Made in Sachsen-Anhalt Made in Sachsen-Anhalt: Papst-Fahrrad kommt aus Sangerhausen

Halle/MZ - Da staunte Franziskus: Als der Papst dem Daimler-Boss Dieter Zetsche am Mittwoch in Rom eine Privataudienz gewährte, zog dieser nicht nur den Schlüssel für das neue Papamobil aus der Tasche. Zetsche brachte ihm als Geschenk auch ein neues E-Bike mit - made in Sachsen-Anhalt. Gebaut wurde das schicke Smart-Elektro-Fahrrad nämlich von den Mitteldeutschen Fahrradwerken (Mifa) in Sangerhausen. „Ich bin begeistert“, sagt Mifa-Chef Peter Wicht gestern der MZ. Denn einen prominenteren Kunden kann man weltweit wohl nur schwer finden.
Franziskus ist damit der erste Papst, der nicht nur ein Papamobil, sondern auch ein Papavelo besitzt. Es ist auch nicht gänzlich ausgeschlossen, dass der Pontifex, der für seinen bescheidenen Lebensstil bekannt ist, das 2?850 Euro teure Fahrrad einmal nutzt. Zu Kardinalszeiten in der argentinischen Hauptstadt Buenos Aires ist Franziskus jedenfalls mit dem Rad oder öffentlichen Verkehrsmitteln zur Arbeit gefahren.
Dem 76-Jährigen dürfte das Elektro-Fahrrad jedenfalls näher sein als die neue, umgebaute M-Klasse von Mercedes, das Papamobil. Seit mehr als 80 Jahren stellt die Marke mit dem Stern Fahrzeuge für die Reisen und öffentlichen Auftritte des katholischen Kirchenoberhauptes zur Verfügung.
Doch wie kommt das Sangerhäuser E-Bike nun zum Papst? Im Jahr 2011 kaufte die Mifa den kleinen aber renommierten Berliner Hersteller Grace. Dieser hatte für den Autobauer Daimler das Smart-E-Bike entwickelt. Nach der Übernahme wird nun in Sangerhausen exklusiv für die Daimler-Tochter Smart gefertigt.
Der Name Smart wird dem Fahrrad aber gar nicht gerecht. Denn dieses Bike ist so etwas wie der Mercedes unter den Elektro-Rädern. Ein batteriebetriebener Motor unterstützt den Radler auf den Fahrten bis zu einer Geschwindigkeit von 25 Kilometern in der Stunde. Reichweiten von 80 bis 130 Kilometern sind problemlos zu erzielen. Von anderen Modellen unterscheidet sich das Smart-E-Bike durch sein modernes Design und den leichten Karbon-Rahmen.
Dies kommt gut an: Papst Franziskus ist nicht der einzige Prominente, der das Rad fährt. Bei den vergangenen Filmfestspielen im französischen Cannes soll sich der US-Starschauspieler Leonardo DiCaprio ebenfalls ein Smart-Rad zugelegt haben. Verkauft werden diese exklusiv nur in den Smart-Autohäusern. Mifa-Vorstand Wicht ist mit seinem Zukauf jedenfalls vollauf zufrieden. Bis vor kurzem legten sich vor allem ältere Fahrrad-Freunde ein E-Bike zu. Entsprechend waren viele Räder für die Generation 50-plus konzipiert. Doch dies hat sich nun schlagartig geändert. E-Bikes gelten als hip. Immer mehr junge Menschen nutzen sie. „Viele, die einmal eine längere Tour mit dem E-Bike gemacht haben, wollen nicht mehr auf das klassische Rad“, wirbt Wicht für die Produkte.
Bei der Mifa sind allein 60 bis 80 der rund 700 Mitarbeiter mit der Produktion des Smart-E-Bikes beschäftigt. Die Rahmen der Fahrräder werden in Sangerhausen lackiert, die Speichen in die Räder gebracht. „Die reine Montage des E-Bikes dauert dann nur noch eine Stunde“, erklärt der Mifa-Chef.
Wegen der E-Bike-Revolution auf dem Markt hat auch Deutschlands größter Fahrradhersteller sein Geschäft kräftig umgekrempelt. Baute die Mifa früher vor allem preisgünstige Räder für große Handelsketten wie Metro und Aldi, wird nun vor allem ins E-Bike-Geschäft investiert. Im vergangenen Jahr fertigte das Unternehmen 47?000 Elektro-Räder - darunter auch Smart. Im Vorjahr waren es erst 27?000. Insgesamt wurden aber mit 546?000 Fahrrädern weniger Mifa-Räder abgesetzt als im Vorjahr. Im Jahr 2011 wurden etwa 644?000 Fahrräder verkauft. Vorstand Wicht rechnet damit, dass aufgrund hoher Benzinpreise und des Umweltbewusstseins in der Bevölkerung der Markt für die Elektro-Räder in den nächsten Jahren noch kräftig wachsen wird.
Und welche bedeutende Persönlichkeit würde Wicht denn noch gerne auf dem Smart-E-Rad sehen? Der Mifa-Chef muss mit einer Antwort passen. Mit dem Stellvertreter Gottes auf Erden kann es niemand aufnehmen.