck-Gesellschaft berufen zu werden“, sagt Kirschner, der in der ersten Zeit mit dem Aufbau einer Forschungsgruppe und dem Anlernen von Wissenschaftlern mehr Organisationsarbeit als Forschungsarbeit hatte. „Es mussten ganz neue organisatorische Strukturen eingerichtet werden“, erinnert er sich. 1993 wurde er auch Professor an der Martin-Luther-Universität Halle und hat die Sonderforschungsbereiche mit aufgebaut.

Das Max-Planck-Institut (MPI) für Mikrostrukturphysik (Foto) wurde 1992 in Halle gegründet und geht auf das Institut für Festkörperphysik und Elektronenmikroskopie der Akademie der Wissenschaften der DDR von 1960 zurück.

Geforscht wird unter anderem zu Zusammenhängen zwischen magnetischen oder mechanischen Eigenschaften von Festkörpern und deren Mikrostruktur. Die Ergebnisse helfen, neue Materialien für die Opto- und Mikroelektronik zu finden.

Mit dem bereits verstorbenen Ulrich Gösele und dem Franzosen Patrick Bruno als weiteren MPI-Direktoren hatte er in den ersten Jahren jedoch gute Mitstreiter. „Unser gemeinsames Ziel war, die Stadt Halle innerhalb von vier bis fünf Jahren auf die wissenschaftliche Landkarte zu bringen. Und das haben wir fast geschafft“, sagt der Physiker.

Aus dem Westen zurückgekehrt

Er habe anfangs auch überlegt, ob er seiner Familie - die drei Töchter waren im Teenager-Alter - den Umzug nach Halle zumuten könne. Sein persönliches Argument sei gewesen: „Ich wollte zum Aufbau des Landes etwas beitragen“, sagt Kirschner, der in der Altmark geboren wurde, aber bereits im Alter von zwei Jahren mit der Familie in den Westen zog. Bereut hat er es nie, ist sogar zu einem Fan Sachsen-Anhalts geworden. „Es ist das Kernland von Deutschland, das wissen viele im Westen nicht“, sagt er, dessen privates Interesse stark der Paläoanthropologie gilt.

Aber er wollte auch sein Scherflein zur Grundlagenforschung beitragen. „Die Wurzeln wurden in der Schulzeit gelegt, mit etwa 14 Jahren“, sagt Kirschner. Da habe er sich bevorzugt für Physik interessiert. „Mich faszinierte die Wissenschaft als solche.“

"Experimenteller Durchbruch"

Sein späteres Forschungsgebiet: Magnetismus von dünnen Schichten. Er befasst sich mit detaillierten Aussagen zu magnetischen Eigenschaften von Festkörpern, und weist das Austauschkorrelationsloch in Ferromagneten nach, weswegen Festkörper trotz Abstoßungsreaktionen von Elektronen stabil bleiben - weil diese sich ausweichen. „Magnetismus ist in einigen Teilen immer noch unerforscht“, sagt Kirschner.

Und er hat dazu beigetragen, die Grundlagen der Spintronik zu verstehen, dem Forschungsgebiet, dem sich der Humboldt-Professor Stuart Parkin als neuer Direktor am MPI in Halle widmet. „Der Begriff ist 20 Jahre alt“, sagt Kirschner. Das Know-how in Halle habe die Stadt auch bei Parkin auf die Landkarte gesetzt. Zusammen mit Eberhard Groß, der zu Supraleitern forscht, sei das Institut gut aufgestellt, auch wenn es gelte, offene Stellen geeignet zu besetzen. „Die derzeitige Befristungspraxis ist unzureichend, vor allem für die Frauenförderung“, sagt Kirschner bedauernd. So könne man sich keine Karriere aufbauen und einen Namen machen.

Forschen will auch Kirschner immer noch, vor allem, weil er, wie er sagt, gerade einen „experimentellen Durchbruch“ geschafft hat. „Ich habe eine Methode zur elektronischen Untersuchung von Ferromagneten wiederentdeckt, sozusagen 30 Jahre später die Idee, wie man es machen könnte“, sagt er mit leuchtenden Augen. Wenn alles gutgeht, könnte er noch zwei Jahre auf einer Emeritus-Stelle am MPI weiterarbeiten. (mz)

Das Max-Planck-Institut in Halle
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Günter Bauer Lizenz