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Neues Musikfestival Ey, Meiner!

Das Festival „A-minor“ findet vom 18. bis 21. September in und um Halle statt. Es ist das erste seiner Art. Mit experimenteller und Improvisationsmusik.

Von Anja Falgowski 18.09.2025, 11:25
Bedienen Schlagzeug,  Kontrabass und Vibraphon: Das Trio Dell-Lillinger-Westergaard musiziert in Halle.
Bedienen Schlagzeug, Kontrabass und Vibraphon: Das Trio Dell-Lillinger-Westergaard musiziert in Halle. (Foto: Nino Halm)

Halle/MZ. - A-minor ist eine Variante der melodischen Moll-Tonleiter, kurz „Am“ genannt, die besonders gern im Jazz verwendet wird. Mit dem Dialekt der Region gesprochen, wird daraus ein „Ey, Meiner“. Passt zur Musik, passt zum Veranstaltungsort, und so war der Name für das Musikfestival, das vom 18. bis zum 21. September an verschiedenen Standorten in Halle stattfindet, eine eher kleine Hürde bei der Planung des Events, die genommen werden musste.

Die größte war, wenig überraschend, die der Finanzierung. Albrecht Brandt, Jan Langhammer, Hannes Lingens und Vinzenz Wieg sind allesamt Mitglieder des Jazzkollektivs Halle und bilden die künstlerische Leitung des Festivals. Nachdem sich im Lauf der Planungen herausgestellt hatte, dass sie Fördergelder nicht in der Höhe bekommen würden, wie gedacht, entschlossen sie sich zu einer Crowd-Funding-Aktion. 5.810 Euro habe man so einnehmen können, sagen die vier.

Weg war nicht lang

Sie haben sich, zusammen mit weiteren Musikern und Interessierten, 2012 zum Jazzkollektiv Halle zusammengeschlossen und treten unter diesem Namen – in wechselnder Besetzung – in der Region auf. Nicht nur, um sich selbst Auftrittsmöglichkeiten zu verschaffen, sondern auch, um diese Art der Musik, des Musizierens auch, bekannter zu machen. Der gedankliche Weg zu einem Festival war dann kein weiter mehr; ein gemeinsamer Hörabend fand statt, Vorschläge für Einladungen wurden diskutiert. Nun steht das Programm endgültig fest, die von dem bekannten Grafiker Helmut Brade gestalteten Flyer sind verteilt, die Plakate hängen, die Partner sind gefunden.

In traditionellen Bahnen wird sich das lange Wochenende eher nicht bewegen. „Experimentelle Musik und Improvisation“ steht groß darüber. Den Begriff „Jazz“ habe man nicht auf den Titel heben wollen. „Wir wollten uns inhaltlich nicht festlegen“, so die Begründung, man habe auch nichts und niemanden ausschließen wollen. „Keine Schubladen, Musik von heute und morgen, Richtung Avantgarde“, wird grob zusammengefasst.

Konzerte in Kirchen

Aber Jazz ist natürlich schon dabei, wenn auch in reichlich unterschiedlichen Varianten. Das Programm kündigt von Konzerten, Filmen, Workshops und, natürlich, einer Jam Session. Viele der teilnehmenden Künstler werden mehrere Auftritte in unterschiedlichen Formationen haben, bespielt werden mehrere Orte in der Stadt. Im freien Wuk-Theater zum Beispiel stehen gleich mehrere Räume zur Verfügung, das Puschkino ist beteiligt, der Dom zu Halle und die Templerkapelle Mücheln. Einen Radio-Live-Stream wird es zudem geben. Von viel Gesang ist die Rede, von musikalischen Experimenten, gebündelter Energie und Heiterkeit.

Los geht es am 18. September im Wuk Theaterquartier mit „Olicia“, zwei Frauen, die mit synchronisierten Loopstations diversen Musikstilen huldigen, dabei aber Improvisation und Zufall zulassen. Dell-Dillinger-Westergaard interagieren mit Schlagzeug, Kontrabass und einem Vibraphon.

Die nächsten zwei Tage beginnen früh und dauern lange: Künstlergespräche am Vormittag, ein Workshop für Menschen, die mit Stimme und Körper arbeiten möchten, am Freitag; dann ein Filmprogramm mit „Sound Dreams of Istanbul“ und „On the other side of the Spoon“ am Samstag, jeweils mit einem Gespräch.

Drei Streichquartette

Und später natürlich immer Musik. Zwei Bands am Freitag, drei am Samstag. Die „Crutches“ zum Beispiel sind dabei mit einer Mischung aus Jazz und Metal und dabei fast schon Punk. Oder der Saxophonist Pierre Borel, der mit den Händen das eine Instrument und gleichzeitig mit den Füßen ein Schlagzeug bespielt. Oder die Stimm- und Performancekünstlerin Saadet Türköz, die auf den Saxophonisten Tobias Delius trifft. „Ventil im Exil“, die Jam-Session, wird den Samstag beschließen, übrigens auch unter musikalischer Beteiligung der Organisatoren.

Eher ungewöhnliche Spielstätten für ein Jazzfest werden sich am Sonntag öffnen. In der Templerkapelle in Mücheln interpretieren Silvia Tarozzi und Deborah Walker Lieder aus ihrer Jugend in der norditalienischen Reggio Emilia. Im Dom von Halle wiederum führt das „Malacoda String Quartet“ drei Streichquartette auf, die der amerikanische Cellist Tristan Honsinger kurz vor seinem Tod 2023 komponiert hat. Ganz und gar nicht kirchenkonventionell, im Gegenteil: Honsinger war eher dem Freejazz zugeneigt.

Fortsetzung angelegt

Was wird bleiben vom Festival, das – wie die Organisatoren betonen – keinesfalls ein großes und schon gar nicht ein klassisches ist? Musik natürlich, verbunden mit neuen Erfahrungen für alle, und viel Begegnung. Sie seien gespannt, sagen die Vier, wie es nach dem Festival weiterginge, ob vielleicht das Interesse an der improvisierten Musik gar gestiegen sei. Ob es weitere Festivals geben wird? Dazu so viel: Im Namen sei eine Fortsetzung angelegt – „Am7“ zum Beispiel sei ein sehr schöner Akkord.