Nach Explosion am Flughafen Leipzig Sprengkraft von sechs Kilo TNT - Ermittler aus Litauen deckt Terrorserie mit Bezug nach Mitteldeutschland auf
Nach mehreren Anschlägen mit Paketen in Europa hat die Generalstaatsanwaltschaft Litauens zahlreiche Details zu den Vorfällen veröffentlicht. Einer davon ereignete sich im Juli 2024 am Flughafen Leipzig/Halle. Wie die Sprengsätze versteckt waren und welche Rolle Russland dabei spielt.

Leipzig/Vilnius/MZ. - Am 20. Juli 2024 wurde der Flughafen Leipzig zum Schauplatz eines Terroranschlags. Um 05:45 Uhr detonierte in der Paketabfertigung eine Sendung mit einem improvisierten Spreng- und Brandkörper. Die Generalstaatsanwaltschaft Litauens hat nun Details zu diesem und weiteren Vorfällen veröffentlicht. Demnach handelt es sich um eine Serie von Anschlägen, die „von Staatsbürgern der Russischen Föderation organisiert und ihre Umsetzung koordiniert“ wurde. Diese Personen hätten „Verbindungen zu militärisch-nachrichtendienstlichen Einrichtungen der Russischen Föderation“, heißt es weiter in einer Mitteilung.
Vier Pakete in verschiedene Länder verschickt
Laut Ermittlungen habe ein litauischer Staatsbürger am 19. Juli 2024 gemeinsam mit Komplizen vier Pakete mit Sprengsätzen von Vilnius aus verschickt. Zwei gingen per DHL-Flugfracht in das Vereinigte Königreich, zwei per DPD-Transport nach Polen. Am 21. Juli detonierte ein Paket in einem DPD-Lkw auf polnischem Gebiet, am 22. Juli eine weitere Sendung in einem DHL-Lager in Birmingham. Nur die vierte Sendung blieb ohne Wirkung – ein technischer Defekt verhinderte die Explosion.
Die Ermittler stellten zudem Verbindungen zu einem Anschlagsversuch in Vilnius am 9. Mai 2024 her, als ein IKEA-Markt in Brand gesetzt wurde.
Anwerbung via Telegram, Bezahlung mit Krypto
Direkt beteiligt an der Terrorserie seien neben Russen auch Staatsbürger Litauens, Lettlands, Estlands und der Ukraine. „Diese Personen wurden über Bekanntschaften rekrutiert, über die App ,Telegram' kontaktiert und durch Versprechen von Vergütungen sowie Zahlungen in Kryptowährung angeworben und gehalten“, so die Generalstaatsanwaltschaft mit Sitz in Vilnius.

Es soll bei der Gruppe eine strikte Arbeitsteilung beim Transport, Verstecken und Zünden der Vorrichtungen gegeben haben. Über 30 Hausdurchsuchungen in mehreren Staaten führten zur Sicherstellung von Sprengstoffen in Konservendosen, Zündern und Vorrichtungen mit einer Sprengkraft von mehr als sechs Kilogramm TNT-Äquivalent.
Versteckte Zeitschalter im Massagekissen
Nach Angaben der Generalstaatsanwaltschaft wurden die „selbstgebauten Spreng- und Brandvorrichtungen durch elektronische Zeitschalter gesteuert, die in Massage-Kissen versteckt waren.“ Zusätzliche brennbare Mischungen seien in Kosmetiktuben verborgen worden. Als Hauptstoff nutzten die Täter Thermit, eine Substanz mit „extrem hoher Verbrennungstemperatur“.
Angesichts der Dimension der Anschlagsserie wurde bei Eurojust, der EU-Organisation für justizielle Zusammenarbeit, eine internationale Ermittlungsgruppe eingerichtet. Beteiligt sind Strafverfolger und Geheimdienste aus Litauen, Polen, dem Vereinigten Königreich, Deutschland, den Niederlanden, Lettland, Estland, den USA und Kanada. Im Fokus stehen Hintermänner aus Russland.
Strafrechtliche Dimension in Litauen
Das Ermittlungsverfahren wird wegen besonders schwerer Straftaten geführt. Laut Generalstaatsanwaltschaft handelt es sich um „Bildung und Tätigkeit einer terroristischen oder organisierten terroristischen Gruppe“ sowie um den Vorwurf, einen „Terrorakt“ durchgeführt zu haben. Auf diese Vergehen stehen in Litauen Strafen von fünf Jahren Haft bis zu einem lebenslänglichen Freiheitsentzug.
Bislang wurden 15 Personen aus Russland, Litauen, Lettland, Estland und der Ukraine wegen Organisation und Durchführung der Taten angeklagt. Gegen drei von ihnen läuft eine internationale Fahndung.