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Messe-Geschichte des Flughafens Flughafen Leipzig in der DDR: Als Franzosen und Briten zur Messe kamen

Von Kai Agthe 30.03.2019, 14:00
Die Concorde der Air France landete erstmals im Jahr 1986 in Leipzig und brachte Gäste zur Messe.
Die Concorde der Air France landete erstmals im Jahr 1986 in Leipzig und brachte Gäste zur Messe. Archiv Flughafen Leipzig/Halle

Leipzig - Und dann kam die Concorde: Am 18. März 1986 setzte das Überschallflugzeug in Leipzig-Schkeuditz auf. An Bord waren Geschäftsleute, die zur Frühjahrsmesse in die DDR kamen. Nur einen Tag nach dem futuristischen Luftfahrzeug von Air France landete die Concorde von British Airways.

„Es war der einzige Einsatz dieses Typs im Kalten Krieg in einem Land des Warschauer Pakts im regulären Passagier-Luftverkehr“, schreiben die Luftfahrthistoriker Hans-Dieter Tack, Bernd-Rüdiger Ahlbrecht und Ulrich Unger in ihrem mit viel historischem Bildmaterial illustrierten Band „Mit dem Flugzeug zur Leipziger Messe - Die Geschichte der Messeflüge in einzigartigen Aufnahmen“.

Während die Franzosen mit der Concorde Leipzig mehrfach aufsuchten, machten die Briten nur einmal in der DDR Station. Aber nicht aus politischen, sondern aus rein praktischen Erwägungen: Zeit ihres Einsatzes als Passagierflugzeug im Liniendienst waren Flüge mit der Concorde für die Airlines Zuschussgeschäfte.

Der Flug in die DDR bot aber den Concorde-Betreibern die Möglichkeit, mit Mach 1,5 kurzzeitig in den Überschallbereich vorzustoßen: „Heute nicht mehr vorstellbar, mussten aufgrund der alliierten Bestimmungen am ,Eisernen Vorhang‘ die Flüge über die Ostsee geführt werden. Das bot aber die Gelegenheit, sowohl über der Nordsee als auch im nördlichen Luftraum der DDR den ansonsten über Land verbotenen Flug im Überschallbereich durchzuführen“, ist bei dem Autoren-Trio zu lesen.

Die Concorde am Flughafen Leipzig als Zuschauermagnet für Tausende DDR-Bürger 

Für den eher kleinen Flughafen Leipzig waren diese Landungen ebenso eine Sensation wie für die DDR-Bürger: 40.000 Menschen sollen 1986 den ersten Anflug der Concorde als Zaungäste verfolgt haben. Mit anderen Worten: Als die französische Concorde landete, hob Schkeuditz ab.

Die Crew des französischen Superflugzeugs behandelte man damals wie eine hochrangige Delegation westlicher Diplomaten: Die Concorde-Besatzung wurde selbstredend im Luxushotel „Merkur“ (dem heutigen „The Westin Leipzig“) untergebracht.

Weniger öffentlichkeitswirksam landete Mitte der 1980er Jahre eine Privatmaschine aus München in Leipzig. Am Steuer saß der bayerische Ministerpräsident Franz Josef Strauß (1915-1988), der sich im Rahmen der Frühjahrsmesse 1984 und der Herbstmesse 1985 mit DDR-Politikern traf. Der finanziell klammen DDR hatte Strauß erst 1983 einen Kredit in Höhe von einer Milliarde D-Mark vermittelt.

Leipzig-Mockau als erster Flughafen der Stadt  

Die Geschichte der Messeflüge von und nach Leipzig ist aber deutlich älter als die DDR. Bereits im Jahr 1919 steuerten erstmals Flugzeuge Leipzig mit dem Zweck an, Messepost und auch erste Messebesucher nach Mitteldeutschland zu bringen. Damals hatte die Stadt noch zwei Flugplätze: Schkeuditz und - vor dem Zweiten Weltkrieg der bedeutendere - Mockau, wo 1913 auch das erste Flughafenhotel Deutschlands eröffnet wurde.

