Magdeburg Magdeburg: Umsatzflaute in die «Grünen Zitadelle»
Magdeburg/MZ. - Kathrin Flecken hat aufgegeben. Vor wenigen Tagen hat sie ihr Geschäft im Magdeburger Hundertwasserhaus geschlossen. Besser gesagt: schließen müssen. Der Geschenkartikel-Laden brachte so wenig Umsatz, dass es nicht einmal für das Nötigste reichte. Dabei befindet sich das Geschäft in einem der populärsten Häuser in Magdeburg - einem neuen touristischen Glanzstück.
Vor zwei Jahren, als alles begann zwischen Breitem Weg und Domplatz, dachte Kathrin Flecken auch so. "Wo, wenn nicht hier, sollte das funktionieren in Magdeburg", erinnert sich die Einzelhändlerin. Ein Trugschluss, wie inzwischen nicht nur Flecken findet.
Es mangele an entsprechender Vermarktung, klagen viele Mieter. Das Siedlungswerk St. Gertrud, Vermieterin des als "Grüne Zitadelle" vermarkteten Hundertwasserhauses, kassiert zwar Werbeumlage - ein Euro je Quadratmeter und Monat plus Einmalzahlung - doch was damit geschieht, sei offen.
So warte man seit Jahren auf eine versprochene Dauerausstellung zum Thema Hundertwasser, für die bereits Sponsorengelder eingeworben sein sollen. Diese Ausstellung war für einige Mieter Bedingung für den Abschluss eines Mietvertrages, sagt Flecken. "Eine solche Ausstellung ist nie versprochen worden", sagt hingegen Gero-Sprecherin Regina Loreck. Zwar habe ein Mieter eine solche geplant, doch der habe sich - auch weil Fördermittel ausblieben - anders entschieden. Bei jenem Mieter handelt es sich im übrigen auch um eine Tochter der Gero AG. Doch es gibt weitere Vorwürfe der Händler: So finde sich in ganz Magdeburg kein Hinweisschild auf das Haus, in Hotels und Restaurants suche man vergeblich nach Flyern oder anderen Werbemitteln. Nicht einmal die Weihnachtsdekoration wurde im Advent montiert.
"Die Vermarktung des Objektes ist der Knackpunkt", sagt Marco Thiele, Geschäftsführer des halleschen Backmittel-Herstellers "Kathi". Die Traditionsfirma verkauft in der "Grünen Zitadelle" ihre Backmischungen - doch wie bei vielen anderen Unternehmern auch mit ausgesprochen bescheidenem Erfolg. "Das Haus hat Potenzial, doch es wird nicht genutzt", so Thiele. Mehrfach habe er mit dem Vermieter gesprochen, "doch das blieb alles ohne Resonanz".
Gero-Sprecherin Loreck kontert, dass die Vermarktung Sache der Mieter sei, da diese seit geraumer Zeit auch über den Einsatz der Werbeumlage entscheiden könnten. Die Folge des Streits ist fatal: Ohne Werbung hält sich die Zahl derer, die sich die touristische Attraktion anschauen wollen, in Grenzen. Wenig Gäste sind aber gleichbedeutend mit wenig Umsatz in den entsprechend bestückten Läden.
"Den meisten geht es dreckig", sagt der Sprecher der Gewerbemieter im Hundertwasserhaus, Roman Kejwal. Und: Nach zwei Jahren zermürbendem Kampf haben etliche resigniert. "Inzwischen ist vielen egal, was hier abgeht, die wollen nur noch mit heiler Haut raus", so Kejwal der einen Presse- und Tabakladen betreibt. Das bestätigt auch Kathi-Chef Thiele: "Wenn keine Wende in der Vermarktungspolitik in Sicht ist, tragen wir uns mit dem Gedanken, auszuziehen."
Das Dilemma beschäftigt inzwischen sogar die Magdeburger Lokalpolitik: Auf Bitten mehrerer Gewerbetreibender suchte der SPD-Ortsvorsitzende Martin Rohrßen das Gespräch mit dem Vorstand der dem katholischen Bistum Magdeburg gehörenden Gero AG. Die wiederum ist die Mutterfirma des Siedlungswerks St. Gertrud. "Das Gespräch mit Gero-Vorstandsvorsitzenden Norbert Diehl war sehr unangenehm", erinnert sich Rohrßen. Während des Termins, an dem auch mehrere Gewerbetreibende teilnahmen, habe Diehl ihn nach draußen gebeten und erklärt, die Händler könnten offenbar nicht richtig wirtschaften. Gingen sie pleite, sei ihm das egal, dann kämen eben die nächsten. "Ich kann mir vorstellen, dass so etwas ähnliches gesagt wurde. Aber es ist aus dem Zusammenhang gerissen worden", sagt Gero-Sprecherin Loreck.
Ob es jedoch so einfach ist, neue Mieter zu finden, scheint inzwischen fraglich: Die Mieten im Hundertwasserhaus liegen mit bis zu 25 Euro je Quadratmeter deutlich über den sonst üblichen Preisen in Magdeburg. Einige Geschäfte waren noch nie vermietet, in anderen künden Aushänge davon, dass Nachmieter gesucht werden.