"Setzen Sie dem Wahnsinn ein Ende" "Setzen Sie dem Wahnsinn ein Ende": Motorenbauer Deutz fordert Ende des Streiks bei NHG

Berlin/Leipzig - Frank Hiller hat einen ungewöhnlichen Weg gewählt, um sein Anliegen vorzubringen. Vorige Woche stellte der Kölner Motorenbauer Deutz eine Videobotschaft des Chefs auf Youtube. Nun ist außerdem eine ganzseitige Anzeige in der FAZ erscheinen.
Die Nachricht ist jeweils identisch: „Setzen Sie diesem Wahnsinn ein Ende.“ Er appelliert an Geschäftsführung und Betriebsrat des Unternehmens Neue Halberg Guss (NHG) sowie an die IG Metall.
Droht Kurzarbeit bei Deutz?
Bei NHG wird seit Mitte Juni gestreikt und verhandelt. Das Unternehmen mit Standorten in Leipzig und Saarbücken ist einer der wichtigsten Lieferanten von Motorenblöcken für Deutz. Bei den Kölnern wird es langsam eng. Man habe die Fertigung schon von drei auf zwei Schichten heruntergefahren, sagte eine Sprecherin der MZ.
Hiller warnt: „Sollte sich diese Situation nicht bald entspannen, können auch wir bei Deutz einen zwangsweisen Produktionsausfall und die damit verbundene Kurzarbeit in unserem Unternehmen nicht länger ausschließen.“ Das könnte auch für Kunden von Deutz gravierende Folgen haben. Deshalb haben auch 25 Topmanager von Kunden der Kölner Motorenbauer die Anzeige unterzeichnet. Es handelt sich vor allem um Bau- und Landmaschinenhersteller.
Die IG Metall Leipzig sieht aber keinen Grund, den Streik zu beenden. „Wir werden den Arbeitskampf mit unveränderter Härte weiterführen“ sagte der erste Bevollmächtigte Bernd Kruppa der MZ. „Anstatt Geld für teure Anzeigen auszugeben, sollten die Kunden ihren Einfluss nutzen und auf die Firmenleitung einwirken.“ Der Gewerkschafter betont, dass mit dem Streik auch ökonomischer Druck ausgeübt werden soll.
Der Ofen bleibt an
Formal kämpfen die Beschäftigen für einen Sozialplan im Falle einer Werksschließung. Die meisten der 700 Leipziger Mitarbeiter hoffen jedoch, dass es bei der Firmenleitung noch ein Umdenken gibt und der Standort doch erhalten bleibt. Aufträge gibt es offensichtlich ausreichend.
Jeweils drei Mitarbeiter halten der Ofen der Gießerei rund um die Uhr in Betrieb. Würde der abgestellt, wäre ein zügiges Anfahren der Gießerei kaum möglich. Der Wahnsinn rund um NHG hat eine lange Vorgeschichte: Deutz ist eine Art Kollateralopfer einer Auseinandersetzung zwischen dem Volkswagen-Konzern und dem bosnischen Zulieferer Prevent.
Zehnfache Preise für VW
Prevent versucht für Komponenten, von denen Volkswagen abhängig ist, massive Preiserhöhungen durchzusetzen. Auch bei der NHG, die Prevent erst Anfang des Jahres einem Finanzinvestor abkaufte. Die Bosnier erhöhten die Preise für die Motorenblöcke, die für Nutzfahrzeuge gedacht sind laut Medienberichten teilweise um das Zehnfache. Volkswagen entschied deshalb, die Geschäftsbeziehungen mit NHG so schnell wie möglich zu beenden.
Der Prevent-Tochter geht damit der wichtigste Kunde verloren, deshalb kündigte die Geschäftsführung an, das Leipziger Werk mit rund 700 Beschäftigten Ende 2019 zu schließen und in Saarbrücken etwa 300 von 1.500 Arbeitsplätzen zu streichen.
Betriebsrat und IG Metall forderten daraufhin für alle Beschäftigten, die ihren Job verlieren sollen, eine Qualifizierungsgesellschaft und einen Treuhandfonds, der finanzielle Einbußen ausgleichen soll. Das Geld dafür soll von der NHG kommen. Die Geschäftsführung lehnte die Forderungen postwendend ab. (mz)