Im Jahr 1925 zählte man in Mockau stolze 3.205 Starts, so dass er damals zu den meistfrequentierten Flughäfen gehörte. Aufgrund fehlender Erweiterungsmöglichkeiten wurde Mockau, wo 1962 letztmals Messe-Flüge stattfanden, zurückgestellt und Schkeuditz für den internationalen Luftverkehr ausgebaut. Dennoch dauerte es bis 1972, ehe der gesamte Verkehrsflug nach Schkeuditz verlegt wurde. In Mockau blieb nur der Agrarflug stationiert.

Als man 1927 daran ging, Schkeuditz auszubauen, firmierte der unter der Bezeichnung „Flughafen Halle/Leipzig“ - heute ist es umgekehrt: „Flughafen Leipzig/Halle“.

Einen faszinierenden Entwurf für den Neubau legte Paul Thiersch vor. Der damalige Rektor der Kunstgewerbeschule Burg Giebichenstein Halle plante eine streng symmetrische Anlage, deren quadratisches Empfangs- und Abfertigungsgebäude eine bauliche Einheit mit zwei ebenso großen Hangar-Gebäuden zu beiden Seiten vorsah. Thierschs Entwurf überstieg allerdings die finanziellen Möglichkeiten der Gesellschafter. Realisiert wurde deshalb nur eine Flugzeughalle.

Dazu kam ein in Größe und Architektur eher bescheidenes Empfangsgebäude sowie das ästhetisch hochwertige Flughafen-Restaurant des halleschen Architekten Hans Wittwer. Wegen der Rundumverglasung, die ein ideales Sichtfeld auf das Flugfeld bot, nannte man das Restaurant „Glaspalast“.

Leipziger Flughafen: Wichtigste Zeit der Messeflüge in den 1980ern

 ›› Hans-Dieter Tack, Bernd-Rüdiger Ahlbrecht, Ulrich Unger:

„Mit dem Flugzeug zur Leipziger Messe“,

Sutton-Verlag Erfurt, 159 Seiten, 29,95 Euro

Erhältlich im Buchhandel oder Online-Shop 

Ende der 1920er Jahre ist in Leipzig auch eine neue Form der Flugzeugbetankung ausprobiert worden: mittels Unterflurtankanlagen. Die waren unterirdisch angebracht, so dass nur der Schlauch ausgerollt werden musste, um Kerosin aufzunehmen. Alles in allem können als die wichtigste Phase für den Leipziger Messe-Flughafen vor dem Ende der DDR die Jahre zwischen 1983 und 1986 gelten, als der Airport Schkeuditz zu den Frühjahrs- und Herbstmessen mit allen europäischen Metropolen verbunden war.

Mit der Landung der französischen und der britischen Concorde wurde 1986 in Leipzig ebenso Geschichte geschrieben wie 14 Jahre zuvor: Am 3. September 1972 landete erstmals ein Flugzeug einer bundesdeutschen Fluggesellschaft: Die Boeing 727 von Condor brachte Gäste zur Herbstmesse.

Der Flug von Frankfurt (Main) nach Leipzig war damals recht umständlich. Ein Überflug der deutsch-deutschen Grenze war für Flugzeuge, wie am Beispiel der Concorde angedeutet, wegen der alliierten Bestimmungen nicht möglich. Aus diesem Grund musste man von Frankfurt/Main die Strecke über Prag und Dresden nach Leipzig wählen. Die ist immerhin doppelt so lang wie der direkte Weg. (mz)

Im Jahr 1962 warb man für Flüge nach Leipzig.
Im Jahr 1962 warb man für Flüge nach Leipzig.
bundesarchiv berlin
Mit großen Limousinen wurden Messegäste abgeholt.
Mit großen Limousinen wurden Messegäste abgeholt.
Sammlung Tack