Luxus aus der Altmark Luxus aus der Altmark: Uhrmacher fertigt exklusive Kreationen

Kalbe/dpa. - Luxus aus der ostdeutschen Provinz, der den Vergleich mitberühmten Uhrenwerkstätten wie Glashütte (Sachsen) nicht scheuenmuss.
Was bundesweit wohl einmalig ist: Rädchen, Federn und Schräubchenfür die Zeitmesser entstehen in der kleinen Werkstatt fastausschließlich in Handarbeit. Die sonst auch bei Herstellern imLuxussegment üblichen computergesteuerten Maschinen sind Dornblüthund seinen zwei Mitarbeitern ein Gräuel. «Wir wollen das nicht», sagtder Meister. «Dann wären wir so wie alle anderen auch.»
Die Kundschaft scheint dies zu honorieren: Bis zu sechs Monatemüssen sich Besteller gedulden, ehe eine echte Dornblüth aus «Kalbei/S.A.» ihr Handgelenk ziert. Viele von ihnen geraten ins Schwärmen,wenn der Meister sein Uhrwerk beschreibt: «Mehrfach vergoldeteDreiviertelplatine, handgravierter Unruhkolben,Schwanenhalsfeinregulierung, selbstentwickelte Gangreserve nach demDifferenzialprinzip.» Andere Kunden mit weniger Feinsinn für solcheDetails mag schlicht das Design der Uhren überzeugt haben, die es mit750er Gold- oder mit Edelstahlgehäuse gibt.
Dornblüth vertreibt seine Zeitmesser international über dasInternet und in Deutschland über knapp zehn ausgewählte Fachhändler.Zudem veranstaltet er von Zeit zu Zeit Präsentationen in festlichemRahmen. Sie finden in schicken Hotels in großen Städten statt, weilKalbe zwar durchaus seine Reize hat, aber aus Sicht der Kundschaftauf halbem Wege zwischen Stendal und Wolfsburg vergleichsweiseabgelegen ist. In dem 3241 Einwohner zählenden Städtchen selbstverkaufte Dornblüth bisher erst eine seiner Uhren.
Vor einiger Zeit hat er sich «vergrößert», wenn auch Besucherseiner neuen Werkstatt, die die Ausmaße einer Garage hat, dieserBezeichnung nicht ganz folgen wollen. In drei hellen Räumen, in denender Duft von heißen Metallspänen schwebt, herrscht zwischen hölzernerWerkbank, Werkzeugkästen, diversen Apparaturen, Leuchten,Materiallager und alten, teils mannshohen Regalen Enge und kreativesChaos. Der Laie mag kaum glauben, dass hier wahre Kunstwerkeentstehen, bei deren Fertigung es um hundertstel MillimeterGenauigkeit geht. Fünf bis sieben Uhren fertigen der Meister und seinTeam im Monat. «Mehr können und wollen wir nicht.»
Begonnen hat die Erfolgsgeschichte 1999, als Vater DieterDornblüth - seines Zeichens ebenfalls Uhrmachermeister - zu seinem60. Geburtstag Geschichten aus seiner Jugend zum Besten gab. «Ererzählte von seinem Traum, einmal eine eigene Uhr zu entwickeln.»Sohn Dirk war begeistert und machte sich daran, den alten Traum indie Tat umzusetzen. «Geld hatte ich keines, dafür eine Menge Ideen.»Er ließ sich von alten Katalogen inspirieren, fand inBeobachtungsuhren, die in der Seefahrt benutzt werden, konkreteVorbilder, und entwarf schließlich zwei Grundmodelle. «Uhren gibt eseigentlich genug, dachte ich damals. Man muss Emotionen und eineGeschichte verkaufen.»
Bei der Umsetzung kam Dornblüth sein Improvisationsvermögenzugute, dass ihm schon zu DDR-Zeiten oft half. «Ich wollte mich nichtin finanzielle Abenteuer stürzen, keine großen Kredite für einenteuren Maschinenpark aufnehmen.» Also baute er ein halbes Dutzendkleine Fräs-, Dreh- und Bohrmaschinen - teils Jahrzehnte alt - nachseinen Bedürfnissen um. Oder er besorgte sich seine ersten Gehäuse,indem er sie gegen ein Patent tauschte. Oder er kaufte aus einerKonkursmasse in Skandinavien 100 Jahre alte Zeiger - bis heute werdensie ebenso in die Luxusuhren eingebaut wie eine Bremsfeder, die nochaus DDR-Produktion stammt.