Luftfahrt Luftfahrt: Vor 75 Jahren startete die erste «Tante Ju»

Dessau/dpa. - Mit dem Start vor 75 Jahren ließ die Ju 52 den Namen Junkersendgültig zum Synonym für erfolgreichen deutschen Flugzeugbau werden.Mit ihrer Spannweite von 29,25 Metern wurde sie zur fliegendenLegende und das Universalgenie Hugo Junkers, das allein rund um dieFliegerei 178 Patente erwarb, zur Symbolfigur deutscher Wertarbeit.
Am Anfang stand die Suche nach einem Flugzeug, das Fracht undPassagiere befördern und zugleich in verkehrstechnisch nichtbesonders erschlossenen Ländern eingesetzt werden konnte. Gefragtwaren Zuverlässigkeit und eine gewisse Robustheit. Was gebaut werdensollte, kam vor 75 Jahren fast der Quadratur des Kreises nach. DieFrachtflieger wollten ein einmotoriges, die Lufthanseaten und andereAirlines ein dreimotoriges Flugzeug haben.
Hugo Junkers' genialer Chefkonstrukteur Ernst Zindel löste dasProblem: Die einmotorige Ju 52/1m, von der nur fünf Exemplare gebautwurden, wurde schnell mit zwei weiteren Motoren ausgerüstet. Dasentsprach den Wünschen der vorrangig auf Sicherheit bedachten jungenFluggesellschaften. Auch Wirtschaftlichkeit und Robustheit littennicht. Die Werksnummer 4001 ging in die Luftfahrtgeschichte ein: Der685 PS starke BMW VI-Motor arbeitete zuverlässig. Wellblech, schonlange der Stoff, aus dem Hugo Junker seine Träume schnitt, flog derKonkurrenz davon. Vier Monate später wurde die zweite Ju 52 fertig,die später zum Wasserflugzeug umgebaut wurde.
Bereits die Werksnummern 4008 bis 4012 wurden während ihrerFertigung 1932 in dreimotorige Flugzeuge umgewandelt. Die erstedreimotorige «Tante Ju» hob am 7. März 1932 ab. Die Ju 52/3m steht amAnfang eines Luftfahrtkapitels, das Hugo Junkers endgültig in denKreis der großen Luftfahrtpioniere der Welt einreihte. Mit seinendrei luftgekühlten BMW 132 A-Sternmotoren von je 660 PS war derTiefdecker das dominierende Flugzeug der Vorkriegszeit. Das 250 bismaximal 280 Stundenkilometer schnelle Flugzeug hatte eine maximaleReichweite von 1500 Kilometern. Zeitweilig wurden auch Pratt &Whitney-Motoren vor allem für Export-Flugzeuge verwandt, die eineGeschwindigkeit bis zu 315 Stundenkilometern erlaubten.
Die Ju 52 wurde bald in allen Erdteilen geflogen. Kaum einerenommierte Airline, die nicht Junkers-Flugzeugen vertraute. Siewaren bekannt für eine bis dahin nicht gekannte Sicherheit undZuverlässigkeit. Bei der Lufthansa ging die Zahl der damals nochrecht zahlreichen Notlandungen mit Einführung der Ju 52 schon imJahre 1932 schlagartig zurück. Nicht weniger als 80 Ju 52 flogenspäter allein im Lufthans-Streckennetz. Sie zeichneten sich durchhohen bis dahin unbekannten Komfort wie Heizung, Lüftung undWärmeisolation aus - dabei wog eine Ju 52 nur zehn Tonnen. ZumVergleich: Die A380 hat ein maximales Abfluggewicht von 560 Tonnen.
Militärisch sollte die Ju 52 nach dem Willen ihrer Konstrukteureübrigens nie verwendet werden: «Alle Überlegungen warenausschließlich auf deren Verwendung im friedlichen Luftverkehrgerichtet... Wir hatten bei Junkers bei der Entwicklung der Ju 52 jaauch keinen Augenblick an eine militärische Verwendung gedacht»,betonte Chefkonstrukteur Zindel. Doch das Militär nutzte das Flugzeugtrotzdem: Als fliegende Ambulanz, als Minensucher, alsTruppentransporter, als Bomber und als Transporter im SpanischenBürgerkrieg. Hier half Junkers' schönstes Flugzeug, das faschistischeFranco-Regime zu retten. Bei der deutschen Invasion Norwegens wurdenzeitweilig fast 600 Ju 52 eingesetzt. Im Zweiten Weltkieg haben Ju52-Flugzeuge aber auch Tausenden von Menschen das Leben gerettet.«Tante Ju» flog selbst dann noch, wenn andere Flugzeuge nicht mehrvom Boden weg kamen oder sich nicht mehr in der Luft halten konnten.Durchlöcherte und trotzdem noch flugfähige Ju 52 waren keineSeltenheit.
Wie viele Ju 52 jemals gebaut worden wurden, ist unbekannt.Einschließlich aller Nachbauten in Spanien, Ungarn und Frankreichdürften es wohl deutlich über 4000 gewesen sein. Manche Quellensprechen sogar von 4600 bis 4835 Exemplaren. Und der in jahrelangermühevoller und aufwendiger Arbeit wieder aufpolierte Oldtimer mit demKennzeichen «D-AQUI» ist heute das populärste Flugzeug der DeutschenLufthansa. Es wird in den Sommermonaten für Rundflüge eingesetzt undist Gast bei Luftfahrtschauen. Und weil diese bereits 69 Jahre alte«Tante Ju» liebevoll gepflegt und sehr gut gewartet wird, sind dieLufthansa-Techniker fest davon überzeugt, dass ihre Ju 52 wirklich100 Jahre alt wird.
