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Gespräch gescheitert Landwirtschaft : Alle gegen Claudia Dalbert

Von Hagen Eichler 26.01.2017, 23:03
Umweltministerin Claudia Dalbert sitzt im September des vergangenen Jahres im Plenarsaal des Landtags.
Umweltministerin Claudia Dalbert sitzt im September des vergangenen Jahres im Plenarsaal des Landtags. dpa

Magdeburg - Im Beratungsraum des Umweltministeriums sind Jackets in Erdfarben zu sehen, Trachtenjanker ebenso. Zwei Dutzend Vertreter des ländlichen Raums sitzen an langen Tischen, als Hausherrin Claudia Dalbert dazustößt. Sie müht sich um ein Lächeln, doch es fällt ihr schwer. Die Tür fällt zu - und geht nach 15 Minuten wieder auf. Der Dialog ist gescheitert.

Die Stimmung zwischen der grünen Agrarministerin und den Verbänden ist auf einem Tiefpunkt. Vor zwei Wochen hatten 17 Vertreter einen Brandbrief veröffentlicht. Adressat war nicht die Fachministerin, sondern Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) - eine gezielte Demütigung Dalberts. An deren Amtsführung lässt der Text kein gutes Haar: Es gebe keinen Dialog mit den Betroffenen, der ländliche Raum werde missachtet, der Naturschutz zu hoch gehängt.

Klage über fehlenden Respekt

Initiiert haben den Brief der Vorsitzende des Waldbesitzerverbandes, Franz Prinz zu Salm-Salm, und der Präsident des Landesbauernverbands, Olaf Feuerborn. Die Liste ihrer Klagen ist lang, neben Sachthemen geht es immer wieder um eines: Man werde nicht ernst genommen. „Wir haben der Ministerin viermal unsere Sorge geschrieben, dass die Personalnot in den Forstämtern für die Waldbesitzer existenziell ist“, sagt Prinz Salm, „aber wir haben überhaupt keine Reaktion bekommen.“

Salm, der seinen Beruf als Rechtsanwalt für einen Forstbetrieb in der Dübener Heide an den Nagel gehängt hat, wirft der früheren Psychologieprofessorin Dalbert auch fehlende Fachkenntnisse vor. „Sie muss als Politikerin natürlich nicht vom Fach sein. Aber sie kann maximal fünf Minuten zuhören. Sie hat ihren Plan in der Tasche, und uns schließt sie dabei aus.“

Gegenwind von Bauern und Grundbesitzern bekommt jeder grüne Umweltpolitiker. Über Dalbert aber sind fast wortgleiche Klagen auch aus Naturschutzverbänden zu hören, die ihre natürlichen Verbündeten sein müssten. Etwa der Naturschutzbund (Nabu): „Seit einem ersten Kennenlernen im Mai 2016 haben wir aus dem Haus von Frau Dalbert keine Informationen mehr bekommen, weder schriftlich noch mündliche“, stellt Landesgeschäftsführerin Annette Leipelt fest.

Über viele Themen hätte sie gern geredet, über Konflikte mit Windrädern, dem Biber, dem Kormoran, dem Wolf. „Solche Themen müssen nicht so eskalieren, wie es derzeit passiert. Man muss aber dafür miteinander reden“, sagt die Naturschützerin. Viele Bauern und Jäger sehen im strengen Schutz des Wolfes das Symbol einer Politik, die von Großstädtern gemacht wird und die Interessen der Landbevölkerung ignoriert.

Dass nach der Landtagswahl im März 2016 die Hallenserin Dalbert Umweltministerin wurde, war für viele eine Überraschung. Die gebürtige Kölnerin hatte zwar seit 2015 die Leitung des Umweltausschusses inne. Profiliert aber war sie als Bildungspolitikerin. Mittlerweile gibt es Zweifel, ob Dalbert Lust hat, sich in die vielen Themen ihres Ressorts tief einzuarbeiten. Menschen, die sie beobachten, berichten von schroffem Auftreten, von Ungeduld. „Dahinter steckt Unsicherheit“, vermutet einer. Ihr Vorgänger Hermann Onko Aeikens (CDU) habe sich mit Fleiß vieles angeeignet und Gesprächspartnern gewinnen können. „Das fehlt ihr völlig.“

Aeikens musste allerdings nicht derartigen Gegenwind aushalten. Die landwirtschaftlichen Verbände hatten schon vor Abschluss der Koalitionsverhandlungen Stimmung gegen eine grüne Ministerin gemacht. „Sie hat von uns keinen schönen Start bekommen“, räumt Prinz Salm ein.

Auch Haseloff ist im Visier

Hinzu kommt: Die Wut der Verbandsvertreter richtet sich nicht nur gegen Dalbert, sondern auch gegen Haseloff. „Er müsste einen Kompromiss suchen, aber er nimmt unsere Probleme nicht in der gebotenen Weise ernst“, rügt der Waldbesitzer. Den Brief gegen Dalberts Politik haben nicht alle ländlichen Interessenvertreter unterschrieben. Der Bauernbund etwa, der die kleinen Landwirte vertritt, hat sich nicht angeschlossen, andere Verbände sind Dalbert auch wohlgesonnen. „Unsere Interessen hat sie vom ersten Tag an vertreten“, sagt Peter Schuchmann, Landeschef im Bundesverband Deutscher Milchviehhalter (BDM).

Zur Seite gesprungen ist Dalbert indes keiner.

(mz)